Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
dass ihr Blick auf Magnus fiel, der die ganze Zeit nichts gesagt hat.
»Wieso lässt du das zu?«, fragte Ulla ihn erbittert. »Merkst du nicht, was hier passiert? Wenn das so weitergeht, haben wir bald gar nichts mehr zu sagen!«, stieß sie hervor.
Mit diesen Worten schwang sie sich auf ihr Rad und fuhr davon. Lucia schaute ihr nach. Ulla hatte ihr von ihrer ersten Bemerkung über ihren Vater an distanziert gegenübergestanden. Ihre letzte Äußerung zeigte, dass sich seither in der jungen Frau immer mehr aufgestaut haben musste. Der Kuchen, den Lucia gestern vor Max Wernbergs Tür gestellt hatte, war der viel gerühmte Tropfen gewesen, der das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hatte. Wenn Lucia ehrlich war, konnte sie die Wut der jungen Frau sogar verstehen.
Als Ulla zwischen den Bäumen verschwunden war, wandte Lucia sich zerknirscht an Magnus. »Es geht mich ja wirklich nichts an«, sagte sie kleinlaut.
»Ja«, stimmte Magnus ihr zu. »Wahrscheinlich hat Ulla recht.«
»Aber sie ist unglücklich und er auch«, versuchte sie sich zu rechtfertigen. Sie hielt seinem Blick stand. »Und du fühlst dich doch auch nicht wohl in dieser Sache. Warum redet denn keiner mit dem anderen?«
»Die beiden können einfach nicht mehr miteinander reden«, erwiderte Magnus mit einer Ruhe, die an ihrer Geduld zerrte. »Ich persönlich kann da am wenigsten ausrichten.«
Meine Güte, so schlimm konnte es doch nicht sein! »Aber was, um Himmels willen, ist denn passiert?«, rief Lucia ungeduldig aus.
Magnus hatte die Tür seines Wagens geöffnet. »Lucia, bitte rühr nicht immer wieder an dieser Geschichte«, bat er eindringlich. Er ließ sich auf den Fahrersitz fallen und machte deutlich, dass er nicht mehr darüber reden wollte.
Lucia wusste, dass es besser wäre, die Sache auf sich beruhen zu lassen, aber sie konnte es nicht.
»Ihr gehört hier doch alle in irgendeiner Weise zusammen«, ereiferte sie sich. »Ihr seid wie eine große Familie. Ist das denn nichts, worum man kämpfen sollte?«
Magnus antwortete nicht, gab ihr lediglich durch eine Kopfbewegung zu verstehen, dass sie einsteigen sollte.
Lucia gab nach. Zumindest für den Moment. Das Thema war für sie aber nicht abgeschlossen.
Die nächsten Tage verliefen zumindest zwischen Magnus und Lucia harmonisch. Sie rührte nicht mehr an das, was Ulla und Max Wernberg betraf, obwohl es sie nach wie vor interessierte. Sie ahnte, dass Magnus irgendwie in diese Geschichte verwickelt war.
Ulla machte einen weiten Bogen um sie. Durch ihre Arbeit in der Bäckerei hatten sie zwangsläufig miteinander zu tun, aber Ulla sprach nur das Nötigste mit ihr.
Lucia ließ sie in Ruhe. Sie hatte das Gefühl, dass eine Aussprache zwischen ihr und Ulla nicht viel bringen, sondern die Wogen erneut aufwühlen würde. Außerdem hatte sie genug damit zu tun, neue Torten für das Mittsommerfest zu kreieren.
Dann kam der Tag, auf den sich ganz Sandbergen freute. Der Festplatz lag auf einer großen Wiese zwischen Sandbergen und dem Ostseeufer. Lichterketten waren zwischen den Bäumen aufgehängt, um beim Einbruch der Dämmerung stimmungsvolles Licht zu spenden. Menschen in Festtagskleidung wandelten zwischen den Tischen umher, die mit allerlei Köstlichkeiten gedeckt waren. Die Kinder hatten Blumenkränze in den Haaren und tollten ausgelassen auf der Wiese umher. Musik erfüllte die Luft, und die ersten Tänzer drehten bereits ihre Runden auf der Tanzfläche, die aus Holzbrettern zusammengezimmert war.
Als Bürgermeister begrüßte Magnus alle Gäste persönlich. Er kannte alle von ihnen mit Namen. Lucia stand zusammen mit Ulla und Greta hinter dem Kuchenbüfett, das besonders viele Gäste anlockte.
Lucia beobachtete, wie Magnus fröhlich auf eine junge Frau zuschritt, die sich interessiert umschaute.
»Emma, schön, dich zu sehen«, begrüßte Magnus die Frau mit dem blonden Pferdeschwanz. »Was treibt dich zu uns? Ist euer eigenes Mittsommerfest dieses Jahr ins Wasser gefallen?«
Die Frau schüttelte den Kopf und lachte. »Ich bin sozusagen dienstlich hier. Mein Chef hat beschlossen, dass unsere Zeitung über verschiedene Mittsommerfeste und die regionalen Unterschiede berichtet. Unser Fotograf«, sie sah sich suchend um, »ist hier auch irgendwo.« Sie wandte sich erneut an Magnus. »Es ist doch okay, wenn er ein paar Fotos schießt?«
»Gerne«, hörte Lucia Magnus sagen. »Jede gute Publicity ist gut für Sandbergen.« Er zwinkerte der Reporterin vergnügt zu. »Vergiss
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