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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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ist und blutet, weil er in Amerika ist und weil die
Yankees auf ihn eindreschen. Sie stopfen ihm einen Lappen in den Mund, damit er
still ist, legen ihm Handfesseln an und schleppen ihn zu einem Jeep. Quito
sieht ein Patrouillenfahrzeug und will um Hilfe schreien, aber der Grenzer
dreht ihm den Rücken zu, als ginge ihn das nichts an.
    Das alles erzählt Quito dem Haftrichter, der Keller streng anblickt und
ihn fragt, wo die Verhaftung stattgefunden hat.
    »Der Beschuldigte wurde auf dem Territorium der Vereinigten Staaten
verhaftet, Euer Ehren«, versichert Keller. »Auf amerikanischem Boden.«
    »Der Beschuldigte sagt aus, Sie hätten ihn durch den Zaun gezogen.«
    »Davon ist kein Wort wahr, Euer Ehren«, versichert Keller, während Quitos
Verteidiger vor Empörung in die Höhe springt. » Fuentes hat aus eigenem
Antrieb die Grenze übertreten, um eine illegale Waffe zu kaufen. Dafür können
wir einen Zeugen benennen.«
    »Wäre das Mr. Méndez ?«
    »Ja, Euer Ehren.«
    »Euer Ehren«, protestiert der Verteidiger. »Mr. Méndez hat eindeutig
einen Deal mit -«
    »Es gab keinen Deal«, sagt Keller. »So wahr mir Gott helfe.«
     
    Mit dem Arzt wird es nicht ganz so einfach.
    Doktor Alvarez betreibt eine florierende gynäkologische Praxis in
Guadalajara, und nichts kann ihn in die USA locken oder auch nur in die Nähe
der Grenze. Er weiß, dass die DEA über seine Rolle beim Hidalgo-Mord im Bilde ist, er
weiß, dass Keller hinter ihm her ist, also bleibt er immer schön in
Guadalajara.
    »Die in Mexico City machen schon ein Riesengeschrei wegen Quito Fuentes«,
sagt Tim Taylor zu Keller.
    »Sollen sie
schreien.«
    »Sie haben gut
reden.«
    »Ja,
allerdings.«
    »Und ich sage Ihnen, Keller, Sie können da nicht einfach rein und sich den
Arzt holen, da machen die Mexikaner nicht mit. Und sie liefern ihn auch nicht
aus. Das ist nicht Honduras, das ist nicht der Coyote Canyon. Akte
geschlossen.«
    Vielleicht für
dich, denkt Keller.
    Aber nicht für
mich.
    Nicht bevor die Mörder von Ernie tot oder hinter Gittern sind.
    Und wenn wir nicht dürfen, die Mexikaner nicht wollen, dann muss ich mir
einen suchen, der es kann. Keller fährt nach Tijuana.
    Wo Antonio Ramos ein kleines
Restaurant betreibt.
    Er findet den dicken Ex-Cop vor dem Lokal, die Füße auf dem Tisch, die
Zigarre im Mund und ein kaltes Tecate-Bier in Griffweite.
    »Wenn du ein gutes Chile verde willst, dann ist das hier nicht das
richtige Lokal«, sagt er, als er Keller kommen sieht.
    »Nein, will ich nicht«, sagt Keller und setzt sich. Er bestellt ein Bier
bei der Serviererin, die blitzschnell zur Stelle ist.
    »Was dann?«,
fragt Ramos.
    »Nicht was -
wen«, sagt Keller. »Doktor Humberto Alvarez.« Ramos schüttelt den Kopf. »Ich bin aus dem Rennen.«
    »Ich weiß.«
    »Außerdem haben sie den Geheimdienst zerschlagen«, sagt Ramos. »Einmal im
Leben mache ich das große Ding, und die lassen alles im Sande verlaufen.«
    »Trotzdem. Ich
brauche deine Hilfe.«
    Ramos schwingt die
Beine vom Tisch, beugt sich vor, bis nahe an Kellers Gesicht. »Ich hab dir
geholfen. Schon vergessen? Ich liefere dir den verfluchten Barrera vor die Flinte,
und du drückst nicht ab. Du wolltest keine Rache, du wolltest Gerechtigkeit.
Und hast weder das eine noch das andere bekommen.«
    »Ich habe noch
nicht aufgegeben.«
    »Das solltest du aber«, sagt Ramos. »Weil es keine Gerechtigkeit gibt, und richtige
Vergeltung willst du nicht. Du bist kein Mexikaner. Es gibt nicht viele Dinge,
die wir wichtig nehmen. Aber die Vergeltung gehört dazu.«
    »Sie ist mir wichtig.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    »Sie ist mir hunderttausend Dollar wert.«
    »Du bietest mir hunderttausend Dollar für die Beseitigung von Alvarez?«
    »Nicht für die Beseitigung«, sagt Keller. »Für die Entführung. Hol ihn
dir. Setz ihn in ein Flugzeug, damit ich ihn vor ein US-Gericht stellen kann.«
    »Siehst du, genau das meine ich«, sagt Ramos. »Du bist ein
Weichling. Du willst Vergeltung, aber du traust dich nicht. Und kommst mir mit
deinem Gerede von einem fairen Prozess. Erschießen - und fertig. Ganz
einfach.«
    »Ich will es aber nicht einfach«, sagt Keller. »Ich will, dass er leidet.
So lange wie möglich. Ich will, dass er in irgendeinem Höllenloch von
Bundesknast verfault, und hoffe, dass er ein langes Leben hat. Der Weichling
bist du. Du willst ihm die Qualen ersparen.«
    »Ich weiß nicht...«
    »Ein Weichling, der sich langweilt. Erzähl mir nicht, du hast keine
Langeweile.

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