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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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mühsam hervor. »Wir brauchen euch beide zum Ankerlichten!«
    Die Worte waren kaum über seine Lippen gekommen, da lockerte sich die Umklammerung. Der Augrong starrte fassungslos auf Pazel. Zweihundert Matrosen starrten fassungslos auf den Augrong. Und in diese Stille hinein lachte Mr. Uskins laut auf.
    »Dann friss ihn doch, du blöde, dreckige Echse! Frix brauchen wir noch, aber Teerjungen gibt es im Dutzend für einen Groschen. Und wenn du diesen ormalischen Zwerg verschlingst, tust du dem Schiff noch einen Gefallen.«
    Uskins hatte allerdings sein Pseudo-Augronga aufgegeben, und auf Arqualisch reagierte das Ungetüm nicht. Dafür hörte es sich Pazels Erklärung an und gab die Nachricht in tiefen Kehllauten (und mit einer wüsten Beleidigung an die Adresse von Mr. Uskins) seinem Gefährten weiter. Das Wesen mit den kurzen Ohren stieß einen Seufzer aus, der wie ein Windstoß klang.
    »Zorn für nichts«, sagte es. »Kampf gegen Rauch.«
    Es ließ die Arme sinken, überall im Hafen und auf der Chathrand nahmen die Männer den Seufzer erleichtert auf. Der Kampf war vorüber.
    Pazel hing jedoch immer noch am Arm des Augrong. Mühsam drehte er sich um und schaute von der Seite über die belebte Uferstraße. Er fand es verwirrend, von so vielen Menschen schweigend beobachtet zu werden. Einzelne Gesichter sprangen ihn an: ein einarmiger Veteran, eine Frau mit einem Korb voller Melonen auf dem Kopf, ein hagerer Mann mit den Muskeln eines Ringers, der zwei riesige blauschwarze Hunde an der Kette hielt.
    Von dieser letzten Gestalt glitt Pazels Blick zu einem markanten älteren Herrn in der Uniform der Kaiserlichen Marine, der sich aus dem Fenster einer Kutsche lehnte. Er hatte einen gepflegten weißen Schnurr- und Backenbart, und seine klaren blauen Augen musterten Pazel aufmerksam. Erst etwas später fiel Pazel auf, dass er noch nie eine so elegante Kutsche gesehen hatte.
    Der ältere Herr zog die Stirn in Falten, streckte den Kopf noch weiter durch das Kutschenfenster und schaute nach oben. Pazel folgte seinem Blick und entdeckte ein Mädchen in seinem Alter, das auf das Dach der Kutsche geklettert war, um besser sehen zu können. Das Mädchen trug Männerkleidung – ein Jaquina-Hemd, enge Kniehosen und einen breiten Ledergürtel. Es war bildhübsch, mit unglaublich dichtem, glattem, bis zur Taille reichendem Goldhaar, hatte aber die kräftigen Arme eines Teerjungen. Außerdem schaute es ihm direkt in die Augen, und das taten Mädchen von vornehmer Abstammung sonst nie. Es lächelte sogar, ein strahlendes Lächeln voller Lebensfreude – oder war es Spott? Pazel erschrak und schlug, von plötzlicher Schüchternheit erfasst, die Augen nieder.
    »Keine Knochen gebrochen«, dröhnte plötzlich der Augrong und setzte Pazel mit einem gewaltigen Plumps auf das Deck. Pazel taumelte, die Welt drehte sich um ihn, und von Kopf bis Fuß tat ihm alles weh. Neeps und Dastu packten ihn an den Armen. Aber der Rest der Besatzung wich vor ihm zurück, als fragten sich die Leute, was wohl als Nächstes aus seinem Mund käme.
    Dann sah Pazel, dass ihn Uskins vom Achterdeck herab wütend anstarrte.
    »Ein Naseweis«, sagte der Erste Maat. »Ein Hanswurst. Weißt du, wie der Kapitän mit Hanswursten zu verfahren pflegt?«
    Es war beängstigend still geworden. Uskins machte den Zeigefinger krumm und winkte Pazel zu sich.
    In diesem Augenblick kam Mr. Frix, Frix der Knallfrosch, die Fahrgastbrücke heraufgestürmt. Er war eben von den Matrosen an Land aus der Bucht gefischt worden, und das Meerwasser lief ihm in Strömen aus Ohren, Hemd und Kniehosen. Er sprang, Wasser versprühend, mit einem Satz an Deck, deutete auf Pazel und stieß einen schallenden Jubelschrei aus.
    »Gerettet!«, rief er. »Der Junge hat mir das Leben gerettet! Der Himmel schütze ihn, oh, der Himmel schütze sein kleines Löwenherzchen! Hurra!« Er hüpfte in seiner eigenen Pfütze herum, der nasse Bart klatschte ihm gegen die Brust, und er schwenkte beide Hände über den Kopf. Dann kletterte er auf ein Rumfass und grölte weiter: »Der Teerjunge ist mein Retter, der Teer-Teer-Jung! Ist das denn nicht ein Wunder? Nun kommt schon, Burschen! Ein dreifaches Hoch auf das kleine Löwenherz! Hipp, hipp …«
    »Runterkommen, Mr. Frix!«
    Die Stimme schlug in den Tumult ein wie eine Kanonenkugel. Sie war unverwechselbar. Sogar die beiden Augrongs drehten die Köpfe. Kapitän Rose kam über den Platz geeilt, so schnell sein lahmes Bein es gestattete. Sein Gesicht glühte vor

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