Winslow, Don
Frühjahrsferien sind,
drängen sich hier die College-Kids und geben noch mehr (saubere) Dollars aus.
Aber heute
sind fast nur Mexikaner da, genauer gesagt Freunde und Geschäftspartner der
Barrera-Brüder, um mit ihnen zu feiern. Ein paar amerikanische Touristen haben
sich hierher verirrt, auch eine Handvoll Europäer, aber dagegen ist nichts zu
sagen. Heute werden hier keine Geschäfte durchgezogen und auch sonst nicht -
überhaupt gilt das ungeschriebene Gesetz, dass die legalen Geschäftsfelder in
den Seebädern für alle Drogengeschäfte tabu sind. Keine Drogendeals, keine
Konferenzen und vor allem keine Gewalt. Der Tourismus ist der größte Devisenbringer
des Landes, gleich nach dem Drogenhandel, also wird niemand so dumm sein, die
Amerikaner, Briten, Deutschen und Japaner zu vergraulen, die hier in Mazatlán, Puerto Vallarta, Cabo San Lucas
und Cozumel mit Dollars, Pfunden, Mark und Yen um sich werfen.
Alle
Kartelle betreiben ihre eigenen Nachtclubs, Restaurants, Discos und Hotels in
diesen Badeorten, also haben sie Interessen zu wahren, und die wären schlecht
gewahrt, wenn ein Tourist von einer verirrten Kugel getroffen würde. Niemand
ist hier an blutigen Schießereien interessiert, an Leichen, die in den Straßen
liegen. Also haben die Kartelle und die Regierung eine sehr vernünftige
Übereinkunft getroffen, und die lautet: Tragt eure Fehden woanders aus. Hier
wird so viel Geld gemacht, dass ihr dabei nur stört.
Ihr dürft
euch hier austoben, aber immer schön friedlich bleiben.
Und sie
toben sich wirklich aus, denkt Adán, der Fabián
Martínez gerade mit drei, vier deutschen Blondinen tanzen sieht.
Es ist
auch verdammt anstrengend, das Geschäft im Griff zu behalten. Den unablässigen
Kreislauf. Der Ware, die nach Norden fließt, des Geldes, das nach Süden
fließt. Da sind die ständigen Absprachen mit den Orejuelas, dann der Kokaintransport von Kolumbien nach Mexiko, dann die immer
neue Herausforderung, es über die Grenze in die USA zu schmuggeln, in Crack umzuwandeln und an die Dealer zu verkaufen, das Geld einzusammeln,
nach Mexiko zu schaffen und zu waschen.
Manches
von dem Geld geht fürs Feiern drauf, aber eine Menge wird zum Schmieren
gebraucht.
Silber
oder Blei. Plata o plomo.
Einer von
den Barrera-Leuten geht mit einer Tasche voll Geld zum örtlichen Comandante der Polizei oder Armee und stellt ihn mit einfachen Worten vor die
Wahl: »Plata o plomo?«
Mehr ist
nicht nötig. Die Bedeutung ist klar - du wirst reich, oder du stirbst. Die
Entscheidung liegt bei dir.
Wenn sie
sich für den Reichtum entscheiden, geht die Sache an Adán. Entscheiden sie sich für den Tod, geht die Sache an Raúl.
Die
meisten entscheiden sich für den Reichtum.
Nicht nur
das, denkt Adán, diese
Kerle planen das Geld regelrecht ein. Schließlich mussten sie sich auch bei
ihren Vorgesetzten einkaufen, oder sie zahlen einen monatlichen Anteil von ihrer mordida. Das ist
wie ein Franchise-Unternehmen. Burger King, Taco Bell, McBribes. Das schnelle Geld. Geld für nichts. Nur wegschauen,
zufällig woanders sein, nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, und der
monatliche Geldsegen kommt - pünktlich und steuerfrei.
Und der
Krieg, denkt Adán, während er
den Tanzenden im blauen Flackerlicht zuschaut, bringt den Staatsdienern weitere
Vorteile. Méndez bezahlt
seine Polizisten, damit sie unsere Transporte hochgehen lassen, wir bezahlen
unsere Polizisten, damit sie Gúeros Transporte
hochgehen lassen. Das ist ein guter Deal für alle, bis auf den, der seine Ware
verliert. Sagen wir, die Polizei von Baja beschlagnahmt
Kokain von Méndez im Wert
von einer Million Dollar. Wir zahlen ihnen hunderttausend Dollar »Finderlohn«,
sie werden in der Presse als Helden gefeiert und stehen bei den Yankees als
gute Jungs da, und nach einer Anstandspause verkaufen sie uns das Zeug, das
eine Million wert ist, für fünfhunderttausend Dollar.
Eine echte
Win-Win-Situation.
Und das
ist nur das, was in Mexiko läuft.
Auch die
US-Zöllner müssen dafür bezahlt werden, dass sie wegschauen, wenn Autos voller
Coke oder Gras oder Heroin ihren Kontrollpunkt passieren - dreißigtausend
kostet das pro Ladung, egal was drinsteckt, und trotzdem gibt es keine
Garantie, dass der Transport durchkommt, selbst wenn man Wohnungen direkt an
den Kontrollpunkten kauft und dort einen Mann mit Feldstecher und mit
Funkkontakt zu den Fahrern hinsetzt, damit sie zu den »richtigen«
Warteschlangen dirigiert werden können. Da die Zöllner oft und
Weitere Kostenlose Bücher