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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Beachtung nicht würdig.
    »Vorsteher«, sagte er, »ich werde nun mit dem Schiff dieses Mannes in See stechen, denn die Stunde, die bei der Entstehung der Welt vorhergesagt wurde, ist endlich gekommen, und bald werde ich mein Reich in Besitz nehmen. Du aber darfst Licherog auf keinen Fall verlassen. Du wirst bleiben, um meine Bibliothek, meine Hengste und meine Ziege zu hüten.«
    Der Gefängnisvorsteher schniefte wie ein Kind, das Prügel gewohnt ist. »Gewiss doch, Majestät! Wo sollte ich auch hin? Wonach sollte ich streben?«
    »Belüge mich nicht!«, brüllte da plötzlich der S … und hob beide Hände. »Wenn ich wiederkehre, werde ich den Nilstein in der Linken tragen und Sateks Szepter in der Rechten! Herr über ganz Alifros werde ich sein, und wer immer den Herrn belügt, soll seinen Zorn erfahren!«
    »Ich lüge nicht, Majestät …«
    »Wo sind meine Söhne? Du Brut eines Holzbocks! Bring sie zu mir! Ich schwöre auf den Sarkophag, du sollst heulend in den Tiefen dieses Gefängnisses zugrunde gehen, und die Flammen der Neun Feurigen Höllen sollen an deinem Geiste lecken! Mit Asche soll dein Mund sich füllen, deine Augen …«
    Ott und Drellarek handelten wie auf ein Stichwort. Drellarek versetzte Seiner Abscheulichkeit einen Hieb in den Magen, der ihn zum Schweigen brachte. Otts Hand bewegte sich so schnell, dass das Auge nicht zu folgen vermochte. Blut spritzte auf; ich dachte schon, er hätte den Satan ermordet. Doch dann sah ich, wie er mit Daumen und Zeigefinger ein Stück Fleisch in die Höhe hielt. Es war ein Ohrläppchen des S …
    Der Höllenkönig taumelte und stöhnte. Ott warf ihm ein Taschentuch zu. »Drück es auf deine Wunde, du Wurm«, sagte er. »Und vergiss eines nicht: Sandor Ott verletzt nur einmal, um zu warnen. Einmal nur.«
    Ich hatte wenig Appetit auf das Abendessen. Zunächst wollte ich auf der Insel schlafen, aber auf Licherog gibt es so viel mehr Geister als Gefangene, wie es mehr Tote als Lebende gibt, und keine Ketten konnten sie von meinem Zimmer fernhalten. Sie stöhnten, bettelten um Leckereien und ziehen mich der ausgefallensten Verbrechen. Also kehrte ich auf mein Schiff zurück. Und vor Morgengrauen erhob ich mich und traf mich wie verabredet mit Uskins auf dem Vordeck. Wir schickten die gesamte Nachtwache nach unten, und als wir allein waren, brachten Drellarek und seine Raufbolde Seine Abscheulichkeit und dessen Söhne, gut verpackt wie Säuglinge in ihren Windeln, an Bord. Sie sind jetzt ebenso sorgfältig in einem tiefen Teil des Schiffes versteckt wie das Gold des Kaisers.
    Bevor wir von Licherog ablegten, kam der Vorsteher und schüttelte mir die Hand. »Wird Ihnen der Kaiser jetzt gestatten, sich zur Ruhe zu setzen?«, fragte ich. Der Mann war ein Jammerlappen, aber er hatte seine Pflicht erfüllt.
    »Oh!«, sagte er. »Der Kaiser hat mir vor Jahren versprochen, dass meine Verbannung enden würde, wenn diese drei Licherog verließen. Aber ich weiß nicht so recht. Jedes Reich braucht seine Kerkermeister, und manchmal ist es hier gar nicht so schlimm.«
    »Diese Insel ist ein Dreckloch! Und obendrein von Geistern verseucht! Sehen Sie zu, dass Sie von hier wegkommen, Mann!«
    »Man muss auch an die Warnung des S … denken, Kapitän.«
    Bei den Feurigen Höllen, Vater, das war der seltsamste Augenblick dieses gesamten Landgangs. Der Mann kannte den Plan: Er wusste, dass wir den S … auf unsere Feinde hetzen wollten wie einen Hund auf einen räuberischen Bären, nicht weil der Hund die Begegnung überleben könnte, sondern damit er den Bären schwächt und ablenkt. Und doch fürchtete er – den Hund! Nicht den Kaiser oder die Weiße Flotte, keine Krankheit, auch nicht, eines Nachts von einem der zehntausend Mörder auf diesem Felsen erdrosselt zu werden. Er fürchtete nur seinen ehemaligen Gefangenen – und zwar fürchtete er ihn so sehr, dass er auch seine letzten Jahre auf der Insel zu verbringen und die Ziege dieses Irren zu füttern gedachte.
    Und der Bursche fand sogar noch Zeit für eine letzte verrückte Kapriole. Wir waren auf der Rampe. Ich hatte soeben dafür gesorgt, dass der S … in sein Versteck gebracht wurde und dem Vorsteher Lebewohl gesagt, als ich sah, dass er wie gebannt an der Chathrand emporstarrte. »Ich dachte, Sie hätten das Deck geräumt!«, rief er.
    Das hatte ich auch. Niemand war zu sehen außer den Matrosen, die soeben auf ihre Posten zurückkehrten, und einem weiteren Mann: einem Seifenhändler namens Ket. Der Mann verbringt viele

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