Winslow, Don
reich
belohnten, eigenständigen Geschäftsleuten geschaffen, die zwölf Prozent ihres
Gewinns an die Barreras abführen, und das mit Kusshand. Es gibt nur eine obere
Ebene, an die sie liefern müssen, sie ziehen ihr eigenes Geschäft durch, auf
eigenes Risiko, und kassieren ihr eigenes Geld.
Und Adán achtet darauf, dass es sich für sie lohnt. Auf dieses Prinzip hat er
sein Baja-Kartell aufgebaut: Er duldet nicht nur, dass seine Leute ihre eigenen
Geschäfte aufziehen, nein, er ermutigt sie sogar dazu, indem er ihre »Steuern«
auf zwölf Prozent senkt, ihnen günstig verzinstes Startkapital zur Verfügung
stellt, ihnen finanzielle Dienstleistungen anbietet - zum Beispiel Geldwäsche
- und als Gegenleistung nichts weiter fordert als Treue zum Kartell.
»Zwölf
Prozent von vielen«, hat er Raúl erklärt,
als er ihm die drastische Steuersenkung vorschlug, »ist mehr als dreißig
Prozent von wenigen.« Vorbild war ihm Reagans Steuer-Revolution. Sie konnten
mehr Geld kassieren, wenn sie die Steuern senkten, statt sie anzuheben, weil
gesenkte Steuern mehr Unternehmer befähigen, ins Geschäft einzusteigen, mehr
Geld zu machen und mehr Steuern zu zahlen.
Raúl ist der Meinung, dass der Krieg gegen Méndez mit Blei zu gewinnen ist und nicht mit einem neuen Geschäftsmodell,
und wenn man die Dinge so eng sieht wie er, hat er recht. Aber Adán setzt lieber auf die Macht der Ökonomie. Man kann Coke mit dreißig
Prozent Gewinn verkaufen oder Pepsi mit zwanzig Prozent. Jeder hat die Wahl.
Und die Wahl ist einfach. Man verkauft Pepsi und verdient viel Geld, oder man
verkauft Coke und verdient wenig Geld - bis man von Raúl erschossen wird. Und plötzlich wollen alle nur noch Pepsi verkaufen.
Man muss schon ein Trottel sein, wenn man das bleierne Coke über die silberne
Pepsi stellt.
Silber
oder Blei.
Das Yin und Yang des neuen Baja-Kartells.
Hast du
mit Adán zu tun, bedeutet das Silber, hast
du mit Raúl zu tun,
bedeutet das Blei. Ein Geschäftsprinzip, bei dem Gúero Méndez den Kürzeren zog. Er war einfach zu schwerfällig, um mitzuziehen, und
als er sich besann, konnte er seine Preise nicht mehr senken, denn die
Baja-Region wurde von den Barreras beherrscht, und er musste dreißig Prozent
Aufschlag bezahlen, um seine Ware über Sonora oder den
Golf in die USA zu schmuggeln.
Nein, das
musste auch Raúl eingestehen,
der Zwölf-Prozent-Deal war kein Fehler, sondern ein genialer Schachzug.
Und genau
das Richtige für Fabián Martínez und seine
jungen Freunde.
Die Regeln
sind einfach.
Du meldest
den Barreras, wenn du Ware durchbringen willst (Kokain, Marihuana oder Heroin),
wie viel Kilo es sind und wie hoch der vereinbarte Verkaufspreis ist - meist
zwischen 14000 und 16000 Dollar pro Kilo Kokain - und an welchem Tag du die
Ware beim amerikanischen Abnehmer abliefern willst. Danach hast du
achtundvierzig Stunden Zeit, den Barreras zwölf Prozent des vereinbarten
Verkaufspreises zu zahlen. (Der vereinbarte Preis ist nur eine Basisgarantie -
wenn du für weniger verkaufst, musst du trotzdem den Anteil für den
vereinbarten Preis bezahlen, wenn du einen höheren Preis bekommst, schuldest
du den Barreras auch einen höheren Anteil.) Wenn du es nicht schaffst, binnen
zwei Tagen mit dem Geld rüberzukommen, solltest du schleunigst mit Adán reden und eine Vereinbarung treffen, oder du kriegst es mit Raúl zu tun, und ... Silber oder Blei.
Für die
zwölf Prozent bekommst du nur die Erlaubnis, deine Ware durch das Hoheitsgebiet
der Barreras zu transportieren. Wenn du gute Beziehungen zur Polizei, zu den
Federales oder zur Armee aufbaust, um den Transport abzusichern, ist das deine
Sache. Fliegt der Transport auf, musst du aber trotzdem deine zwölf Prozent
zahlen. Wenn du willst, übernehmen die Barreras die Absicherung für dich, aber
das kostet extra - den Preis des Schmiergelds plus Verhandlungsgebühr. Dafür
ist deine Ware auf der mexikanischen Seite sicher. Wird sie beschlagnahmt,
entschädigen dich die Barreras mit dem gesamten Kaufpreis, den du bezahlt hast.
Handelt es sich um Kokain, zahlen sie dir also den Preis, den du mit dem
Orejuela-Kartell in Cali ausgehandelt
hast, nicht den Preis, den du in den USA erzielen wolltest. Und wenn du das
Sicherheitspaket der Barreras kaufst, garantieren sie hundertprozentig für deine
Lieferung in ihrem Hoheitsgebiet - bis zur Grenze. Kein anderer Drogenschieber
wird sie dir abjagen, kein Bandit wird versuchen, sie zu entführen. Dafür
sorgen Raúl und seine Sicarios - man
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