Wind über den Schären: Liebesgeschichten aus Schweden (German Edition)
Bitterkeit fortgespült.
Nach außen schien es ganz so, als wäre sie nicht weg gewesen. Selma hatte ihre Arbeit in den Alander-Werken wiederaufgenommen und erledigte Tag für Tag ihre Pflichten. Niemand bemerkte, dass sie alles nur mechanisch abarbeitete, mit einer Gleichgültigkeit, die sie manchmal selbst erschreckte. Ständig musste sie an Sandbergen denken, an die Freude, die sie bei der Arbeit in der Backstube empfunden hatte.
Bernd war sie bisher so gut es ging aus dem Weg gegangen. Wenn es ihm auffiel, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken.
Selma empfand jedes Mal Widerwillen, wenn er sie in die Arme nahm. Es war ihr unmöglich, Zärtlichkeiten mit ihm auszutauschen.
Ihre Sekretärin Lovisa brachte ihr ein Tablett mit Tee und Gebäck. Sie stellte es auf dem Schreibtisch des hübschen kleinen Büros mit der femininen Einrichtung und den pastellfarbenen Tapeten ab und informierte Selma darüber, dass ein gewisser Magnus Sigge wieder angerufen hatte. Sie reichte Selma den Zettel mit der Nummer.
»Danke, Lovisa.« Selma lächelte und gab sich alle Mühe, eine gleichgültige Miene zu zeigen. Als Lovisa den Raum verlassen hatte, betrachtete sie den Zettel, obwohl sie die Nummer auswendig kannte. So oft hatte Magnus in den letzten Tagen angerufen, aber sie hatte nie darauf reagiert. Er hatte sie weggeschickt. Was wollte er also jetzt noch von ihr? Selma strich mit dem Zeigefinger über den Zettel. Sie konnte nicht umhin, Zärtlichkeit zu empfinden. Sie glaubte, wieder das Rauschen der Wellen zu hören, spürte Seeluft und Sonnenstrahlen auf ihrer Haut, zärtliche Küsse …
Als Bernd ohne anzuklopfen in ihr Büro trat, knüllte sie den Zettel hastig zusammen und warf ihn in den Papierkorb.
»Guten Morgen«, sagte er, schloss die Tür und kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. »Selma, Schatz, du siehst großartig aus.« Er umarmte sie und wollte sie küssen. Selma drehte den Kopf im letzten Moment ein wenig zur Seite, deshalb trafen seine Lippen nicht ihren Mund, sondern ihre Wange. Er tat so, als wäre das ganz normal.
»Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist«, sagte er und ließ sie los.
»Es ist wohl richtig so«, sagte Selma leise und trat hinter ihren Schreibtisch. Sie brauchte diese Distanz zwischen sich und Bernd.
Er ließ sich auf den Besucherstuhl vor ihrem Schreibtisch fallen, zog das Tablett heran und goss sich Tee ein. »Wir müssen dringend über die Hochzeit reden«, sagte er.
Ja, das mussten sie wohl. Am übernächsten Wochenende sollte die Hochzeit stattfinden. Alles war geplant, die Einladungen geschrieben, und die Schneiderei hatte trotz der Probleme mit dem Stoff sogar das Hochzeitskleid beinahe fertiggestellt.
Selma hatte gehofft, dass sich mit der Zeit alles normalisieren würde, was immer das auch bedeuten mochte. Aber das war nicht geschehen, sie hatte sich nicht wieder in ihr altes Leben eingefunden. Es fiel ihr jeden Tag schwerer, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Sie war froh, dass Bernd das Thema Hochzeit nicht vertiefte, sondern es von selbst wechselte.
»Es gibt da noch etwas, das ich erst mit dir besprechen wollte.« Er betrachtete sie mit gewichtiger Miene, bevor er die Bombe platzen ließ. »Wir haben ein großartiges Angebot von Johnson aus Boston bekommen.«
Selma ließ sich langsam auf ihren Schreibtischstuhl fallen. Sie ahnte, worum es bei diesem Angebot ging. Es war nicht das erste Mal, dass Johnson die Alander-Werke übernehmen wollte, ihr Vater hatte das bisher aber immer strikt abgelehnt. Die Begeisterung in Bernds Stimme ließ darauf schließen, dass er anders darüber dachte. Spielte er etwa ernsthaft mit dem Gedanken, die Firma zu verkaufen, sobald Selma und er sie übernommen hatten? Und wieso kam er damit zu ihr? Eigentlich müsste er doch wissen, dass sie so etwas niemals hinter dem Rücken ihres Vaters machen würde. Sie beschloss, nicht weiter auf das Thema einzugehen. Zum Thema Zukunft der Firma hatte sie so ihre eigenen Vorstellungen.
»Sag mal, Bernd, warum haben wir eigentlich nie darüber nachgedacht, Bioprodukte herzustellen?«, fragte sie langsam.
»Du bist süß.« Bernd lachte abfällig und schüttelte den Kopf. »Nein, haben wir nicht.«
Selma war von seiner Arroganz irritiert. Aber auch in Bezug auf sich selbst sparte sie nicht mit Selbstkritik. »Irgendwie enttäuscht es mich, dass ich nie darüber nachgedacht habe. Es kann mir doch nicht egal sein, was wir unseren Kunden zu essen geben.«
Bernd schaute sie an, als
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