Windbruch
zögerte einen kurzen
Moment und fügte dann hinzu: „Tomke geht es leider noch nicht ganz so gut. Aber
auch sie ist auf dem Wege der Besserung, Gott sei Dank.“
Bei diesen Worten zog Hufschmidt
die Stirn in tiefe Falten, sagte aber nichts dazu. Stattdessen schüttelte er
den Kopf und murmelte: „Was für eine furchtbare Geschichte. So viele Tote. Die
Schwester sagte mir, dass man gestern unsere Sekretärin, Frau Fellinger, tot
aufgefunden hat.“ Er rieb sich die Stirn, als hätte er plötzlich starke
Kopfschmerzen. „Hauke hat gleich gesagt, dass das mit der Windlady II nicht gut gehen könne. Aber keiner hat auf ihn gehört.“
Du auch nicht , lag Maarten
auf der Zunge, er sagte aber nichts, um ihn nicht unnötig aufzuregen.
Stattdessen erwiderte er: „Ja, da sind offensichtlich gravierende Fehler gemacht
worden. Ich denke, dass nun auch bald die Polizei auf dich zukommen wird.“ Als
er sah, wie bei diesen Worten ein Schaudern durch Hufschmidts Körper fuhr,
fügte er besänftigend hinzu: „Reine Routine. Die befragen jeden, der etwas
wissen könnte.“
„Ich ... ich habe ...“, setzte
Hufschmidt an, unterbrach sich dann mit einem Ach, ist ja auch egal jedoch
selbst und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich glaube, ich muss mich mal
wieder hinlegen. Mir wird plötzlich ganz schwummrig.“
„Ja, ich geh jetzt auch mal rüber
zu Tomke“, entgegnete Maarten. „Weißt du, ich lese ihr immer mal aus einem Buch
vor, das scheint sie zu beruhigen. Dir weiterhin gute Besserung, Georg. Ich
schau dann wieder vorbei.“
Maarten, der sich bereits zur Tür
gewandt hatte, sah nicht mehr, wie Hufschmidts Augen bei seinen Worten einen
seltsamen Glanz bekamen.
Tomke lag ruhig im Bett, als
Maarten eintrat, und bevor er wieder zu den Fünf Freunden griff, schaute
er sie für eine Weile prüfend an. Ihr schmales Gesicht hatte nach dem Unglück
noch mehr an Fülle verloren und ihre Wangen wirkten eingefallen. Überall im
Gesicht waren noch kleinere und größere Kratzer zu sehen, aber nur noch einer
war mit einem Wundpflaster abgedeckt. Ihre blonden, leicht lockigen Haare sahen
strähnig aus und lagen, durch das häufige Hin- und Herschlagen ihrs Kopfes,
verwuschelt auf ihrem flachen Kopfkissen. Wie sie so blass und reglos dalag,
sah sie sehr schwach und hilflos aus. Dennoch fand Maarten sie wunderschön und
hätte alles dafür gegeben, sie in den Arm nehmen und ihr sagen zu können, das
alles wieder gut würde.
Er nahm das Buch zur Hand und
fing mit seiner tiefen, ruhigen Stimme an zu lesen. Immer mal wieder blickte er
auf und hoffte auf eine Regung von ihr. Aber es kam nichts. Er war enttäuscht,
hatte er doch so darauf gehofft, ja, schon fast damit gerechnet, dass sie heute
vielleicht schon ansprechbar sein würde, nachdem sie in den letzten Tagen doch
immer mal für kurze Zeit wach gewesen war.
Er hatte ungefähr eine
dreiviertel Stunde gelesen, als er meinte, vor der Scheibe, die Tomkes Zimmer
vom Gang trennte, eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Und tatsächlich standen
da drei Personen und blickten zu ihnen hinein. Im dämmrigen Licht war Maarten zunächst
davon ausgegangen, dass es sich dabei um Mitglieder von Tomkes Familie handeln
musste. Aber dann erkannte er Hauptkommissar Büttner und seinen Assistenten,
den er bisher nur einmal kurz im Polizeirevier gesehen hatte. Er meinte sich zu
erinnern, dass er Hasenpflug hieß oder so ähnlich. Neben den beiden Polizisten,
die mit sehr ernstem Gesicht zu ihnen hineinschauten und ihm kurz zunickten,
stand die diensthabende Krankenschwester und schüttelte gerade energisch mit
dem Kopf.
Aha, dachte Maarten, es ging
Büttner also mal wieder nicht schnell genug. Vermutlich hatte er gefragt, ob
Tomke schon vernehmungsfähig sei. Er warf einen Blick auf Tomke, die weiterhin
friedlich schlief, legte das Buch zur Seite und ging zur Tür, um den
Hauptkommissar zu fragen, ob es Neuigkeiten gab. Vor allem interessierte ihn,
was bei der Vernehmung von Naumann herausgekommen war. Allerdings hatte er
wenig Hoffnung, dass Büttner es ihm verraten würde. Aber ein Versuch konnte
nicht schaden.
„Moin, Herr Hauptkommissar“,
begrüßte Maarten den Polizisten und gab auch dem Assistenten die Hand. „Moin,
Herr Hasenpflug.“
„Hasen krug . Sebastian
Hasenkrug“, erwiderte der mit festem Händedruck.
„Oh, Entschuldigung, hatte ich
anders in Erinnerung.“
„Kein Problem. Passiert mir
öfter“, antwortete der junge Mann mit einem Schulterzucken. „Sie kennen
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