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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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es war aus mit ihnen.
    Matthäus 2,18
     
     
    Tegucigalpa, Honduras San Diego,
Kalifornien Guadalajara, Mexiko
     
    1992
     
    Keller sitzt auf einer Parkbank in Tegucigalpa. Er schaut dem Mann im
braunen Adidas-Trainingsanzug nach, der soeben sein Haus verlassen hat.
    Ramón Mette hat
sieben solcher Anzüge - einen für jeden Tag. Jeden Tag zieht er einen frischen
an und verlässt seine Villa im Vorort Tegus, um drei Meilen zu joggen,
begleitet von zwei Bodyguards im passenden Outfit, nur dass sich ihre Trainingsanzüge
an ungewöhnlichen Stellen ausbeulen - wegen der Mac- 10 -Maschinenpistolen, mit denen sie seine morgendlichen Runden absichern.
    Mette dreht also jeden Morgen seine Runden, dann duscht er, während ihm
einer der Bodyguards einen Smoothie bereitet. Mangofrüchte, Papayas,
Pampelmusen und, da wir hier in Honduras sind, auch Bananen. Mette geht mit
dem Glas auf den Patio hinaus und schlürft seinen Smoothie, während er die Zeitung liest. Macht
ein paar Anrufe, zieht ein paar Geschäfte durch, dann geht er in sein privates
Fitnessstudio und stemmt Gewichte.
    Das ist sein Programm.
    Nach der Uhr, Tag für Tag.
    Seit Monaten.
    Nur an diesem Morgen ist es anders. Als Mette zurückkommt, schwitzend und
keuchend durch die Tür tritt, die ihm der Bodyguard aufhält, trifft ihn der
Knauf einer Pistole seitlich am Kopf.
    Er geht in die Knie - vor Art Keller.
    Sein Bodyguard bleibt mit erhobenen Händen stehen, denn ein schwarz
gekleideter honduranischer Geheimdienst-Söldner hält ihm eine M16 an die Schläfe. Sehr seltsam, denkt Mette, obwohl ihm der Kopf dröhnt. Das
müssen an die fünfzig Söldner sein. Wo kommen die her? Ich kontrolliere doch den
Geheimdienst.
    Offenbar nicht, denn keiner von denen zuckt auch nur, als Art Keller ihm
das Gebiss eintritt. Keller steht über ihm und sagt: »Das war die letzte Runde,
die du gedreht hast. Ich hoffe, sie hat Spaß gemacht.«
    Anstelle des Smoothie schlürft Mette sein eigenes Blut, während Keller
ihm die berühmte schwarze Kapuze über den Kopf stülpt, sie festschnürt und ihn
im Klammergriff zum Lieferwagen mit den abgedunkelten Scheiben hinausführt.
Und diesmal hat keiner was dagegen, dass sie ihn in eine Air-Force-Maschine
verfrachten, nach Santo Domingo fliegen, in der amerikanischen Botschaft
abliefern, wo er wegen Mordes an Ernie Hidalgo verhaftet und in einer anderen
Maschine nach San Diego gebracht wird, um sofort unter Anklage gestellt und in
einer Einzelzelle des Bundesgefängnisses verstaut zu werden - Kaution ausgeschlossen.
    All das führt zu Aufruhr in den Straßen von Tegucigalpa, wo Tausende
empörte Bürger, aufgestachelt und bezahlt von Mettes Anwälten, die
amerikanische Botschaft niederbrennen - aus Protest gegen den
Yankee-Imperialismus. Sie wollen wissen, woher dieser amerikanische Agent die
Frechheit nimmt, einen der angesehensten Bürger von Tegucigalpa zu entführen -
einfach so.
    Eine Menge Leute in Washington fragen sich das auch. Sie würden auch gern
wissen, woher Art Keller, der in Ungnade gefallene ehemalige Resident des
geschlossenen DEA-Büros in Guadalajara, die Frechheit nimmt, einen
internationalen Zwischenfall zu provozieren. Nicht nur die Frechheit, auch die
Logistik, das Ganze durchzuziehen.
     
    Quito Fuentes ist nur ein kleiner Fisch.
    Das war er auch 1985, als er den gefolterten Ernie Hidalgo vom Stützpunkt in Guadalajara zur
Ranch in Sinaloa karrte. Jetzt wohnt er in Tijuana und macht kleine Drogendeals
mit Amerikanern, die über die Grenze kommen, um sich mit einem kleinen Vorrat
einzudecken.
    Doch auch diese Art von Geschäft nimmt man nicht auf die leichte Schulter.
Es kann immer passieren, dass sich so ein Yankee-Kid für einen echten bandito hält, dir dein Zeug abknöpft und sich in Richtung Grenze entfernt. Nein,
man braucht ein ordentliches Schießeisen, und das Ding, das Quito da hat, taugt
einen Dreck.
    Quito braucht eine neue Kanone.
    Die, entgegen der landläufigen Auffassung, in Mexiko, wo die Polizei das
Waffenmonopol besitzt, nicht so einfach zu kriegen ist. Glücklicherweise wohnt
Quito in Tijuana, hat also Los Estados Unidos, den größten Waffenmarkt der
Welt, direkt vor der Haustür, und er ist ganz Ohr, als ihn Paco Méndez aus Chula Vista anruft und ihm
einen Deal anbietet. Eine saubere Mac -10, die er loswerden will.
    Quito braucht sie nur abzuholen.
    Aber Quito fährt nicht mehr so gern über die Grenze nach Norden.
    Seit der Sache mit Hidalgo, dem Yankee-Cop.
    In Mexiko wird man ihm deshalb

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