Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
spürte die Liebe, die sie für ihn empfand, und ahnte den Schmerz, den sie ihm mit ihrer Entscheidung zufügte. Ihm und sich selbst.
»Es tut mir leid, dass ich dein Leben durcheinandergebracht habe«, sagte sie zärtlich. »Ich wünsche dir alles Gute, Markus.«
Sie streichelte noch einmal sacht über seine Wange, bevor sie sich umwandte und davonging. Nach ein paar Sekunden hörte sie, wie er ihren Namen rief, hörte seine eiligen Schritte über den Boden hallen. Valerie eilte zu ihrem Wagen, sie kannte sich gut genug, um zu wissen, dass sie an ihrer Entscheidung zweifeln würde, wenn er sie jetzt einholte. Und genau das wollte sie nicht. Sie musste hier raus. Als sie ihn am Tor der Brauerei dicht hinter sich spürte, stellte sich ihm plötzlich ein Mann in den Weg, der dort auf ihn gewartet zu haben schien. Valerie beschleunigte ihren Schritt und war dankbar und traurig zugleich, als sie Sekunden später den Motor ihres Wagens startete.
Markus erkannte Thomas nicht sofort, als der plötzlich vor ihm stand, und hätte ihn am liebsten zur Seite gestoßen. Er musste Valerie aufhalten …
»Ich habe keine Zeit!«, rief er eilig.
Aber es war bereits zu spät. Valerie war schon in ihr Auto gestiegen und fuhr davon.
Thomas war neben ihn getreten und sah ihn fragend von der Seite an. »Hast du dir mein Angebot überlegt?«
Markus starrte die Straße hinunter, auf der Valeries Auto längst nicht mehr zu sehen war. Nur langsam drang Thomas Frage in sein Bewusstsein, und auf einmal schien sein Angebot alles andere als abwegig. Markus dachte nach. Vielleicht war das die Lösung all seiner Probleme.
»Vielleicht sollten wir uns tatsächlich noch einmal unterhalten«, sagte er langsam zu seinem alten Freund.
Thomas klopfte ihm zustimmend auf die Schulter. Zusammen verließen sie das Betriebsgelände.
Olof war auf dem Rückweg von Leonie, als er Markus zusammen mit Thomas Philipps das Brauereigelände verlassen sah. Seine ganze Welt war eben zusammengebrochen, und er hätte nicht gedacht, dass es noch schlimmer kommen konnte.
Olof kannte Thomas und wusste, dass er nicht nur ein guter Freund von Leonie und Markus war, sondern eine der größten Brauereien in Kanada leitete. Er konnte sich vorstellen, was dieser Besuch zu bedeuten hatte.
Zum ersten Mal in seinem Leben spürte Olof existenzielle Angst. Er hatte immer alles getan, um seine Familie zusammenzuhalten. Er hatte alles dafür getan, dass sie glücklich waren, und jetzt bemerkte er, dass er sich die ganzen Jahre etwas vorgemacht hatte.
Markus und Leonie waren kein glückliches Ehepaar gewesen. Sie hatten einfach nur nebeneinanderher gelebt, und nun hatte sein Schwiegersohn sich ausgerechnet in seine, Olofs, andere Tochter verliebt, von der niemand wusste, dass sie seine Tochter war.
Er hatte keine Ahnung, ob er das jemals wieder in Ordnung bringen konnte. Geschweige denn, wie. Wahrscheinlich war dieser ganze Scherbenhaufen ohnehin nicht mehr zu kitten.
Valerie stieg aus dem Wagen. Wehmütig betrachtete sie das Haus, das in kürzester Zeit ihr Zuhause geworden war. Es würde ihr nicht leichtfallen, hier wegzugehen, und sie mochte gar nicht daran denken, wie es für Lasse sein würde. Der Junge war hier so glücklich. Aber es musste sein, es gab keine andere Lösung.
In diesem Augenblick kam Lasse aus dem Haus. Er lächelte – das erste Mal, seit sie ihm verboten hatte, zu Olof zu gehen. Ein bisschen verhalten zwar, aber immerhin.
Er war auf dem Weg zu seinem Fahrrad, das an der Hauswand lehnte, aber Valerie hielt ihn zurück. »Ich muss dir etwas sagen, Lasse«, sagte sie ernst.
Lasse blieb stehen, blickte sie abwartend und, so schien es Valerie, ein bisschen misstrauisch an.
»Wir gehen zurück nach Stockholm«, sagte sie langsam.
»Was?«, schrie Lasse wütend auf. »Spinnst du, Mama? Ich will nicht nach Stockholm!«
Valerie legte eine Hand auf seine Schulter. Sie sah das ehrliche Entsetzen in seinem Blick, wusste aber auch, dass sie ihm diese Situation nicht ersparen konnte. »Es tut mir leid, Lasse. Ich weiß, dass es dir hier gefällt, aber Ludvig Stekkelson und ich haben uns geeinigt, dass es besser ist, wenn ich gehe.«
Sie wusste selbst, dass diese Ausrede feige war, aber ihr war keine bessere Erklärung eingefallen. Die Wahrheit konnte sie ihm nach wie vor nicht sagen.
»Er hat dir gekündigt?«, fasste Lasse es dann auch sofort so auf. »Aber warum? Er war doch zufrieden mit dir.«
Valerie zuckte beschämt mit den Schultern. Es stimmte
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