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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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alles
erklären.“
    „Schon gut“, sagte der Mann
gegenüber und seine Stimme war plötzlich ganz ruhig. Und nun erkannte Maarten
auch endlich, wer da vor ihm stand. „Herr Rautschek“, sagte er erstaunt, „was
machen Sie denn hier?“
    „Es gibt Probleme bei der Firstlady
und ich muss mal in die Computerüberwachung schauen.“
    „Ach so. Ja also, wir wollten
hier nur ...“
    „Ist schon komisch, so ganz
alleine hier zu sein. Kein Mensch zu sehen, weit und breit“, knurrte Rautschek
und ging davon. Als er einige Meter entfernt war, hob er, ohne sich noch mal
umzudrehen, kurz seinen Arm und winkte ihnen zu. Dann verschwand er in einem
der Büros.
    Maarten und Tomke schauten sich
an und mussten sich Mühe geben, nicht laut herauszuprusten. Was für ein Teufelskerl,
dieser Rautschek! Er hatte was gut bei ihnen, das war klar.

23
    Nachdem sie das Firmengebäude
wieder verlassen und Franziska per SMS aus ihrem Rendezvous mit dem Wachmann
erlöst hatten, waren sie zu dritt zu Tomke nach Hause gefahren. Nun saßen sie
auf einem flauschigen, knallroten Teppich im Wohnzimmer, jeder ein Glas Rotwein
in der Hand und die Konstruktionspläne der Windlady II vor sich ausgebreitet.
Tomke war nebenbei damit beschäftigt, die einzelnen Blätter mit transparentem
Klebeband aneinanderzukleben. Doch zunächst fielen ihnen keine Ungereimtheit
oder Unregelmäßigkeit auf.
    „Sieht eigentlich alles ganz
normal aus“, befand Tomke und schüttelte den Kopf. „Was auch immer Steffen
Rautschek gemeint hat, ich komm nicht drauf.“
    „Ja, auch ich kann nichts
ungewöhnliches erkennen. Allerdings habe ich auch noch nicht so viel Erfahrung
mit der Konstruktion von Windkraftanlagen“, brummte Maarten. Er war enttäuscht,
hatte sich von dieser Aktion deutlich mehr versprochen.
    Nachdenklich nippten die drei an
ihrem Wein und Franziska zog schließlich auf das gemütliche Sofa um, das mitten
im Raum stand.
    „Wir bräuchten die Pläne der
Firstlady zum Vergleich“, sagte sie und fing an, die Kostenaufstellungen zu
studieren, die Maarten und Tomke ebenfalls kopiert hatten. Immer wieder rieb
sie sich dabei die müden Augen. Es war inzwischen fast halb sechs am Morgen und
sie war nach der durchwachten und ereignisreichen Nacht sehr erschöpft.
Außerdem hatte sie sich immer noch nicht an die scharfe Nordseeluft gewöhnt und
hätte, seit sie in Ostfriesland war, sowieso problemlos zu jeder Tages- und
Nachtzeit auf der Stelle einschlafen können.
    „Hättest du vielleicht einen
starken Espresso für mich, Tomke?“, fragte sie unvermittelt. „Kann gut sein,
dass ich den Tag sonst nicht überstehe. Seit ich ...“, sie stutzte plötzlich
und blätterte nun hektisch die Seiten der Kostenaufstellung vor und wieder
zurück. Die Furchen auf ihrer Stirn wurden dabei immer tiefer. „Das gibt’s doch
nicht“, murmelte sie.
    „Was ist los?“, fragte Maarten
alarmiert, „hast du was gefunden?“ Ohne es zu bemerken, war er erstmals zum Du
übergegangen.“
    „Also, ich verstehe ja auch
nichts davon“, begann Franziska, „aber ihr sagtet doch, dass die Windlady I
und II absolut baugleich sind, oder?“
    „Ja“, bestätigte Tomke und zuckte
mit den Schultern. „Sie sind praktisch Klone. Worauf willst du hinaus?“
    „Nun, wenn ich die
Kostenaufstellung richtig verstehe – und ich sehe nicht, warum ich sie falsch
verstehen sollte – dann geht aus den Zahlen eindeutig hervor, dass die Kosten
für die Windlady II um fast 300.000 Euro unter denen für ihre ältere
Schwester liegen.“
    „Das ist kein Kunststück“, sagte
Maarten und verzog das Gesicht. „Da fallen ja eine ganze Menge Planungskosten
raus, eben weil es sich um eine Kopie der Firstlady handelt.“
    „Danke für den Hinweis“, sagte
Franziska flapsig und verzog spöttisch den Mund, „aber soweit hatte ich noch
mitgedacht. Nein, ich rede nicht von den Planungskosten, sondern von den
Materialkosten. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass man hier auf einmal zu
solchen Preisnachlässen kommt. Wenn überhaupt, müssten die Kosten gerade bei
diesem Posten erfahrungsgemäß eher steigen als sinken.“
    Wo sie recht hatte, hatte sie
recht, das wussten Maarten und Tomke sofort. Denn die Preisentwicklung an den
Rohstoffmärkten war rasant, und jede Kalkulation, die bei der Projektplanung
aufgestellt wurde, musste bei der Umsetzung in den meisten Fällen wieder nach
oben korrigiert werden. Ein Nach unten hatte es in diesem Bereich schon
lange nicht mehr gegeben, soviel stand

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