Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
jungen Frau verengten sich. »Wie heißt diese Frau?«
»Das ist Selma Alander«, erwiderte Bernd.
»Sie hat doch nichts mit den Alander-Backwaren zu tun?«, fragte die junge Frau. Die Überraschung war ihrer Stimme anzuhören.
»Sie ist die Tochter des Besitzers«, sagte Bernd ungeduldig. »Also, wo kann ich sie finden?«
»Sie ist in der Backstube«, erhielt er die gewünschte Auskunft und gleich darauf die Beschreibung, wie er dorthin kam.
»Ich würde gerne ein neues Brot ausprobieren«, sagte Lucia nachdenklich, während sie am Tisch den Teig knetete. Wie Frida und Göran trug sie eine weiße Schürze, das Haar hatte sie hochgesteckt. Göran hinter ihr gestaltete selbst Torten nach Rezepten, die er mit Lucia abgestimmt hatte. Frida stand am gleichen Tisch wie sie und schaute ihr aufmerksam zu. Beide machten kein Hehl daraus, dass ihnen die Arbeit sehr viel Spaß machte, seit Lucia da war.
»Ein Brot mit Datteln und Koriander«, fuhr Lucia fort. »Und vielleicht einem Hauch von Zimt. Glaubst du, die Leute mögen das?« Fragend schaute sie Frida an.
»Datteln und Koriander?«, vernahm Lucia eine Stimme hinter sich. »Ist das nicht ein bisschen zu orientalisch für den schwedischen Geschmack?«
Lucia wandte sich um und lächelte dem Fremden zu, obwohl es sie irritierte, dass er plötzlich in der Backstube stand. Die Kunden wurden im Laden bedient, und dort traf Magnus sich auch mit den Lieferanten, wenn es etwas zu besprechen gab. Der Zutritt zur Backstube war aus hygienischen Gründen ausschließlich den Bäckern gestattet.
»Wieso denken Sie das?«, erwiderte sie. »Die Leute hier sind durchaus offen für neue Dinge.«
Er schaute sie an, wirkte sehr irritiert. »Ach komm, Selma«, sagte er. »Das haben wir schon so oft diskutiert. Und unsere Kunden haben es uns auch gezeigt …«
»Unsere Kunden? Ich verstehe nicht«, sagte sie unsicher, erfüllt von einer bangen Vorahnung. »Was meinen Sie?« Sie stellte diese Frage, obwohl sie die Antwort eigentlich nicht hören wollte. Der Moment, vor dem sie sich die ganze Zeit gefürchtet hatte, war gekommen.
Der Mann zog unwillig die Brauen zusammen. »Was ist los mit dir, Selma? Geht es dir nicht gut?«
Sie kam sich vor wie ein in die Enge getriebenes Tier. Sie bekam nur schwer Luft und wandte sich ab.
»Dein Foto in der Zeitung hat mich ehrlich gesagt ziemlich überrascht«, fuhr der Mann fort. »Dein Vater und ich dachten, du wärst auf einem Segeltörn.«
Lucia fuhr herum. »Mein Vater?« Sie war entsetzt, horchte in sich hinein. Aber das Wort beschwor keine Erinnerungen. Was, wenn der Mann gar nicht aus ihrer Vergangenheit kam? Sie betrachtete das Gesicht des Mannes, fand nichts Vertrautes darin. »Und Sie? Ich kenne Sie nicht. Es tut mir leid, ich habe keine Ahnung, wer Sie sind.«
Der Mann zog die Brauen zusammen, musterte sie aufmerksam. Er schien zu begreifen, dass sie sich keinen Spaß mit ihm erlaubte und ihre Worte ernst meinte. Er trat einen Schritt näher, was Lucias Panik verstärkte, und ließ sie dabei nicht aus den Augen. »Soll das heißen, du weißt auch nicht, wer du bist?«, fragte er.
Sie schüttelte den Kopf, doch bevor sie etwas sagen konnte, betrat Magnus die Backstube. In den Händen hielt er zwei Stiegen mit Beeren, die er auf ihre Bitte hin beim Obstbauern Lars abgeholt hatte. Magnus’ Blick fiel auf Bernd.
»Du hast Besuch?«
Lucia fühlte sich wie gelähmt und hörte hilflos, wie der Mann an ihrer Stelle antwortete. Er streckte Magnus die Hand entgegen. »Guten Tag, ich bin Bernd Martedal.«
Der Name löste keine Erinnerungen bei Lucia aus. Sie beobachtete, wie Magnus den Händedruck erwiderte und sich ebenfalls vorstellte. Sein fragender Blick wechselte zwischen dem Mann und ihr hin und her, bis der Mann schließlich erklärte: »Ich bin stellvertretender Geschäftsführer der Alander-Werke.« Er wies auf Lucia. »Und das ist Selma Alander, die Tochter des Chefs.«
»Wie bitte?«, stieß Magnus hervor. »Du bist Selma Alander, die Tochter von …?« Er brach ab. Sein fassungsloser Blick traf sie.
Lucia spürte sein Entsetzen und zuckte mit den Schultern. Ich weiß es doch nicht, dachte sie verzweifelt.
Magnus strich sich über die Stirn. Erst jetzt schien er zu bemerken, dass Frida und Göran aufgehört hatten zu arbeiten und neugierig lauschten.
»Vielleicht sollten wir erst einmal rausgehen«, schlug er vor.
Die beiden Männer gingen voran und redeten über sie, als wäre sie überhaupt nicht anwesend.
»Was ist
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