Windbruch
habe
der verstorbene Hauke Langhoff die Berechnungen durchgeführt mit der
Begründung, ein ganzer Windpark zu den Kosten der Windlady I könne dem
Unternehmen das Genick brechen. Und Naumann habe nun mal auf das zu hören, was
seine Experten ihm sagten, dafür habe er sie ja schließlich eingestellt. Natürlich
habe er Langhoff damals gefragt, ob es durch die Umplanungen zu Sicherheitsproblemen
kommen könne. Aber das habe Langhoff vehement verneint.
Naumanns ganzer Körper hatte
gezittert wie Espenlaub, als Büttner ihm mit eisigem Blick ein im Frühjahr per
E-mail verfasstes Schreiben über den Tisch geschoben hatte, aus dem ganz klar
hervorging, dass Langhoff seinen Chef schon frühzeitig davor gewarnt hatte, die
von ihm ursprünglich angestellten Berechnungen nach unten zu korrigieren. Für
die Sicherheit der Anlage könne er dann, zum Beispiel im Falle eines Orkans,
keine Garantie mehr übernehmen.
„I-ich k-kenne d-diese E-mail
nicht“, hatte Naumann gestottert und sich den Schweiß von der Stirn gewischt.
„Sie war aber in ihrem
Posteingang. Und sie war geöffnet“, hatte Büttner erwidert.
„A-Annemarie sieht meine E-mails
d-durch, sie ... sie muss versäumt haben, sie mir vorzulegen.“
„Eine so wichtige Mail?“ Büttner
hatte ihn mit zusammengekniffenen Augen angesehen. „Einfach ignoriert und dann
säuberlich abgeheftet? Das glauben Sie doch selber nicht, Naumann. Und außerdem“,
fuhr er fort, „war es nicht die einzige Mail, die Langhoff Ihnen in dieser
Angelegenheit geschrieben hat. Es folgten mindestens noch drei weitere. Und ich
denke, dass Langhoff es nicht beim E-mail-Schreiben hat bewenden lassen. Mit
Sicherheit wurde auch das ein oder andere Gespräch geführt.“
„Mein Mandant wird sich zu dieser
Sache nicht mehr äußern“, hatte der Anwalt sich in die Vernehmung eingeschaltet,
als Büttner hatte fortfahren wollen. Doch auch der Rechtsbeistand hatte
angesichts der erdrückenden Sachlage einen äußerst angefressenen Eindruck
gemacht. Offensichtlich hatte Naumann auch ihn nicht über alles informiert, was
er wusste.
Büttner stand auf und streckte
abwechselnd seine Glieder von sich. Es kam ihm vor, als wäre sein ganz Körper
bis in die Fingerspitzen hinein verspannt. Er hasste Stress. Ganz absichtlich
hatte er sich vor zwei Jahrzehnten nach Emden versetzen lassen, sein Dienst in
Hamburg war ihm definitiv zu anstrengend geworden. Und es war ja auch lange gut
gegangen. Hier mal `ne Messerstecherei mit Todesfolge, da mal ein
Verkehrsdelikt, bei dem alles auf Totschlag hingedeutet hatte. War alles
schnell geklärt gewesen. Und nun das. Womit hatte er solch einen komplizierten
Fall nur verdient?
Nun, er würde jetzt erstmal nach
Hause fahren und sich von seiner Frau einen heißen Grog und ein leckeres
Abendessen zubereiten lassen. Vielleicht würde sie ihm auch den Rücken
massieren. Ach, er wünschte, er hätte frühzeitig Urlaub genommen. Dann hätte
diese verdammte Geschichte ein anderer aufklären müssen. Wozu hatte man
schließlich ein Team. Denn stand das Wort Team nicht für Toll, ein anderer
macht’s ?
46
Bereits am nächsten Tag ging es
Georg Hufschmidt wieder Erwarten deutlich besser. Er musste zwar noch auf der Intensivstation
bleiben, weil sein Kreislauf noch alles andere als stabil war. Aber er war
wieder völlig klar im Kopf und konnte kürzere Gespräche führen, ohne sich
gleich zu überanstrengen oder dabei einzuschlafen. Und mit seinen Panikattacken
schien es auch vorbei zu sein.
Maarten stattete ihm am frühen
Mittag einen kurzen Besuch ab, bevor er zu seiner Wache bei Tomke ging. Zum
ersten Mal seit dem Unglück saß Hufschmidt auf der Bettkante und ließ die Beine
baumeln. Er lächelte Maarten freundlich zu, als der den Raum betrat. „Na,
Georg“, flachste Maarten und gab seinem Kollegen die Hand, „sieht so aus, als
könntest du uns schon bald wieder bei der Arbeit unterstützen.“
„Ich wünschte, es wäre so“,
entgegnete Hufschmidt und verzog den Mund. „Aber die wollen mich leider noch
nicht gehen lassen. Und“, sagte er mit einem spöttischen Grinsen und hob die
zahlreichen Kabel an, mit denen er noch verbunden war, „irgendwie hängt man ja
auch an den Geräten nach so langer Zeit.“
„Freut mich ehrlich, dass es dir
wieder besser geht und du schon wieder Scherze machen kannst, Georg“, lachte
Maarten und klopfte ihm den Rücken. „Hauptsache du läufst wieder einigermaßen
rund, alles andere findet sich schon mit der Zeit.“ Er
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