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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Flüstern des Windes in den Baumwipfeln hinter Tim war zu einem Chor unglücklicher Seufzer geworden. Es war, als wüss ten die Eisenholzbäume, dass ihr unendlich langes, langes Leben nun doch bald enden würde. Ein großer Holzfäller war unterwegs und schwang eine Axt aus Wind.
    Tim sah noch einmal zu dem Tyger hinüber (der wieder majestätisch langsam auf und ab schritt, als wäre Tim nur eine vorübergehende Ablenkung gewesen), dann hastete er zum Dogan hinüber. Rund um das Gebäude waren in Tims Kopfhöhe kleine, runde Fenster aus echtem Glas – das anscheinend sehr dick war – eingelassen. Die massive Tür war wie das restliche Gebäude aus Metall. Sie wies weder Knopf noch Klinke auf, lediglich einen Schlitz, der wie ein schmaler Mund aussah. Darüber war auf einer angerosteten Stahlplatte etwas eingraviert:
    NORTH CENTRAL POSITRONICS, LTD.
    North Forest Kinnock
    Bogen-Quadrant
    AUSSENPOSTEN 19
    Sicherheitsstufe eins
    SCHLÜSSELKARTE BENUTZEN
    Dieser Text ergab für Tim keinen rechten Sinn, weil er aus einer wirren Mischung aus Wörtern der Hohen und der Niederen Sprache bestand. Das darunter Hingekritzelte war jedoch leicht zu verstehen: Alle hier sind tot.
    Unten vor der Tür stand eine Box, die Tim an das Kästchen erinnerte, in dem seine Mutter ihren wenigen Schmuck und einige Andenken aufbewahrte – nur war sie aus Metall statt aus Holz. Er wollte sie öffnen, aber sie war abgeschlossen. In den Deckel war etwas eingraviert, was Tim nicht lesen konnte. Das Kästchen besaß ein eigenartiges Schlüsselloch – wie der Buchstabe * geformt –, nur gab es keinen Schlüssel dafür. Es ließ sich auch nicht hochheben.
    * in der Niederen Sprache ein S-Laut
    Eine tote Krähe streifte Tims linke Kopfseite. Weitere gefiederte Kadaver, die sich in der zunehmend bewegten Luft überschlugen, flogen vorbei. Einige klatschten gegen den Dogan und fielen um ihn herum zur Erde.

Tim las noch mal die unterste eingravierte Zeile: SCHLÜS SELKARTE BENUTZEN . Hätte er Zweifel daran gehabt, was solch ein Ding sein könnte, hätte er sich nur den Schlitz unter den beiden Worten anzusehen brauchen. Er glaubte sogar zu wissen, wie eine »Schlüsselkarte« aussah, denn er hatte vermutlich gerade eine gesehen, die neben dem leichter erkennbaren Schlüssel hing, der in das-förmige Schlüsselloch des Kästchens passen konnte. Zwei Schlüssel – und Tims mögliche Rettung –, die am Hals eines Tygers baumelten, der ihn vermutlich mit drei Bissen verschlingen konnte. Und weil Tim in dessen Käfig kein Futter gesehen hatte, würden vielleicht zwei genügen.
    Die Sache roch mehr und mehr nach einem Streich, obwohl nur ein sehr grausamer Mann solch einen Streich amüsant finden konnte. Vielleicht ein Kerl von der Art, der eine böse Elfe dazu benutzte, einen ahnungslosen Jungen in einen Sumpf zu locken?
    Was tun? Gab es überhaupt etwas, was er tun konnte? Tim hätte gern Daria gefragt, aber er hatte schreckliche Angst, dass seine Freundin in der Metallscheibe – eine gute Fee als Ausgleich für die böse Elfe des Zöllners –tot war, von Weisung neunzehn umgebracht.
    Er konnte sich dem Käfig nur langsam nähern, weil er sich jetzt richtig gegen den Wind stemmen musste. Der Tyger sah ihn, kam um das Loch in der Mitte herum und blieb an der Käfigtür stehen. Er senkte den mächtigen Schädel und funkelte Tim mit smaragdgrünen Augen an. Der Wind zerzauste das dicke Fell und ließ die Streifen verschwimmen, als wechselten sie den Platz.
    Der Blecheimer hätte mit dem Wind wegrollen müssen, was er aber nicht tat. Wie das Kästchen schien auch er fest verankert zu sein.
    Den Eimer hat er für mich zurückgelassen, damit ich seine Lügen sehe und sie glaube.
    Das Ganze war ein Witz gewesen, und unter diesem Eimer würde er die Pointe, den überraschenden Schlusseffekt, finden – Heu kann man nicht mit dem Löffel aufgabeln oder Nach langem Hin und Her habe ich sie auch geliebt –, die brüllendes Gelächter auslösen sollten. Aber warum auch nicht, wo doch jetzt alles zu Ende war? Er konnte einen Lacher brauchen.
    Tim griff nach dem Eimer, der sich unerwartet leicht umdrehen ließ. Er erwartete, darunter den Zauberstab des Zöllners zu finden, aber der Scherz war noch besser. Er bestand aus einem weiteren Schlüssel, einem großen und reich ziselierten. Wie das Wahrsagebecken des Zöllners und das Halsband des Tygers war er aus Silber. Am Schlüsselkopf war mit Zwirn eine Mitteilung befestigt.
    Jenseits des Canyons krachten und

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