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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Logbuchführers. Ich machte ein betretenes Gesicht, aber innerlich jubelte ich. Dreizehn Jahre lang habe ich das Logbuch geführt: dreizehn Jahre lang jeden Windstoß, jeden Wetterwechsel & jeden Ausbruch von Flechtengrind bei der Mannschaft penibel verzeichnet. Nie hatte ich die Freiheit, das zu tun, was ich hinfort zu tun gedenke: meine eigenen Gedanken niederzuschreiben. Auf dein Wohl, Uskins, du Dreckskerl.
    Private Tagebücher sind natürlich verboten. Jedes Wort wird mit dem Moment, in dem es zu Papier gebracht wird, Eigentum der Reederfamilie der Chathrand. Deshalb schreibe ich nur im Bett wie ein unfolgsamer Schuljunge & verstecke diese Notizen an einem geheimen Ort.
    Wie würde Rose sich wundern, wenn er wüsste, dass ich seinen Posten niemals haben wollte! Tatsächlich hätte ich vergangenes Jahr für immer von der See Abschied genommen, hätte meine geliebte Annabel gefreit & wäre in das kleine Brauhaus ihres Vaters in der Hoopi-Straße eingetreten, hätten nicht die von der dreimal verdammten Mangel-Brauerei bezahlten Verbrecher alles niedergebrannt. Nun muss ich drei Jahre länger zur See fahren, um der braven Familie zu helfen. Bei Rin, die Gewinnsucht ist doch das größte Übel von allen. Annis Papa braute gutes Bier: Das war sein Verbrechen. Dabei hätte er nicht einmal an den besten Tagen auch nur ein Zehntel dessen verkauft, was diese intriganten Bier-Barone an den Mann bringen.
    Zumindest haben wir eine Mission, auf die ich mich freuen – ja auf die ich sogar stolz sein kann. Gesegnet sei der Kaiser! Gesegnet seien auch die weisen Männer (soweit vorhanden) bei unseren Feinden, den Schwarzlappen (auch wenn sie Rin & seinen Engel nicht kennen)! Dieses große Friedenswerk wird uns alle überdauern & wenn ich mit meiner lieben Anni dereinst Kinder & Enkel haben sollte (noch ist es nicht unmöglich; auch in drei Jahren nicht), so mögen sie mit der Rolle ihres Papas ruhig ein wenig prahlen. Und gesegnet sei Rose: Der Kaiser hat ihn mit dieser Aufgabe betraut & ich muss davon ausgehen, dass er seine Gründe dafür hatte.
    Kapt. Rose zieht immer noch die Stirn in Falten, wenn er mich sieht. Aber ich nehme mir seine Schmähungen nicht weiter zu Herzen. Er wirkt bei allem, was er tut, so fahrig & zerstreut, als stünde in nächster Zeit eine ungeheuere Krise bevor, ein Meer voller Eisberge etwa, oder die Pest unter der Mannschaft. Seine Sorge & sein Zorn sind schwer verständlich, nachdem er gestern noch davon sprach, dem Orden der Inneren Heiterkeit beizutreten.
    Ich hoffe aufrichtig, dass dieser Bolutu ihm helfen kann; andernfalls hätte unser Kapitän eine schwere Fahrt vor sich. Es heißt nämlich, Mönche des Ordens könnten sich von allen niederen Empfindungen befreien: Sie würden weder Furcht noch Wollust kennen & nicht einmal beim Tod eines Elternteils weinen. Vor allem der Hass liege ihnen fern. Wenn ich aufrichtig bin, kann ich mir nichts Unwahrscheinlicheres vorstellen als einen Bruder Nilus Rose.
    Bis gestern hätte ich zumindest gesagt, er sei frei von Furcht. Doch was heute Morgen geschah, hätte ich nicht einmal dann geglaubt, wenn irgendjemand an Bord es mir bei der Milch des Einen Baumes geschworen hätte. Ich hatte soeben unsere neuen Seeleute inspiziert & wollte in die Offiziersmesse, um Mr. Elkstem Bericht zu erstatten. Als ich eintraf, war Elkstem nicht zu sehen, dafür stand Kapt. Rose allein an der Rückwand vor dem Schott, unter dem Arm ein Bündel Karten & im Gesicht einen so merkwürdigen Ausdruck, wie ich ihn beim Kommandanten eines Schiffes noch nie gesehen hatte.
    »Fiffengurt«, sagte er mit zitternder Stimme. »Kommen Sie her.«
    Ich gehorchte. Mitten auf dem Tisch hockte Lady Oggosks Katze Sniraga auf einer weiteren Seekarte & blinzelte mich schläfrig & voller Selbstzufriedenheit an. Diese Katze ist ein Satansbraten & beißt, wenn man sie streichelt, aber in diesem Moment schnurrte sie so friedlich, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Rose jedoch starrte sie an wie ein schwarzes Schiff voller Seeräuber, das rasch auf ihn zukam, hob die Hand & zeigte auf das Tier.
    »Diese Teufelsbestie!«, sagte er. »Ich habe sie nicht reinkommen sehen!«
    »Ja, Kapitän«, sage ich. »Katzen sind wahrhaftig ein hinterlistiges Volk. Treten so leise auf, dass man nichts von ihnen hört.«
    »Jetzt ist das greimige Vieh alles andere als leise! Was sagt es gerade, Fiffengurt?«
    Ich muss zugeben, dass ich meinen eigenen Kapitän mit offenem Mund anstarrte. »Was es sagt, Sir? Es

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