Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
stand im Wintergarten auf dem Tisch. Leonie lief hin und her und suchte Sachen zusammen, die sie in die Tasche stopfte.
Olof folgte ihr. »Du bist viel zu oft weg.«
»Wie bitte?«, fragte Leonie konsterniert, während sie die Kamera vorsichtig in die Tasche legte.
Olof ließ sich von ihrer Hektik nicht aus der Ruhe bringen. Er war fest entschlossen, mit seiner Tochter zu reden. Ob sie wusste, dass Markus sie betrog? Wenn nicht, musste er ihr die Augen öffnen, damit sie endlich zur Vernunft kam. »Es tut keiner Ehe gut, wenn man sich so selten sieht«, sagte er.
Leonie lachte. Eine Spur zu fröhlich, wie Olof fand. Sie sagte aber nichts, sondern schloss die Reisetasche, hob sie vom Tisch und wollte an ihm vorbei zur Haustür. »Bis dann, Papa«, sagte sie in einem Ton, der ihn offensichtlich zum Gehen auffordern sollte.
Olof dachte gar nicht daran. Er griff nach Leonies Arm. »Du wirst ihn verlieren«, sagte er eindringlich. »Leonie, ich meine es nur gut mit dir. Ich weiß, dass du deinen Beruf liebst, aber eine Ehe verlangt manchmal auch Opfer. Wenn man will, dass sie hält, muss man darum kämpfen.«
Leonie riss sich los. »Ich weiß nicht, wovon du redest«, behauptete sie, aber ihr Ton verriet ihm deutlich, dass sie log. Olof kannte seine Tochter gut genug, sie konnte ihm nichts vormachen. Sie wusste also, was los war. Sie wusste, dass Markus eine andere hatte.
»Dieses Mal betrügt er dich«, sagte er ihr auf den Kopf zu. »Aber beim nächsten Mal wird er dich vielleicht verlassen. Du darfst das nicht geschehen lassen, Leonie. Du musst dich mehr bemühen.«
Leonie blieb stehen. Er sah, wie sie mit sich rang, und plötzlich platzte es aus ihr heraus. »Wir haben uns beide bemüht, Markus und ich. Jahrelang haben wir versucht, unsere Ehe aufrechtzuerhalten. Aber Papa, so leid es mir auch tut, dir jetzt endlich die Wahrheit zu sagen«, sie blickte ihn zärtlich an, »aber Markus und ich, wir haben uns etwas vorgemacht. Nicht nur uns … sondern auch euch. Irgendwie wollten wir glauben, dass wir glücklich miteinander sind, aber wir lieben uns einfach nicht. Schon lange nicht mehr. Wir waren nur nicht unglücklich genug, um uns zu trennen.« Sie legte sanft eine Hand auf den Arm ihres Vaters. »Wir werden uns scheiden lassen. Wir haben beide nur auf den richtigen Moment gewartet, um es dir und Mama zu sagen.«
Olof starrte seine Tochter an. Er war zutiefst erschüttert. »Nein, das dürft ihr nicht.« Er schüttelte energisch den Kopf. »Bitte, Leonie, es lohnt sich immer zu kämpfen.«
»Ich will gar nicht kämpfen«, sagte Leonie. »Im Gegenteil: Es geht mir richtig gut. Ich kann mein Leben endlich so gestalten, wie ich es will. Mir ist vor ein paar Tagen ein Job beim Fernsehen in Stockholm angeboten worden. Normalerweise hätte ich sofort abgelehnt, weil ich dann in Stockholm leben müsste, aber jetzt habe ich die Möglichkeit, in Ruhe darüber nachzudenken und den Job auch anzunehmen.«
Es war ihr anzusehen, dass sie bereits darüber nachgedacht und wahrscheinlich längst eine Entscheidung getroffen hatte.
Olof war zutiefst verzweifelt, aber er musste erkennen, dass er Leonie nicht umstimmen konnte.
Markus hatte zumindest das Recht zu erfahren, dass sie gehen würde. Aber das war nicht der einzige Grund, weshalb Valerie ihn in der Brauerei aufsuchte. Sie wollte ihn einmal noch sehen, einmal noch seine Stimme hören, bevor sie ihn für immer verließ.
Seine Sekretärin sagte ihr, wo er war. Valerie fand Markus am Ende der Halle. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er sie sah, lief auf sie zu und nahm sie in die Arme. Er küsste sie auf den Mund, schien ihren Widerstand nicht zu bemerken.
Sie hätte sich so gerne in seine Arme fallen lassen, so gerne seinen Kuss erwidert, aber das durfte sie nicht. Sie schloss einen Moment die Augen und befreite sich entschlossen aus seiner Umarmung.
»Ich muss dir etwas sagen, Markus«, sagte sie leise, während sie verzweifelt versuchte, seinem Blick auszuweichen. »Ich verlasse Boxenberg und gehe mit Lasse zurück nach Stockholm. Ich passe nicht hierher. Nicht in die Kanzlei, nicht nach Boxenberg und schon gar nicht in dein Leben.«
Markus starrte sie fassungslos an und schüttelte dann heftig den Kopf. »Aber Valerie, das ist doch Blödsinn! Wir lieben uns doch und gehören zusammen.«
Valerie spürte sein Entsetzen, sah den Schmerz in seinen Augen. Sie konnte nicht anders, sie musste ihn einfach berühren und legte eine Hand auf seine Wange. Sie
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