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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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beiden Männer (oder vielleicht ihre Frauen) hatten das hiesige Gegenstück zu einer Holzfällerstärkung eingepackt. Bratenscheiben, die sich mit einem orangeroten Gemüse abwechselten, das Kürbis zu sein schien, waren mit grünen Blättern umwickelt, sodass brotlose Popkins entstanden. Es gab auch Erdbeeren und Heidelbeeren, deren Saison in Tree längst vorbei war.
    »Danke-sai!« Tim tippte sich dreimal an die Kehle. Darauf lachten alle und tippten sich ebenfalls an die Kehle.
    Der große Kahlköpfige kam zurück. Über der linken Schulter trug er einen Wasserschlauch. In der rechten Hand hielt er ein kleines Etui aus dem feinsten, glattesten Leder, das Tim je gesehen hatte. Das Lederetui gab er Steuermann. Den Wasserschlauch hielt er Tim hin.
    Wie durstig er war, merkte Tim erst, als er das Gewicht des Wasserschlauchs und die sanft nachgebenden Seiten zwischen seinen Handflächen spürte. Er zog den Stöpsel mit den Zähnen heraus, ließ den Schlauch wie die Männer im Dorf auf seinem erhobenen Ellbogen ruhen und trank ausgiebig. Er hatte erwartet, es würde brackig (und vielleicht mit Schlamm versetzt) sein, aber es war kühl und frisch wie das Wasser aus der Quelle zwischen ihrem Haus und der Scheune.
    Die Stammesangehörigen klatschten lachend Beifall. Tim sah, dass an Großmanns Oberschenkel ein Geschwür aufzubrechen drohte, und war erleichtert, dass Steuermann ihn leicht anstieß, weil er ihm etwas zeigen wollte.
    Es war das Lederetui. Quer durch die Mitte verlief etwas, was wie eine Metallnaht aussah. Als Steuermann an der daran befestigten Lasche zog, ging das Etui wie durch Magie auf.
    In der Lederhülle steckte eine Scheibe aus gebürstetem Metall von der Größe einer Untertasse. Sie war auf der Oberseite beschriftet, aber Tim konnte nicht lesen, was da geschrieben stand. Unter der Schrift befanden sich drei Knöpfe. Als Steuermann einen davon drückte, wurde mit einem leisen Summen ein kurzer Metallstab aus der Scheibe ausgefahren. Die Stammesangehörigen, die jetzt einen lockeren Halbkreis bildeten, klatschten wieder lachend Beifall. Sie amüsierten sich offenbar köstlich. Auch Tim, dessen erster Durst gestillt war und der nun festen (zumindest halbfesten ) Boden unter den Füßen hatte, fand Spaß an dieser Sache.
    »Ist das von den Großen Alten, Sai?«
    Steuermann nickte.
    »Da, wo ich herkomme, gelten solche Dinge als ziemlich gefährlich.«
    Steuermann schien zunächst nicht zu verstehen, was Tim meinte, und die anderen Männer wirkten ähnlich verständnislos. Dann lachte er und machte eine weit ausholende Handbewegung, die alles umfasste – den Himmel, das Wasser, den schwankenden Boden, auf dem sie standen. Als wollte er sagen: Gefährlich ist alles.
    Und für diese Gegend hier, dachte Tim, stimmt das vermutlich auch.
    Steuermann stieß ihn noch einmal leicht an und hob dabei die Schultern. Sorry, aber du solltest jetzt lieber aufpassen.
    »Schon gut«, sagte Tim. »Ich passe auf.« Er richtete zwei Finger auf seine Augen, worauf die Sumpfmänner sich grinsend anstießen, als hätte er einen besonders guten Witz gemacht.
    Steuermann drückte den zweiten Knopf. Die Scheibe piepte, was die Zuschauer anerkennend murmeln ließ. Unter den Knöpfen leuchtete ein rotes Licht auf. Nun drehte Steuermann sich mit dem Gerät in den ausgestreckten Armen langsam im Kreis, als brächte er eine Opfergabe dar. Nach einer Dreiviertelumdrehung piepte das Gerät erneut, und das rote Licht wurde grün. Steuermann deutete mit einem überwucherten Finger in die Richtung, in die das Gerät jetzt zeigte. Soweit Tim das am Stand der verschleierten Sonne erkennen konnte, lag dort Norden. Steuermann musterte ihn fragend. Tim glaubte zu verstehen, aber hier gab es ein Problem.
    »In dieser Richtung liegt Wasser. Ich kann zwar schwimmen, aber …« Er schnappte mit gefletschten Zähnen und deutete auf das Inselchen, auf dem er fast das Frühstück eines Reptils geworden wäre. Darüber lachten alle herzlich, keiner lauter als Steuermann, der sich vornüberbeugen und seine bemoosten Knie umfassen musste, um nicht umzukippen.
    Ja, dachte Tim, sehr witzig. Ich wäre beinahe gefressen worden.
    Als der Anfall abgeklungen war und Steuermann wieder aufrecht stehen konnte, zeigte er auf das primitive Boot.
    »Oh«, sagte Tim. »Das hatte ich vergessen.«
    Für einen Revolvermann ganz schön dämlich, sagte er sich.

Steuermann half Tim einsteigen, dann nahm er seine gewohnte Position unter dem verwesenden Wildschweinschädel

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