Windbruch
sie auf und
biss sich in die geballte Faust. Dann schüttelte sie wieder den Kopf.
Wieder betrat jemand die Küche,
diesmal eine junge Kollegin. Sie blickte Frau Hufschmidt mit mitleidiger Miene
an, bevor sie sagte: „Im Bett von Frau Hufschmidt haben wir Blutflecken
gefunden. Es sieht aus, als sei sie verletzt gewesen.“
„Hat ihr Mann Sie verletzt, Frau
Hufschmidt?“, fragte Büttner vorsichtig.
„Nein.“
„Sind sie sicher?“
„J-ja. Das Blut ist ... es ist
Menstruationsblut.“
„Am Kopfende?“, fragte die junge
Kollegin leise und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
„Ich ... weiß doch nichts“,
schluchzte Frau Hufschmidt. „Bitte, lassen Sie mich in Ruhe!“
„Hier geht es nicht um Sie“,
sagte Büttner, und seine Stimme klang jetzt deutlich ungeduldiger. „Hier geht
es um eine junge Frau, die sich möglicherweise in der Gewalt ihres Mannes
befindet, Frau Hufschmidt. Und wenn er ihr etwas antut, und Sie haben uns etwas
verschwiegen, dann Gnade Ihnen Gott!“
„Aber ich weiß doch nichts“,
schluchzte sie wieder.
„Gibt es einen Ort außer diesem
Haus, an dem sich Ihr Mann aufhalten könnte?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Keine Gartenlaube, ein
Ferienhaus, nichts?“
„Nein.“
„O. k., Frau Hufschmidt, wir
gehen dann wieder. Aber Sie halten sich bitte zu unserer Verfügung, falls wir
noch weitere Fragen haben. Die Kollegen bleiben noch hier, bis sie mit der
Durchsuchung fertig sind. Falls Ihnen noch etwas einfällt“, er reichte ihr
seine Visitenkarte, „dann rufen Sie mich bitte sofort an. Zu jeder Tages- oder
Nachtzeit, ganz egal. Und wenn Ihr Mann zurück kommt, soll er sich bei uns melden.
Umgehend. Was er natürlich nicht tun wird, aber besser wäre es für ihn.“
Sie nahm die Visitenkarte
entgegen ohne einen Blick darauf zu werfen und nickte schwach. Büttner sah sie
beim Hinausgehen noch mal an und schüttelte den Kopf. Diese arme Frau wurde von
ihrem Mann gequält. Und wie so viele Frauen in ihrer Lage traute sie sich
nicht, sich ihm entgegenzustellen. Am liebsten hätte er laut herausgeschrien,
was er mit diesem Mann machen würde, wenn er dürfte. Aber als Polizist durfte
er ja leider nicht.
71
Sie hatte solch einen Durst!
Alles hätte sie hergegeben für einen Schluck Wasser! Wie lang lag sie schon
hier? Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Um sie herum war es stockdunkel. Er
hatte das Licht wieder ausgemacht, als er gegangen war. Sie konnte nichts
sehen, denn er hatte vor allen Fenstern die Rollläden heruntergelassen. Sie
musste irgendwo in der Einsamkeit sein, denn von draußen war nichts zu hören, außer
dem Wind, der durch die kahlen Bäume strich. Oder war es Regen, der prasselnd
auf den Boden fiel? Sie wusste es nicht. Von nebenan – oder unten drunter? –
kam immer noch dieses leise Stöhnen und Wimmern. Sie war sich jetzt sicher,
dass sie nicht die einzige Gefangene dieses Monsters war. Aber es war ihr noch
nicht gelungen, sich verständlich zu machen. Sobald sie sich auch nur einen
Millimeter bewegte, schnitten ihr die Kabelbinder wie scharfe Messer in die Gelenke.
Er hatte die verdammten Dinger so fest geschnürt, dass sie ihr das Blut
abdrückten. Ihre Hände und Füße waren schon ganz kalt und taub.
Und sie musste auf die Toilette,
ihre Blase stand kurz vor dem Platzen. Aber sie wollte nicht einfach ins Bett
machen, in einer stinkenden Pfütze aus Urin liegen. Aber wie sollte sie sich
verständlich machen, wenn dieser Scheißkerl zurückkam? Würde er überhaupt
zurückkommen? Er war nun schon so lange fort. Vielleicht hielten sie ihn
irgendwo fest, vielleicht war ihm was passiert. Dann würde sie hier elendig verdursten.
Oh, dieser Durst! Sie hätte nie geglaubt, dass man sich dermaßen nach einem
Schluck Wasser sehnen konnte! Aber vielleicht war es besser zu verdursten, als
sich von diesem Sexmonster weiter quälen zu lassen. Ja, alles war besser, als
das ertragen zu müssen.
Wie würde es wohl sein, langsam
und qualvoll zu verdursten? Sie hatte sich noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht.
Es musste grausam sein. Aber war es grausamer als das, was sie erwartete, wenn
er zurückkam? Was würde er mit ihr machen? Wie lange würde er sie hier
festhalten? Aber, er konnte sie ja gar nicht wieder gehen lassen, denn das wäre
sein Ende. Also würde er sie solange quälen, wie er Spaß daran hatte. Und dann
würde er sie umbringen. Ja, es blieb ihm ja gar nichts anderes übrig, als sie
umzubringen.
Ob sie schon jemand
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