Windbruch
Vorstandskollegen Hans-Jürgen Naumann auszubooten
und an die erste Stelle im Unternehmen vorzurücken, anscheinend erreicht.
Naumann hatte sich, genauso wie Inka Henzler, von Rhein manipulieren lassen.
Naumann war ein Trottel. Das kam davon, wenn man sich selber für den Größten
hielt und es auch noch allen tagtäglich mitteilen wollte. Rhein hatte Naumann
durchschaut und ihn über seinen eigenen Größenwahn stolpern lassen. Nein, er
war kein Dummer, absolut nicht. Deshalb würde es schwer werden, an ihn heranzukommen.
Es blieb nur ein Weg: Man musste ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen,
genauso, wie er es mit Naumann gemacht hatte. Nur wie?
Warum nur hatte Inka Henzler
nicht gegen Rhein ausgesagt? Er hatte ihr doch so übel mitgespielt, sie zu
seiner Marionette gemacht, sie sogar, wie sie ja selbst schrieb, im wahrsten
Sinne des Wortes ins Messer laufen lassen. Natürlich wäre auch sie nicht
straffrei davongekommen, aber das war ihr ja sowieso klar gewesen. Warum also
hatte sie ihre Aussage nur verdeckt gemacht, anstatt ihn der Polizei direkt ans
Messer zu liefern? Er selbst war bei ihr gewesen, als sie noch im Krankenhaus
gelegen hatte. Er hatte sie eingehend befragt. Sie aber hatte kaum ein Wort
über die Lippen gebracht, außer der immer währenden Litanei, dass es ihr leid
tue, dass sie sich abgrundtief schäme und ihrer gerechten Strafe nicht entgehen
wolle. Aber kein Wort zur Rolle, die ihr Liebhaber und Peiniger Rhein gespielt
hatte. Selbst zur Rolle von Hufschmidt hatte sie nichts gesagt. Und den in seinem
geistig umnachteten Zustand zu befragen, machte keinen Sinn. Kein Richter der
Welt würde die Aussage dieses Irren als Beweis akzeptieren.
„Versteh einer die Frauen“,
knurrte Büttner. Es hätte so schön einfach werden können, wenn Inka Henzler
ihre Aussage mündlich anstatt in Versform gemacht hätte. Dieser Widerling Rhein
säße bereits in Untersuchungshaft und er, Büttner, hätte dem nörgelnden
Polizeipräsidenten endlich mal eine Erfolgsmeldung überbringen können. „Aber
nein“, schimpfte er, „da quatschen diese Weiber den lieben langen Tag vor sich
hin, texten ungefragt ganze Vorlesungen an einen heran. Aber wenn sie dann mal
etwas Sinnvolles zur Lösung eines Kriminalfalles beitragen könnten, dann handeln
sie plötzlich wider ihre Natur und schweigen. Sagen kein einziges Wort mehr.
Das soll mal einer begreifen!“
Büttner hatte nicht bemerkt, dass
Sebastian Hasenkrug inzwischen sein Büro betreten hatte und ihn mit einem
breiten Grinsen ansah. „Chef“, sagte er nun, „wenn ich Sie bitte mal in ihren
Betrachtungen zur widersprüchlichen Natur des holden Weibes unterbrechen
dürfte.“
„Ungern, Hasenkrug, sehr ungern.
Hab mich gerade so schön warm gelaufen.“
„Frau Coordes ist am Telefon, sie
möchte mit Ihnen sprechen. Es ist dringend, sagt sie.“
„Nur, wenn sie eine Lösung
gefunden hat, wie wir diesen Drecksack Rhein für dieses und seine nächsten drei
Leben hinter Gitter bringen können“, brummte Büttner. „Na gut, dann stellen Sie
sie mal durch. Moin, Frau Coordes“, sagte er wenig später.
79
Lasziv schlug die junge Frau ihre
Beine übereinander, zupfte sich ihren Minirock zurecht und zwinkerte Rhein
verführerisch zu.
„Sind Sie für dieses Winterwetter
nicht ein wenig zu leicht gekleidet?“, fragte Hayo Rhein und musterte sie mit
glänzenden Augen von oben bis unten. „Also, wenn Sie meine Tochter wären, ich
wüsste nicht ... aber“, berichtigte er sich dann schnell selbst und lachte laut
auf, „in dem Alter bin ich ja noch gar nicht, als dass ich solch eine ... reife
Tochter haben könnte.“
„Natürlich nicht, Herr Rhein“,
schnurrte die blonde Frau und öffnete einen weiteren Knopf ihrer Bluse, „Sie
sind doch in den, sagen wir mal, aktivsten Mannesjahren. Puh“, fügte sie dann
mit einem Seufzer hinzu, „mir wird ganz heiß, ist ganz schön warm hier bei
Ihnen.“
„Wenn Sie möchten, könnte ich Ihnen
ein wenig Kühlung verschaffen“, säuselte Rhein und trat hinter sie. „Möchten
Sie vielleicht ihr Jäckchen ablegen?“
„Vielleicht später“, sagte sie
und sah ihn mit halb geschlossenen Augen an, „zunächst einmal sollten wir zum
geschäftlichen Teil unserer ... Verabredung kommen, finden Sie nicht?“
„Sicher, sicher“, sagte Rhein und
stieß einen tiefen Seufzer aus, „die Provision kommt immer erst nach erbrachter
Leistung, habe ich recht?“
„Das sehen Sie ganz richtig“,
hauchte die Frau und sah ihn
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