Winslow, Don
gezwungen wurden. Verstanden?«
»Si.« Und schon fängt er an zu verhandeln. »Kommen Sie mir in irgendeiner Weise
entgegen, wenn ich kooperiere?«
»Ich lege ein
Wort für Sie ein«, sagt Keller.
Sie setzen ihn an den Küchentisch und geben ihm Stift und Papier. Nach
einer Stunde sind beide Aussagen fertig. Keller liest sie durch, steckt sie
weg. »Jetzt machen wir einen kleinen Ausflug.«
»No, Señor! «, schreit Alvarez. Mit kleinen Ausflügen kennt er sich aus. Gewöhnlich
enden sie in einer Grube.
»In die Vereinigten Staaten«, sagt Keller. »Auf dem Flugplatz wartet eine
Maschine. Sie fliegen doch sicher aus eigenem Entschluss.«
»Ja,
natürlich.«
Und ob er freiwillig fliegt!, denkt Keller. Der Mann hat gerade die
Barreras und Gúero Méndez verraten. Seine Lebenserwartung in Mexiko liegt praktisch bei null.
Keller hofft, dass er im Bundesgefängnis von Marion ein biblisches Alter
erreicht.
Zwei Stunden später sitzt Alvarez gewaschen und frisch eingekleidet in
einem Flugzeug nach El Paso, wo er verhaftet wird, wegen Folterung und
Ermordung von Ernie Hidalgo. Nach der Festnahme wird er nackt fotografiert, von
allen Seiten, zum Beweis, dass er nicht gefoltert wurde.
Und Keller, getreu seinem Versprechen, legt ein gutes Wort für Alvarez ein und spricht sich vor den Bundesanwälten gegen die Todesstrafe aus.
Er will ein Lebenslänglich ohne Anspruch auf Bewährung, ohne einen Funken
Hoffnung.
Die mexikanische Regierung protestiert, ganze Schwärme amerikanischer
Bürgerrechtsanwälte stimmen in den Protest ein, aber Mette und Alvarez
sitzen im Hochsicherheitstrakt von Marion und
warten auf ihre Berufungsverhandlung, Quito Fuentes sitzt in einer Zelle in San
Diego, und niemand legt Art Keller irgendwelche Hindernisse in den Weg.
Die es wollen, können nicht.
Die es können, wollen nicht.
Denn er hat gelogen.
Art Keller hat das Blaue vom Himmel heruntergelogen, als er vor dem
Senatsuntersuchungsausschuss stand, der den Gerüchten nachgehen sollte, dass
die CIA in irgendeiner Weise in die Drogen- und Waffengeschäfte der Contras verwickelt war.
Keller hat den Wortlaut der Befragung im Kopf - wie die Tonspur eines Films,
die er nicht löschen kann.
Frage: Haben Sie jemals von einer Luftfrachtfirma namens SETCO gehört?
Antwort: Flüchtig.
F: Sind Sie
oder waren Sie jemals der Ansicht, dass mit Flugzeugen der SETCO Kokain
transportiert wurde? A: Darüber habe ich keine Kenntnis. F: Kennen Sie den
Ausdruck »Mexikanisches Trampolin«? A: Nein.
F: Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie unter Eid aussagen?
A: Ja.
F: Sagt Ihnen die Abkürzung TIWG etwas?
A: Was ist das?
F: Die Arbeitsgruppe Terrorismus.
A: Nie gehört.
F: Die NSD-Direktive Nr. 3?
A: Nein.
F: Die NHAO?
Kellers Anwalt beugt sich vor und spricht ins Mikrofon: »Sir, mieten Sie
doch lieber ein Boot, wenn Sie im Trüben fischen wollen.«
F: Haben Sie je etwas von der NHAO gehört?
A: Ja, neulich stand was in der Zeitung.
F: Hat die NHAO Druck auf Sie ausgeübt, um Ihre Aussage zu beeinflussen?
»Das lasse ich nicht länger zu!«, ruft Kellers Anwalt.
F: Hat zum Beispiel Colonel Craig Druck auf Sie ausgeübt?
Die Frage erfüllt ihren Zweck. Sie macht die Presse hellhörig.
Colonel Scott Craig hat einem anderen Untersuchungsausschuss das
Sternenbanner in den Arsch gerammt, samt Mast und allem Drum und Dran, als der
versuchte, ihn auf den Deal mit den Iranern festzunageln, den Tausch von Waffen
gegen Geiseln. Im Verlauf der Sache wurde Craig zum amerikanischen
Volkshelden, zum Liebling der Medien, zum Fernsehpatrioten. Die ganze Nation
starrte auf die Iran-Contra-Affäre, einen lächerlichen Nebenkriegsschauplatz,
ohne den eigentlichen Skandal zu bemerken - dass die US-Regierung den Contras bei ihren
Drogengeschäften geholfen hatte: Drogen gegen Waffen. Daher sorgt die Frage, ob
Art Keller von Colonel Craig zum Schweigen gebracht wurde - von dem Mann, den
Keller zuletzt beim Entladen von Kokain in Ipongo gesehen hatte -, für einen
dramatischen Höhepunkt.
»Das ist ungeheuerlich, Sir«, ruft Kellers Anwalt.
F: Ganz Ihrer Meinung. Ist Ihr Klient bereit, die Frage zu beantworten?
A: Ich bin hier, um Ihre Fragen wahrheitsgemäß und korrekt zu beantworten,
und das versuche ich nach besten Kräften. F: Wollen Sie also die Frage
beantworten?
A: Oberst Craig
habe ich nie gesehen, und ich habe nie etwas mit ihm zu tun gehabt.
Die Presse schläft wieder ein.
F: Wie steht es mit dem Wort »Kerberos«, Mr. Keller? Haben
Weitere Kostenlose Bücher