Wind Die Chroniken von Hara 1
Wir haben nichts Verbotenes getan!«
»Du brauchst keine Angst zu haben, Zimmermann. Es will bloß jemand mit ihr reden.«
»Und wenn sie das nicht will?«, knurrte ich.
»Du möchtest doch wohl nicht, dass ich Kleinholz aus deinem Haus mache?«
Er vertraute blind auf seine Kräfte und hielt uns für ungefährlich. Aber wer Magie beherrscht, stellt Menschen ja oft genug auf eine Ebene mit Tieren. Ein großer Fehler, wenn man mich fragt. Denn diese Leute vergaßen, dass Tiere manchmal gefährlicher sind als Menschen. Vor allem Ratten. Sie beißen zu, wenn du am wenigsten damit rechnest. Aus dem Hinterhalt. Ganz wie der gute alte Gnuzz zum Beispiel.
Der zögerte auch jetzt nicht, sondern ging auf ein kaum merkliches Zeichen von Knuth hin zum Angriff über. Und bei allen Vorbehalten gegen ihn – in diesem Augenblick hätte ich ihn küssen können. Mochte er auch ein Schwein sein, in seinem Metier reichte ihm niemand so schnell das Wasser.
Zu meiner Schande entging mir sogar, wie das Messer den Weg vom Stiefelschaft in seine Hand fand. Schon in der nächsten Sekunde klaffte im Hals des Nekromanten eine Wunde, die von Ohr zu Ohr reichte. Schwer verletzt brach er zusammen.
So viel also zu seiner Magie!
Ganz kurz waren wir alle wie gelähmt, dann brach ein gewaltiges Chaos los. Ich schleuderte das Beil einem Untoten in die Visage, der gerade in der Türfüllung erschien. Obwohl ich traf, überlebte der Kerl.
Knuth, der sich die schwere Eichenbank geschnappt hatte, zog sie dem verletzten Dreckskerl mit aller Kraft über den Schädel, sodass er wieder aus dem Haus flog. Noch ehe uns die vier anderen Untoten in die Zange nehmen konnten, schmiss er die Tür zu.
Seit dem Angriff auf den Nekromanten waren nicht mehr als fünf Sekunden verstrichen.
»Lahen!«, schrie ich.
Mein Augenstern stand sofort neben mir, reichte mir Pfeil und Bogen und eilte Gnuzz zu Hilfe. Der saß rittlings auf dem Bauch des Sdissers und trieb ihm das Messer in den Körper. Der weiße Seidenumhang färbte sich rot. Auf Gnuzz’ Gesicht und Arme spritzte Blut, was er jedoch in Kauf nahm – solange dem Mann nur keine Möglichkeit blieb, einen Zauber zu wirken.
Nun hob Lahen den Stab auf, den der Sdisser hatte fallen lassen, bohrte das spitze Ende in den Leib des Nekromanten und stieß ihn durch ihn hindurch. Der Kerl krümmte sich noch einmal und starb. Endlich.
»Knuth!« Gnuzz hatte der Leiche kurzerhand das Krummschwert abgenommen und warf es nun Knuth zu, damit dieser unseren Feinden etwas Wirkungsvolleres als eine Holzbank entgegensetzen konnte.
»Bamuth!«, rief ich. »Unterm Bett liegen eine Armbrust und Bolzen.«
Sofort stürzte er davon.
Einer der Untoten wollte sich unbedingt durchs Fenster zu uns zwängen – doch Shen nahm ihn mit der Ofengabel gebührend in Empfang. Er stieß sie ihm in die Fratze, wäre dabei aber fast vom Schwert des Untoten erwischt worden. Deshalb sprang er zurück und stach dem Eindringling die Ofengabel in den Bauch. Wieder einer weniger. Nun kam die Reihe an mich. Der erste Pfeil bohrte sich dem hartnäckigsten dieser Biester in den dünnen Hals, der zweite traf seinen Spießgesellen im Gesicht. Auch die waren wir los.
Inzwischen kehrte Bamuth mit freudestrahlendem Gesicht zurück: Ihm stand wieder eine Armbrust zur Verfügung. Er handhabte diese Waffe nicht schlecht, sodass ich hoffe, wir beide würden hervorragende Arbeit leisten. Wenn uns jetzt bloß nicht die Pfeile und Bolzen ausgingen! Ich hatte fünfzehn gewöhnliche sowie fünf mit besonders schmaler Spitze. Nicht viel, aber das ließ sich jetzt nicht ändern, alle anderen Vorräte lagerten in der Scheune.
»Diesem Zauberer haben wir es gezeigt!« Gnuzz’ Gesicht war über und über vom Blut des Nekromanten bedeckt. »Der ist jetzt toter als tot.«
»Da irrst du dich.« Lahen drehte sich ihm zu, und Gnuzz wich verängstigt zurück. Mit gutem Grund. In ihren Augen loderte ein blaues Licht. Sie hatte ihren Funken angerufen. »Jemand versucht gerade, den Kerl wiederzubeleben.«
»Wer?«, hauchte Shen.
»Eine Person, die ich fürchte. Sichert die Tür, ich brauche Zeit.« Sie packte den Stab des Sdissers mit beiden Händen. Daraufhin zerlief die Spitze irgendwie, veränderte ihre Form, wurde kleiner, und der Schädel wechselte das Geschlecht von männlich zu weiblich – und riss das Maul auf.
Thia spürte sofort, dass in der Nähe jemand gestorben war, maß dem aber keine Bedeutung bei. Bauern machten seit Anbeginn der Zeiten schließlich
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