Winslow, Don
ihre Schenkel, ihre im Wasser baumelnden Füße, ihre Figur
unter dem Badeanzug. Und stellt sich vor, wie er die Hand unter diesen
Badeanzug schiebt, ihre Brüste berührt, ihre Spalte streichelt, wie er sie
stöhnen hört, in sie eindringt und ...
Hat sie
wirklich rabiar gesagt?
Spanisch ist eine subtile Sprache, jedes Wort kann die verschiedensten
Bedeutungen annehmen. Rabiar kann dürsten bedeuten, brennen, sich verzehren, toben, wüten, verrückt werden ... und all
das hat sie gemeint - glaubt er. Es kann sich auch ganz speziell auf Sado-Maso
beziehen - hat sie vielleicht auch angedeutet, dass sie gefesselt werden will,
ausgepeitscht, brutal gefickt? Jetzt gehen seine Phantasien mit ihm durch.
Phantasien, die er im Zusammenhang mit Frauen nie hatte. Er malt sich aus, wie
er sie mit Seidenschals ans Bett fesselt, ihr den süßen Arsch versohlt, ihr die
Peitsche zu kosten gibt. Er stellt sich vor, wie er sie von hinten fickt, wie
sie schreit, er soll sie bei den Haaren packen. Wie er dicke Strähnen von ihren
schwarzen, glänzenden Haaren packt und sie zügelt wie ein Pferd, bis sich ihr
langer Hals durchbiegt und sie brüllt vor Schmerz und Lust.
»Yo quiero rabiar. «
Ay, Dios mío!
Beim
nächsten Besuch von Rancho Méndez (endlose Wochen später) bleibt ihm fast die Luft weg, als er
aus dem Auto steigt. In seiner Brust ballt sich etwas zusammen, er fühlt sich
schwindlig - und auch schuldig. Fragt sich, als ihn Gúero mit einer Umarmung
begrüßt, ob ihm dieses irrsinnige Verlangen nach Gúeros Frau nicht anzusehen ist.
Und mit
Sicherheit ist es ihm anzusehen, als sie aus der Haustür tritt und ihn
anlächelt. Sie hält das Baby und hat den anderen Arm um das kleine Mädchen
gelegt, zu dem sie jetzt sagt: »Sieh mal, Claudia, Onkel Fabián ist da.«
Onkel Fabián ist es ein wenig peinlich.
Als hätte
sie gesagt: Sieh mal, Claudia, Onkel Fabián will deine
Mama vögeln. Und wie er das will! An diesem Abend küsst er sie.
Gúero, der
Trottel, lässt die beiden allein im Wohnzimmer sitzen, weil er telefonieren
muss, sie stehen am Kamin, er riecht ihren Mimosenduft, und sein Herz ist kurz
vorm Explodieren. Da begegnen sich ihre Blicke, und sie küssen sich.
Ihre
Lippen sind unglaublich weich.
Wie
überreife Pfirsiche.
Ihm wird
schwindlig.
Der Kuss
endet, und sie lösen sich voneinander.
Verzaubert.
Und
verängstigt.
Er entfernt sich von ihr, geht in
die andere Ecke. »Ich wollte nicht, dass es passiert«, sagt sie. »Ich auch
nicht.« Aber er hat es gewollt. Es läuft alles nach Plan.
Den Plan
hat er von Raúl, aber er
ist sicher, dass er von Adán stammt.
Oder von Miguel Angel Barrera persönlich.
Und Fabián führt ihn aus.
Bald also
tauschen sie verstohlene Küsse, heimliche Umarmungen, berühren sich wie
zufällig, wechseln Blicke. Es ist ein irrsinnig gefährliches Spiel, irrsinnig
aufregend. Das Spiel mit dem Sex, das Spiel mit dem Tod. Denn Gúero bringt sie
beide um, wenn er dahinterkommt.
»Ich
glaube nicht«, sagt Pilar zu Fabián. »Dich
bringt er sicher um. Bei mir wird er ein großes Geschrei machen, dann wird er
mir verzeihen.«
Sie sagt
es fast traurig.
Sie will
keine Vergebung. Sie will brennen.
Trotzdem
sagt sie: »Zwischen uns kann nie etwas passieren.«
Fabián stimmt ihr zu. Doch er denkt das Gegenteil. Es kann. Und es wird. Das
ist mein Job, mein Auftrag, mein Befehl. Verführe Gúeros Frau. Hol sie
von ihm weg.
Er fängt
mit den drei Zauberworten an. Was wäre, wenn?
Das sind
die mächtigsten Worte, egal in welcher Sprache.
Was wäre,
wenn wir uns schon vorher irgendwo treffen? Was wäre, wenn wir frei wären? Was
wäre, wenn wir zusammen reisen könnten - Paris, Rio, Rom? Was wäre, wenn wir
fliehen würden? Was wäre, wenn wir genug Geld mitnehmen würden, um ein neues
Leben anzufangen?
Wie
Kinder, die sich in ein Spiel hineinsteigern (Was wäre, wenn diese Steine aus
Gold wären?), fangen sie an, sich ihre Flucht in allen Einzelheiten auszumalen
- wann es passieren soll, was sie mitnehmen wollen. Wie sie wegkommen, ohne
dass Gúero etwas merkt. Wie sie die Wachen überlisten. Wo sie sich treffen. Was
mit den Kindern wird. Dass sie die Kinder nicht zurücklassen wird. Dass sie
das niemals tun könnte.
All diese
Phantasien werden in kurzen Gesprächsfetzen ausgetauscht, wenn Gúero gerade
nicht hinhört - im Geiste ist sie ihm schon untreu geworden. Im Schlafzimmer,
wenn sie unter ihm liegt, denkt sie an Fabián. Gúero ist
stolz auf sich, wenn sie ihren Orgasmus
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