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Winesburg, Ohio (German Edition)

Winesburg, Ohio (German Edition)

Titel: Winesburg, Ohio (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherwood Anderson
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still da, füllte sein Ich mit dem würzigen Duft, der ihn vor Glück fast trunken machte. «Das gefällt mir», sagte er leise. «Das lässt mich an ferne Dinge denken, an solcherlei Orte und Dinge.»
    Eines Nachts betrank sich Tom Foster. Das geschah unter merkwürdigen Umständen. Er war noch nie betrunken gewesen und hatte sein ganzes Leben lang überhaupt noch nichts Berauschendes getrunken; dies eine Mal aber glaubte er, er müsse sich betrinken, also tat er es.
    Als er noch in Cincinnati lebte, hatte Tom vieles über Hässlichkeit, Verbrechen und Lust erfahren. Ja, er wusste mehr über solche Dinge als jeder andere in Winesburg. Besonders das Thema des Sexuellen hatte sich ihm auf ganz grässliche Weise dargeboten und einen tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen. Nach seinen Begegnungen mit den Frauen, die in kalten Nächten
vor elenden Häusern gestanden hatten, und mit den Blicken in den Augen der Männer, die mit ihnen sprachen, glaubte er, er werde das Sexuelle vollständig aus seinem Leben ausschließen. Eine Frau aus dem Viertel hatte ihn einmal gelockt, und er war mit ihr auf ein Zimmer gegangen. Nie vergaß er den Geruch des Zimmers und auch nicht den gierigen Blick, der in die Augen der Frau trat. Es ekelte ihn an und hinterließ auf ganz schreckliche Weise eine Narbe auf seiner Seele. Davor hatte er Frauen immer für ganz unschuldige Wesen gehalten, so wie seine Großmutter, doch nach diesem einen Erlebnis in dem Zimmer verbannte er Frauen aus seinen Gedanken. So sanft war sein Wesen, dass er nichts hassen konnte, und da er es nicht verstand, beschloss er, es zu vergessen.
    Und Tom vergaß es, bis er nach Winesburg kam. Nachdem er dort zwei Jahre lang gelebt hatte, regte sich etwas in ihm. Allerorten sah er junge Menschen, die sich liebten, und er war ja selbst ein junger Mensch. Bevor er wusste, was geschehen war, hatte auch er sich verliebt. Er verliebte sich in Helen White, die Tochter des Mannes, für den er gearbeitet hatte, und stellte fest, dass er nachts an sie dachte.
    Das war für Tom ein Problem, und er regelte es auf seine Weise. Er gestattete sich jedes Mal, wenn ihm ihre Gestalt in den Sinn kam, an Helen White zu denken, und beschäftigte sich nur mit der Art seiner Gedanken. Er führte einen Kampf, einen stillen, entschlossenen kleinen Kampf darum, dass seine Wünsche in den Bahnen blieben, in die sie seiner Meinung nach gehörten, aber im Ganzen blieb er siegreich.
    Und dann kam die Nacht im Frühling, in der er sich betrank. In jener Nacht war Tom wild. Er war wie ein unschuldiger junger Rehbock im Wald, der von einem Tollkraut gefressen hatte. Die Sache begann, nahm ihren Lauf und wurde in einer Nacht beendet, und Sie können sicher sein, dass niemand in Winesburg unter Toms Ausbruch zu leiden hatte.
    Zunächst einmal war jene Nacht dazu angetan, eine empfindsame Seele trunken zu machen. Die Bäume in den Wohnstraßen der Stadt waren allesamt frisch in weiches, grünes Laub gekleidet, in den Gärten hinter den Häusern werkelten Männer in Gemüsebeeten, und in der Luft lag ein Schweigen, eine gewissermaßen erwartungsvolle Stille, die das Blut stark in Wallung versetzte.
    Tom verließ sein Zimmer in der Duane Street, just als die junge Nacht fühlbar wurde. Erst ging er durch die Straßen, spazierte still und leise dahin und machte sich dabei Gedanken, die er in Worte zu fassen suchte. Er sagte sich, Helen White sei eine Flamme, die in der Luft tanze, und er sei ein kleiner Baum ohne Blätter, der sich scharf vor dem Himmel abhebe. Dann sagte er sich, sie sei ein Wind, ein kräftiger, schrecklicher Wind, der aus dem Dunkel eines stürmischen Meers komme, und er ein Boot, das von einem Fischer am Meeresstrand zurückgelassen worden sei.
    Diese Vorstellung gefiel dem Jungen, und er spielte damit, während er so dahinschlenderte. Er bog in die Main Street und setzte sich vor Wackers Tabakladen an die Straße. Eine Stunde lang blieb er sitzen und hörte Männern zu, wie sie redeten, doch das interessierte ihn
nicht, und so schlich er fort. Dann beschloss er, sich zu betrinken, ging in Willys Saloon und kaufte eine Flasche Whiskey. Er steckte die Flasche in die Tasche und verließ die Stadt, denn er wollte allein sein, um sich weitere Gedanken zu machen und den Whiskey zu trinken.
    Tom betrank sich auf einer Böschung mit frischem Gras an der Straße ungefähr eine Meile nördlich der Stadt. Vor ihm lag eine weiße Straße und hinter ihm ein Apfelgarten in voller Blüte. Er nahm einen

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