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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Taliktrum. »Je früher, desto besser. Er ist ein Monstrum, ein Riese mit Ixchel-Ohren. Er weiß schon jetzt genug, um uns alle ins Verderben zu stürzen. Wir können von Glück reden, dass er schwieg, weil er sich für seine Strafe schämte. Morgen früh kann alles ganz anders aussehen.«
    »Taliktrum«, befahl Dri. »Komm herunter zu deinem Clan.«
    Er gehorchte, nahm das Messer zwischen die Zähne und kletterte, allerdings provozierend langsam, am Innenrumpf herab. Drei Fuß über dem Brett, wo seine Tante mit dreißig anderen Ixchel stand, sprang er ab und landete geschickt wie eine Katze in der Mitte des Kreises.
    »Steck dein Messer ein, ich will nicht, dass du ständig Unfug damit treibst«, mahnte Dri. »Und nun pass auf: Wir wissen nicht, warum der Junge geschwiegen hat.«
    »Und du möchtest warten, bis wir es herausfinden, Dri?«, fragte Ensyl. »Und wenn er nun morgen aufsteht und plötzlich errät, dass er Ixchel-Stimmen gehört hat?«
    »Das kann er sich vermutlich auch jetzt schon denken«, erwiderte sie. »Ludunte sagt, er hat direkt auf unseren Kriechgang geschaut. Die Riesen wissen, dass wir auf ihren Schiffen fahren. Und obwohl keiner von ihnen unsere natürlichen Stimmen hören kann – jedenfalls bisher nicht, dieser Junge ist der Erste –, wissen sie auch, dass wir sprechen können.«
    »Sie wissen es, weil einige von uns um ihr Leben betteln, wenn die Arqualier sie fangen«, sagte Taliktrum verdrossen und warf ihr einen gelangweilten Blick zu. »Sie beschwören den Namen Rins und seines Engels und die Milch des Einen Baumes. Alles, was den Riesen angeblich heilig ist. Vergeblich.«
    »Die meisten töten uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit«, gab Dri zu. »Aber nicht alle. Und wenn wir diese Mission überleben wollen, dürfen wir solche kostbaren Ausnahmen nicht übersehen.«
    »Du meinst, er hat unseretwegen den Mund gehalten?«, fragte Taliktrum.
    »Ich meine, du hast richtig geraten, und er ist tatsächlich Ormalier. Und daraus folgt vielleicht, dass seine Liebe zu diesem Reich nicht allzu groß ist.«
    »Und warum hat er sich dann ausgerechnet dieses Schiff ausgesucht?«
    Einige kicherten jetzt ganz unverhohlen. Dri wartete, bis sie von allein verstummten. Dann sagte sie: »Junge Leute aus fremden Ländern dienen dem Reich nicht, weil es ihnen gefällt, sondern um nicht in der Gosse oder in Ketten zu landen. Und glaubt ihr wirklich, dass einer von den Teerjungen auch nur die leiseste Ahnung vom wahren Zweck dieser Reise hat? Wie sollten sie denn, wenn selbst wir noch auf Vermutungen angewiesen sind, obwohl wir seit zehn Jahren den Horcher an der Wand spielen?«
    »Was ich vermute, kann ich dir sagen«, meldete sich Ludunte. »Ich vermute, dass diese Missgeburt jemand anderem von uns erzählen wird.«
    »Und der erzählt es einem Dritten«, fiel Taliktrum ein. »Und so geht es immer weiter, bis die ganze Chathrand von uns redet. Bisher ist immer noch erst die Hälfte der Ladung verstaut. Die Riesen können es sich leisten, das ganze Schiff auseinanderzunehmen, um nach uns zu suchen, und vielleicht tun sie es auch. Nein, wir müssen jetzt zuschlagen. Wenn ein Grasbüschel in Flammen aufgeht, kann man das Feuer so lange brennen lassen, bis es die ganze Wiese erfasst hat. Oder man tritt es sofort aus.«
    »Oder«, sagte Dri, »man trägt das Grasbüschel zur Feuerstelle und setzt damit die Holzscheite in Brand, um es warm zu haben. Was wäre dieser Junge für ein Verbündeter! Wir könnten in Gegenwart anderer Riesen zu ihm sprechen. Wir könnten ihm sagen, was er fragen und wonach er suchen soll, wenn er seine Runde macht.«
    »Er könnte uns frisches Wasser besorgen«, sagte jemand.
    »Er könnte Türen einen Spaltbreit offen lassen.«
    »Er könnte die Katze der Hexe ins Meer werfen.«
    »Womöglich«, warf Taliktrum höhnisch ein, »wachsen ihm Flügel, und er trägt uns alle zusammen in einer Decke zur Heimstatt-jenseits-des-Meeres. In Rins Namen, Dri! Warum setzt du uns solche Flausen in den Kopf?«
    »Der Gründer des Hauses Ixphir wurde von einer Riesen-Frau vor dem Tod gerettet«, entgegnete Dri. »Vor einhundertsechzig Jahren in den Gärten des Accateo Lorgut . Und das sind keine Flausen. Ohne sie wäre keiner von uns hier.«
    »Legenden«, schnaubte Taliktrum. »Schöne Geschichten, um die Kinder in den Schlaf zu wiegen. Ob du dich wohl auch noch daran erfreuen kannst, wenn deine sanften Riesen uns alle getötet haben?«
     
    *     *     *
     
    Es war schon spät, als

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