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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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Und hinterher hatte er die Konstruktionspläne sehen wollen, obwohl sie ihn
nichts angingen. Ja, er musste ahnen, dass mit den Plänen was nicht stimmte.
    Pah, dachte er sich. Soll er sich
ruhig auf die Pläne versteifen. Die waren doch Peanuts gegen das, was hier
wirklich abging. Er selbst hatte in den letzten Wochen ein bisschen herumgeschnüffelt
und das, was er dabei entdeckt hatte, raubte ihm auch Tage später noch den
Atem, wenn er daran dachte. Aber es bot auch eine Chance. Natürlich, er hatte
sich vorgenommen, hier einfach nur seinen Job zu machen ohne nach links und
rechts zu schauen. Aber nach allem, was er jetzt wusste, war das nicht mehr möglich.
    Und sein Wissen gab es nicht
umsonst. Schon bald würde er ein reicher Mann sein. Und dann würde er Tomke
alles kaufen können, was sie sich wünschte. Seit er wusste, dass er bald zu
Geld kommen würde, lag er nachts wach und malte sich aus, wie sein Leben an
Tomkes Seite aussehen würde. Nichts würde sie beide hier mehr halten, hier, im
kalten und windigen Ostfriesland. Und sie würden sich nie wieder trennen. Sie
würden sich in einem sonnigen Land eine große Villa kaufen und ihr Leben genießen.
    Er brauchte nur noch ein paar
Tage, dann hätte er alle Beweise zusammen. Es war nicht ungefährlich, was er
hier machte. Und jedes Mal, wenn er darüber nachdachte, welche Gefahren in
seinen Plänen lauerten, dann schnürte es ihm die Kehle zu und sein Mund wurde
ganz trocken. In solchen Momenten zwang er sich, sich zusammenzureißen und mit
kühlem Kopf weiterzumachen. Denn ein kühler Kopf war die Voraussetzung dafür,
dass sein Plan aufging.
    Er griff nach seiner
Tablettenschachtel, nahm die letzte Kapsel heraus, steckte sie sich in den Mund
und zerknautschte dann die leere Hülle. Er holte aus, zielte, und die Hülle landete
mit einem leisen Plopp im Papierkorb. Zufrieden lächelnd lehnte er sich zurück.
Auch diese kleinen roten Dinger würde er bald nicht mehr brauchen. Da war er
sich ganz sicher.

22
    Franziska griente still vor sich
hin. Sie hatte sich zum Schutz vor Kälte und Regen einen gefütterten
Ostfriesennerz angezogen und sich einen knallgelben Südwester aufgesetzt. Außerdem
trug sie kniehohe Gummistiefel. Sie fand, dass sie nun aussah, als wolle sie
mit dem nächsten Kutter zum Krabbenfang auslaufen. Tatsächlich aber hatte sie
eine viel aufregendere Mission zu erfüllen. Sie hatte sich nicht schlecht
gewundert, als spät am Abend plötzlich ihr Chef vor ihrer Tür im Emder Ortsteil
Larrelt gestanden hatte, wo sie sich eine kleine Wohnung nur wenige Kilometer
von ihrem Arbeitsplatz entfernt genommen hatte.
    Hm. Da musste sie also erst von
New York nach Emden ziehen, um mal hautnah ein Verbrechen mitzuerleben. Und
dass es sich bei dem, was ihr Chef und Tomke vorhatten, um ein Verbrechen
handelte, daran bestand ja nun wohl kein Zweifel. Oder warum sonst stieg man
mitten in der Nacht in ein Firmengebäude ein und wollte dabei auf keinen Fall
gesehen werden?
    Tomke und sie hatten sich im
Laufe der letzten zwei Monate angefreundet. Es war ihnen schon bei der ersten
Begegnung klar gewesen, dass sie aus ähnlichem Holz geschnitzt waren. In der
Firma hatten sie bisher nicht allzu viel miteinander zu tun gehabt, dafür aber
hatten sie sich schon häufiger zu einem Kino- oder Kneipenbesuch oder einfach
nur zu einem Frauenabend mit Chips und Wein in einer ihrer Wohnungen getroffen.
Bei einer dieser Gelegenheiten hatte Tomke ihr anvertraut, dass sie sich schon
als Kind in Maarten Sieverts verliebt hatte und jetzt, da sie ihn fast jeden
Tag sehe, von ähnlichem Unheil bedroht sei. Dass, wenn es mit ihren Gefühlen so
weiterging, es unweigerlich zu einem Unglück kommen müsse, stehe außer Frage.
Schließlich habe Maarten angekündigt, nach spätestens einem halben Jahr nach
New York zurückzukehren. Und da sie, Tomke, Ostfriesland auf keinen Fall
verlassen werde, stehe eine mögliche Verbindung unter keinem guten Stern. Also
werde sie Maarten so weit wie möglich aus dem Weg gehen. Außerdem sei es ja fraglich,
ob er für sie genauso empfinde, bisher habe er diesbezüglich keinerlei
Anzeichen erkennen lassen.
    Franziska hatte Tomke zu
verstehen gegeben, dass sie sie sehr gut verstehen könne, denn ihr Chef sei
wirklich ein Schnuckelchen. Und bestimmt hätte auch sie sich längst in ihn
verliebt, wenn sie auch nur ansatzweise auf Männer stünde. Da das aber nicht
der Fall sei, sei sie immer noch auf der Suche nach der richtigen Partnerin und
hoffe, sie

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