Winslow, Don
gekommen, kurz nach der Heirat von Gúero und Pilar, und
stand mit ein paar Freunden herum, als Gúero aus dem Haus trat, mit Pilar am
Arm. Und Rafi konnte den Mund nicht halten. Gúero habe sich Barreras Hure vor
den Karren gespannt, witzelte er. Und einer seiner braven Kumpels ging zu Gúero
und plauderte. In derselben Nacht noch wurde Rafi aus seinem Gästezimmer
geholt. Der Silberteller, den er dem Paar zur Hochzeit geschenkt hatte, wurde
in seinem Beisein eingeschmolzen, dann steckten sie Rafi einen Trichter in den
Mund, gossen das flüssige Silber hinein. Und Gúero sah zu.
So wurde
Rafis Leiche gefunden - er hing mit dem Kopf nach unten an einem
Telegrafenmast, zwanzig Meilen von der Ranch entfernt, mit weit aufgerissenen
Augen, im Mund ein Silberklumpen. Und keiner wagte ihn abzuschneiden, weder
die Polizei noch seine Angehörigen. Noch Jahre später erzählte der alte Mann,
der dort in der Gegend Ziegen hütete, von dem seltsamen Klang, den die Krähen
erzeugten, wenn sie mit ihren Schnäbeln auf Silber stießen.
Und die
Stelle an der einsamen Straße hieß jetzt »Donde los cuervos son neos« - wo
die Krähen reich sind.
Klar, sagt
sich Fabián, alle haben sie Angst, dich Hure zu
nennen.
Allein der
Gedanke versetzt sie in Panik.
Und, denkt
er, wenn Gúero das mit einem Mann macht, der dich beleidigt hat, was macht er
dann mit einem Mann, der dich verführt? Kurz spürt auch er eine Aufwallung von
Angst, dann verwandelt sie sich in Erregung. Er ist stolz auf seine Kaltblütigkeit,
auf seine Qualitäten als Verführer.
In dem
Moment flüstert sie ihm ins Ohr: »Yo quiero
rabiar. «
Ich will
brennen.
Ich will
rasen.
Ich will
toben.
Adán schreit seinen Orgasmus heraus.
Er sinkt
auf Noras weiche Brüste, sie umklammert ihn fest mit den Armen und liefert ihm
rhythmische Kontraktionen.
»Mein
Gott«, keucht er.
Nora
lächelt.
»Bist du
gekommen?«, fragt er. »Und wie!«, lügt sie.
Sie will
ihm nicht erzählen, dass sie bei einem Mann nie etwas empfindet, dass sie sich
später, wenn sie allein ist, mit den Fingern befriedigen wird. Es wäre
sinnlos, ihm das zu erzählen, und sie will seine Gefühle nicht verletzen. Sie
mag ihn wirklich, empfindet eine Art Zuneigung für ihn, und einem Mann, den
man mag, erzählt man so etwas nicht.
Seit ihrer
Begegnung in Guadalajara treffen sie sich regelmäßig. Meistens, so wie heute,
in einem Hotelzimmer in Tijuana, was ihr die Anfahrt von San Diego erleichtert
und offenbar auch ihm angenehm ist. Einmal in der Woche etwa verschwindet er
aus einem seiner Restaurants und trifft sich mit ihr im Hotel. Es ist die
vielbeschworene »Liebe am Nachmittag« - am Abend ist er wieder zu Hause.
Das hat er
von Anfang an klargemacht.
»Ich liebe
meine Frau.«
Den Satz
hat sie tausendmal gehört. Alle lieben sie ihre Frau. Und meistens stimmt es
auch. Was sie wollen, ist Sex, nicht Liebe.
»Ich will
ihr nicht weh tun«, hat Adán gesagt,
als würde er seine Geschäftsgrundlage erläutern. Was ja auch den Tatsachen
entspricht. »Ich will sie in keiner Weise kränken oder demütigen. Sie ist ein
wundervoller Mensch. Ich werde sie oder meine Tochter niemals verlassen.«
»Gut«, hat
Nora gesagt.
Sie sind
beide Geschäftsleute und kommen schnell zu einer Vereinbarung, ohne emotionales
Getue. Sie will auch kein Bargeld sehen. Er richtet ein Konto für sie ein und
überweist ihr jeden Monat eine gewisse Summe. Er bestimmt Datum und Uhrzeit
der Treffen, und sie wird da sein, unter der Bedingung, dass sie eine Woche
vorher Bescheid bekommt. Wenn er sie öfter als einmal in der Woche sehen will,
ist das okay, aber sie muss es vorher wissen.
Jeden
Monat werden ihm diskret die Ergebnisse ihres Gesundheitstests ins Büro
geschickt, und er tut dasselbe für sie, damit sie auf das lästige Kondom
verzichten können.
Und noch
etwas, worüber sie sich einigen: Padre Juan darf
nichts erfahren.
Auf
verrückte Weise haben beide das Gefühl, als würden sie ihn betrügen.
»Weiß er,
wovon du lebst?«, hat er sie gefragt.
»Ja.«
»Und
findet er das okay?«
»Wir sind
und bleiben Freunde«, hat Nora darauf geantwortet. »Weiß er denn, wovon du lebst?«
»Ich bin
Restaurantbesitzer.«
»Aha.«
Sie hat es
damals nicht geglaubt, und jetzt, nach ein paar Monaten, glaubt sie es erst
recht nicht. Sein Name hatte sie gleich an etwas erinnert, an eine Nacht, die
fast zehn Jahre zurücklag, an die Nacht im Weißen Haus, als Jimmy Piccone sie
auf so brutale Art in ihren Beruf
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