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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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bei ihm ein.
„Kommst du noch mit zum Teetrinken?“, fragte sie leise. Maarten nickte und
wischte sich mit der Hand über die Augen. „Ja. Und danach, denke ich, ist es
Zeit, mal Licht in ein paar Dinge zu bringen.“ Tomke sah ihn verständnislos an,
sagte aber nichts. Dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
    Im Gemeindehaus waren die Tische
mit zahlreichen Teegedecken eingedeckt, in der Mitte standen Teller mit Bienenstich.
„Freud- und Leidkuchen“, murmelte Maarten. Auf manche Tradition war einfach
Verlass. Er setzte sich neben Tomke an einen der großen Tische und bemerkte
kurz darauf, dass sich Haukes Familie zu ihnen gesellte. Lange Minuten saßen
sie sich nur schweigend gegenüber. Sonja starrte mit ausdrucklosem Gesicht auf
ihre Tasse Tee, die eine ältere Dame soeben eingeschenkt hatte. Sie schien sie
gar nicht wahrzunehmen. Haukes Schwester hielt nach wie vor den kleinen Tilman
im Arm, der gerade wieder wach wurde und nun Maarten mit zusammengekniffenen
Augen und Schmollmund skeptisch anschaute. „Na, kleiner Mann“, sagte Maarten
und lächelte ihm freundlich zu, „ausgeschlafen?“ Tilman reagierte nicht,
sondern starrte ihn nur weiter an. „Verrätst du mir denn, wie du heißt?“ bohrte
Maarten weiter, doch Tilman zeigte wieder keinerlei Reaktion. Maarten guckte
irritiert und setzte gerade zu einem weiteren Konversationsversuch an, als ihm
Tomke einen heftigen Stoß in die Rippen versetzte. „Aua“, rief Marten empört,
erschrak aber über seine eigene unangepasste Lautstärke und zischte ihr dann
deutlich leiser zu: „Kannst du mir mal sagen, was das soll?“ Erst in diesem
Moment bemerkte er, dass ihn die gesamte Familie Langhoff mit hochgezogenen
Augenbrauen ansah. Nur Sonja starrte nach wie vor auf einen fiktiven Punkt auf
der Teetafel. „Ha... hab ich was falsch gemacht?“, stotterte Maarten sichtlich
verwirrt und Tomke sagte: „Schaf.“
    „Man merkt, dass du lange nicht
hier warst“, ließ sich plötzlich Haukes Vater vernehmen.
    „Wieso redest du denn dauernd mit
Tilman?“, mischte sich nun auch der kleine Nicolas ein. „Bist du plemplem?“ Er
unterstrich seine Worte, indem er mit der Hand vor seinem Gesicht herumwischte.
    „Warum sollte ich denn nicht mit
Tilman reden, du kleiner Naseweis?“, fragte Maarten zurück.
    Nicolas rollte entnervt mit den
Augen. „Hallo! Weil er dich gar nicht versteht vielleicht?“
    „Aber er ist doch schon ...“
    „Er ist gehörlos“, unterbrach
Tomke ihn, bevor er noch mehr Schaden anrichten konnte.
    „Was?“, fragte Maarten und
schaute verstört von einem zu anderen.
    „Ja, Tilman ist gehörlos, er kann
dich nicht hören“, wiederholte Tomke.
    Maarten schluckte. „T... tut mir
leid“, stotterte er und lief rot an. „Ich ... ich wusste es nicht.“
    „Warst ja auch lang nicht hier“,
sagte Haukes Vater wieder. Dann legte er seine Hand auf Maartens und schaute
ihm mit feuchten Augen ins Gesicht. „Willkommen zuhause, mien Jung“, sagte er.
„Hauke hat sich sehr gefreut, dass du wieder da bist und ihn im Krankenhaus
besucht hast. Das hat er mir selber gesacht, bevor ...“ Seine Stimme brach, er
senkte den Kopf.
    „Versprichst du mir was?“ fragte
ihn jetzt Haukes Mutter mit tränenerstickter Stimme und wischte sich mit ihren
blutverschmierten Knöcheln über die Augen.
    „Ja, natürlich ... ähm ... klar“,
stammelte Maarten.
    „Hauke sachte mir, kurz bevor ...
nun, er ahnte wohl, dass er ... Er sachte, dass er die Jungs gut versorgt haben
will. Und ... er ... er hat so große Stücke auf dich gehalten, immer schon. Und
da dachte ich mir, vielleicht hast du ja Lust, jetzt wo unser Hauke ... nicht
mehr da ist ... nun ja ...“ Sie stockte, und ihr Körper fiel in sich zusammen,
als hätte jemand die Luft herausgelassen.
    „Ich ... ähm ...“ Maarten wusste
nicht, worauf Frau Langhoff hinaus wollte. Was sollte er bloß antworten?
    „Du könntest ihr Patenonkel
werden“, sagte nun Tomke und warf ihm einen beschwörenden Blick zu.
    „P... Patenonkel“, stammelte
Maarten und wieder kassierte er einen Rippenstoß. „Klar“, rief er dann,
„natürlich, das mache ich doch gerne!“
    Er sah, wie sich die Gesichter
der Familie Langhoff aufhellten. „Du bist ein guter Junge, Maarten, das habe
ich immer gewusst“, sagte Haukes Vater und reichte ihm die Hand. „Du machst uns
damit eine sehr große Freude.“
    Von links schob sich eine
eiskalte Hand über Maartens Arm und drückte ihn kraftlos. „Danke“,

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