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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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wirst.«
    »Das ist
alles?«, fragt Fabián.
    Er hat an
etwas anderes gedacht, an Einsätze, die ihm den süßen Adrenalin-Kick des
Tötens bringen. Und tatsächlich, es ist nicht alles.
     
    Pilars
große Liebe sind ihre Kinder.
    Sie ist
eine junge Madonna, ihre Tochter ist erst drei Jahre alt, ihr Sohn noch
kleiner, ihre Schönheit ist gereift, ihre Augen haben an Charakter gewonnen.
Sie sitzt am Rand des Pools und lässt die Füße im Wasser baumeln.
    »Die
Kinder sind mein Ein und Alles«, sagt sie zu Fabián
Martínez - und fügt leise hinzu: »Mein Mann nicht.«
    Fabián findet Gúeros Anwesen
total geschmacklos.
    »Das ist
der Geschmack der Drogenbarone«, bestätigt ihm Pilar und macht sich nicht die
Mühe, ihre Verachtung zu verbergen. »Ich würde es gern anders haben, aber er
hat so seine Vorstellungen ...«
    Ein narcovaquero, denkt Fabián.
    Ein
Drogencowboy.
    Statt
seinen bäuerlichen Wurzeln zu entfliehen, prahlt er mit ihnen. Macht aus sich
die groteske Kopie eines reichen Landbesitzers, wie es sie früher mal gab -
und eines vaquero, eines mexikanischen
Cowboys mit Stiefeln, ledernden Überhosen und Sombrero. Doch die neuen narcos stellen die Tradition auf den
Kopf: schwarze Cowboyhemden aus Polyester, Perlmuttknöpfe aus Plastik,
Überhosen aus Polyester in schrillen Farben - lindgrün, kanariengelb,
korallenrot. Und hochhackige Stiefel. Keine praktischen Laufstiefel, sondern
spitze Yankee-Cowboystiefel aus Straußenleder, Krokodilleder und anderen
exotischen Materialien, rot oder grün gefärbt.
    Die alten vaqueros hätten sich kaputtgelacht.
    Oder sich
im Grabe umgedreht.
    Und das
Haus...
    Das ist
Pilar nun echt peinlich.
    Nicht der
klassische Estancia-Stil, ebenerdig, mit Ziegeldach und hübscher Veranda -
sondern eine Monstrosität in drei Etagen, mit gelben Ziegeln, Säulen und
schmiedeeisernen Gittern. Und im Inneren gar! Ledersessel mit Seitenlehnen aus
Rinderhörnern und mit Hufen anstelle der Beine. Sofas aus roten und weißen
Rinderhäuten, Barhocker mit Sätteln anstelle der Polster.
    »Was
könnte er mit all dem Geld anfangen ...«, seufzt Pilar.
    Apropos
Geld. Fabián hat einen
ganzen Koffer dabei. Nachschub für Gúero Méndez, für seinen Krieg gegen den guten Geschmack. Fabián ist jetzt der Kurier, denn für die Barrera-Brüder ist dieser Job zu
gefährlich geworden, seit das mit Miguel Angel passiert ist.
    Sie müssen
sich bedeckt halten.
    Also
bringt jetzt Fabián jeden
Monat das Geld und berichtet von der Front.
    Auf der
Ranch findet eine Wochenendparty statt. Pilar spielt die charmante Gastgeberin,
und Fabián stellt mit Erstaunen fest, dass
sie wirklich charmant ist - aufreizend charmant und klug. Beim abendlichen
Dinner mit vielen Gästen sieht er ihr Gesicht im Kerzenschimmer und ist
hingerissen.
    Sie schaut zu ihm hinüber und
fängt seinen Blick auf. Wie ein junger Filmstar sieht er aus.
    Es dauert
nicht lange, da geht er mit ihr am Pool spazieren, und sie gesteht ihm, dass
sie ihren Mann nicht liebt.
    Er weiß
nicht, was er dazu sagen soll, also hält er den Mund. Und ist überrascht,, als
sie weiterspricht. »Ich war so jung. Er auch. Und er sah richtig gut aus. Er
wollte mich vor Don Angel retten, und das hat er getan. Wollte eine große Lady
aus mir machen. Auch das hat er getan. Eine unglückliche große Lady.«
    »Wieso unglücklich?«, fragt Fabián.
    Was für eine dumme Frage.
    »Ich liebe
ihn nicht«, sagt sie. »Ist das nicht furchtbar von mir? Ich bin ein furchtbarer
Mensch. Er hat keine anderen Frauen, geht nicht zu den Huren ... ich bin seine
große Liebe - und habe deshalb Schuldgefühle. Gúero trägt mich auf Händen, und
ich verachte ihn dafür. Wenn er zu mir kommt, fühle ich nichts ... gar nichts.
Und mache eine Liste der Dinge, die ich an ihm hasse. Er ist unsensibel, hat
keinen Geschmack, ist ein Bauer, ein Hinterwäldler. Ich hasse diese Ranch. Ich will zurück nach Guadalajara, wo
es die richtigen Restaurants gibt, die richtigen Geschäfte. Ich will ins
Museum, ins Konzert, ich will reisen. Rom, Paris, Rio. Und mich nicht mehr
langweilen, mit mir und mit diesem Mann.«
    Sie blickt
hinüber zu den Gästen, die sich um die große Bar versammelt haben. »Die denken
alle, ich bin eine Hure.«
    »Das tun
sie nicht.«
    »Natürlich
tun sie das«, sagt sie unbewegt. »Aber keiner hat den Mut, es laut zu sagen.«
    Logisch,
denkt Fabián - sie
kennen alle die Geschichte von Rafael Barragos.
    Nur Pilar kennt sie nicht. Oder?
    »Rafi« war
zu einer Grillparty

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