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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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überraschend
ausgewechselt und die Funkfrequenzen abgehört werden, muss man damit rechnen,
dass von den zwölf Autos, die man über den Grenzübergang San Ysidro oder Otay Mesa schickt, nur acht oder neun durchkommen.
    Geschmiert
werden müssen auch die Cops in San Diego, San Francisco, San Bernardino und so
weiter. Genauso die Bundespolizei, die Sheriffs. Dann die Beamten und
Schreibkräfte in der DEA, die einem
stecken können, welche Ermittlungen gerade laufen und welche Technik eingesetzt
wird. Manchmal, aber sehr selten, kriegt man auch einen DEA-Agenten auf die
Gehaltsliste, aber die sind äußerst dünn gesät, denn zwischen der DEA und den mexikanischen Kartellen herrscht so etwas wie eine Blutfehde, immer noch - wegen der Sache mit Ernie Hidalgo.
    Dafür
sorgt Art Keller.
    Und das
ist gut so, denkt Adán. Denn
während mich Kellers Racheeifer kurzfristig Geld kosten mag, ist er auf lange
Sicht ein Geldbringer. Das ist etwas, was die Yankees einfach nicht sehen oder
kapieren - dass sie den Preis hochtreiben und uns reich machen. Ohne diese
Vollidioten könnte jeder Trottel Drogen in die USA schmuggeln. Mit einem alten
Laster oder einem lecken Kahn. Doch dann würde der Preis so tief sinken, dass
er die Mühe nicht mehr wert wäre. Aber so, wie die Dinge stehen, kostet es
Millionen, die Ware zu bewegen, und folglich sind die Preise astronomisch. Die
Amerikaner kaufen Drogen, die buchstäblich auf den Bäumen wachsen, und
verwandeln sie in wertvolles Kapital. Ohne sie wären Kokain und Marihuana nicht
teurer als Orangen, und statt Millionen mit Schmuggel zu verdienen, müsste ich
mich für ein paar Cents als Arbeitssklave auf den kalifornischen Feldern
verdingen.
    Und der
eigentliche Witz an der Sache: Sogar Art Keller ist eine Ware für mich, denn
ich verdiene Millionen damit, dass ich meinen freien Partnern, die ihre Ware
über meine Schmuggelrouten transportieren wollen, Schutzmaßnahmen verkaufe,
dass ich ihnen Tausende von Dollars abknöpfe für den Schutz durch die von uns
gekauften Polizisten, Soldaten, Zöllner, Küstenwachen, für Überwachungs- und
Kommunikationstechnik ... Das ist etwas, was den mexikanischen Polizisten
gefällt, den amerikanischen aber nicht. Wir sind Partner, mein lieber Art
Keller, wir ziehen an einem Strang.
    Wir sind
Kombattanten im Drogenkrieg.
    Wir
brauchen einander, sonst würden wir gar nicht existieren.
    Adán beobachtet zwei nordisch aussehende Mädchen, die sich an den
Wasserfall stellen und ihre T-Shirts nass machen, damit ihre Brüste sichtbar
werden - für alle und jeden. Und Bewunderer haben sie die Menge. Die
Disco-Musik hämmert, es wird hektisch getanzt und hektisch getrunken. Heute ist
Totentag, die meisten hier sind alte Freunde aus Culiacán oder Badiraguato, und wer ein Narco aus
Sinaloa ist, hat vieler Toter zu gedenken.
    So manches
Gespenst tanzt auf dieser Party.
    Dieser
Krieg fordert seinen Tribut.
    Aber,
denkt Adán, bald ist
er vorbei, dann konzentrieren wir uns wieder aufs Geschäft.
    Er kann es
kaum erwarten, denn er hat das Drogengeschäft neu erfunden.
    Von jeher
sind die mexikanischen Kartelle gebaut wie Pyramiden. Wie bei der
sizilianischen Mafia gibt es den Boss, dann die Capos, dann die Soldaten, und
jede Ebene »liefert« an die nächsthöhere. Die Unteren verdienen kaum etwas,
wenn sie nicht noch eine Ebene unter sich aufbauen können, die an sie liefern
muss. Und jeder, der kein Volltrottel ist, kennt das Problem einer solchen
Pyramide. Wer oben ist, sahnt ab, wer unten ist, guckt in die Röhre. Wenn die
Pyramide überhaupt etwas bewirkt, so Adán, dann den
Wunsch, auszusteigen und eine eigene Pyramide zu starten.
    Außerdem
ist die Pyramide viel zu anfällig für Polizeimaßnahmen. Man muss sich nur
ansehen, denkt Adán, was mit
der amerikanischen Mafia passiert ist. Schon ein kleiner Zuträger, ein unzufriedener
Soldat am unteren Ende kann der Polizei die ganze Struktur der Pyramide zu
Füßen legen. Alle Bosse der fünf New Yorker Familien sitzen jetzt im Gefängnis,
und ihre Familien sind unausweichlich dem Untergang geweiht.
    Daher hat Adán die Pyramide durch eine horizontale Struktur ersetzt. Sagen wir, fast
horizontal. Seine neue Organisation hat nur zwei Ebenen: oben die
Barrera-Brüder, unten alle anderen.
    Aber auf
derselben Ebene.
    »Wir
wollen Unternehmer, keine Angestellten«, hat Adán zu Raúl gesagt.
»Angestellte kosten, Unternehmer verdienen.«
    Mit der
neuen Struktur haben sie sich einen großen Pool aus hochmotivierten,

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