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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Zorn. Seine Kutsche stand hinter ihm, der Schlag war noch geöffnet. Noch bevor er die Fahrgastbrücke erreicht hatte, winkte er die Menge zurück: »Auf eure Posten, ihr hirnlosen Gaffer! Macht Platz! Man kann ja nicht einmal sein eigenes Schiff besteigen! Und bringt die andere Bestie gleich hinter mir an Bord! Welcher Dummkopf hat die beiden denn getrennt?«
    Alle Augen flogen zum Ersten Maat. Uskins machte ein finsteres Gesicht und biss sich auf die Unterlippe, doch als Roses Blick ihn traf, spielte er den demütigen Märtyrer.
    »Bringen Sie die Augrongs nach unten, Mr. Uskins«, befahl Rose grimmig. »Ich erwarte Ihren Bericht, bevor wir die Hauptstadt verlassen.« Dann hob der Kapitän die Stimme und rief, dass es allen in den Ohren dröhnte: »Alle Mann antreten zum Empfang! Trompeten! Fahnen! Hüte! Erste Wache in die Rahen! Bewegt euch, ihr faulen Hafenschafe! Seine Exzellenz wartet darauf, an Bord zu gehen!«
    Die Männer flogen förmlich auf ihre Plätze. Endlich begriff Pazel: Der Mann in der eleganten Kutsche war niemand anderer als Admiral Isiq, der neue Botschafter des Erhabenen in Simja. Und das blonde Mädchen, bei dessen Lächeln er sich so töricht vorgekommen war? Konnte das seine Tochter sein?

13
     
    D AS D REHKREUZ
     
     
    Bist meines Blutes du,
    seit Jahren im Sturm verschollen
    und von mir getrennt?
    Soll Bruder ich dich nennen?
    Verlernt hat meine Seele, was Liebe ist;
    vergessen hat sie, was Vertrauen heißt.
    Komm nicht zu leise, Bruder,
    auf dass ich nicht erschrecke:
    Wer weiß, was dann geschähe?
    Fürchte die Klinge in meiner Hand, Bruder,
    auch ich habe sie fürchten gelernt.
     
    D ER M ANN , DER G OLD ASS , LXΠ . G ESANG
    ÜBERSETZT AUS DEM N ILESKCHET
    VON T ALAG T AMMARUK AP I XHXCHR
     
    9. Vaqrin 941
     
    Der alte Admiral hatte ausrichten lassen, er wolle ohne großes Aufsehen an Bord gehen. Das sah dem Eberzam Isiq von früher, der auf halb zerstörten Kriegsschiffen aus der Schlacht zurückkehrte und sich unter Kanonendonner von Scharen von Gratulanten auf der Palmenpromenade zujubeln ließ, gar nicht ähnlich. Der Reporter vom Etherhorder Meeresboten, ein dickliches Männchen, das einen Zylinder und eine schmuddelige Fliege trug, fand das alles sehr verdächtig. Warum keine öffentliche Bekanntmachung?, fragte er, während er an Isiqs Seite auf das Schiff zuhastete. Warum wurde die Chathrand in Sorrophran ausgerüstet? Wo waren die Fahnen, die Tribünen, das Kaiserliche Orchester?
    »Auf dem Achterdeck stehen Trompeter«, knurrte Isiq. »Und Schaulustige sehe ich auch mehr als genug.«
    »Nicht halb so viele wie sonst«, versetzte der Reporter. »Man hat ja fast den Eindruck, als wollten Sie sich bei Nacht und Nebel davonschleichen!«
    »Während es der Meeresbote von heute Morgen der ganzen Stadt verkündet?«
    »Wir wurden ja fast zu spät informiert! Exzellenz, ich bitte Sie, schenken Sie mir einen Augenblick. Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass vergangene Nacht in Ihrem Garten ein Mann getötet wurde. Aha! Ihr Gesicht verrät mir, dass es wahr ist! Wer war der Mann – ein Verbrecher? Ein Meuchelmörder?«
    Isiq stapfte mit finsterer Miene weiter. »Ein gewöhnlicher Landstreicher. Man hätte ihn nicht töten sollen, aber er hat Lady Tascha mit plumpen Annäherungsversuchen belästigt. Unsere Hunde haben ihn gestellt, und die Hauswache hat ihm einen Pfeil in die Brust geschossen. Das ist alles.«
    »Ihre Hauswache wollte nicht mit uns sprechen, Exzellenz. Wird der Vorfall auf Wunsch des Kaisers persönlich so geheim gehalten? Es sind entsprechende Gerüchte im Umlauf.«
    »Natürlich. Wovon sollten Ihre Leser denn sonst leben? Einen schönen Tag noch.«
    Tatsächlich drängten sich viele Schaulustige am Kai, und mit jeder Minute eilten mehr auf den Platz. Hoch oben auf der Chathrand hatte die Besatzung in strammer Haltung Posten bezogen. Die Trompeter spielten ein altes Seemannslied, das Uskins eigens ausgewählt hatte, weil es dreißig Jahre zuvor im Zuckerkrieg populär gewesen war und er schätzte, dass Admiral Isiq zu dieser Zeit seine Laufbahn als Seefahrer begonnen hatte. (Das war zwar so weit richtig, allerdings beschwor die Melodie leider Erinnerungen an Skorbut, Ungeziefer und Fußpilz herauf.)
    Ein roter Teppich glitt die Fahrgastbrücke herab wie die Zunge einer Eidechse. Zunächst schien es, als wollte ihn der Admiral mit dem Fuß beiseite stoßen. Dann stolperte er doch hinauf, und Syrarys schritt hoch erhobenen Hauptes, ein zweideutiges Lächeln

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