Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
Vom Netzwerk:
waren
wir.
    Folglich
haben alle erwartet, dass es so
kam. Jeder in Mexiko, der sich in der Drogenszene auskennt. Méndez und sein »Blutiger September«. Die Polizei hat kaum zur Aufklärung
der Morde beigetragen. »Nichts anderes war zu erwarten«, lautet die landläufige
Meinung. »Sie haben seine Frau und seine Kinder umgebracht.« Und nicht nur
umgebracht, sie haben ihm auch den Kopf seiner Frau geschickt und ein Video
davon, wie seine Kinder von der Brücke stürzen. Das war zu viel. Selbst für
mexikanische Verhältnisse, selbst für die narcotraficantes. Seitdem sind die Barreras in
Verruf geraten. Und wenn Méndez jetzt
Vergeltung übt, indem er Mitglieder der Barrera-Familie umbringt, dann war das
gar nicht anders zu erwarten.
    Adán hat also einen anstrengenden Tag. Früh am Morgen zu den Gräbern in
Mexico City, dann mit dem Flugzeug nach Guadalajara, um auch dort seinen
Pflichten nachzukommen, anschlie ßend hierher nach Puerto Vallaría, wo sein Bruder Raúl - typisch
für ihn - eine Party steigen lässt.
    »Nun lach
doch mal«, ruft ihm Raúl zu, als er
den Club betritt. »Heute ist Totentag!«
    Klar, sie
haben Schläge einstecken müssen. Aber sie haben auch ausgeteilt.
    »Vielleicht
sollten wir denen auch was ans Grab bringen«, sagt Adán.
    »Dann
wären wir pleite«, erwidert Raúl, »wenn wir
alle füttern müssten, die wir zum Teufel gejagt haben. Sollen sich ihre
Familien drum kümmern.«
    Die
Barreras gegen den Rest der Welt.
    Cali gegen Medellin.
    Hätte Adán den Deal mit den Orejuela-Brüdern nicht hingekriegt, würden er und Raúl jetzt Blumen und Essen ans Grab gebracht kriegen. Aber dank dem
beständigen Nachschub aus Cali haben sie
genug Geld und Leute, um den Krieg durchzustehen. Die Schlacht um die
Hoheitsgebiete war blutig, aber kurz. Raúl hat die
Dealer vor eine eindeutige Wahl gestellt: Wollt ihr Coca-Cola oder Pepsi
verkaufen? Ihr müsst euch entscheiden, beides geht nicht. Coke oder Pepsi, Ford
oder Chevy, Hertz oder Avis. Entweder oder.
    Alejandro Casares zum Beispiel, Immobilieninvestor und Dealer in San Diego, hat sich für
Coke entschieden, hat Gúero Méndez die Treue
gehalten. Er wurde in seinem Auto gefunden, tot, an einem Feldweg bei San
Ysidro. Und Billy Brennan, ein anderer Dealer aus San Diego, lag mit einer
Kugel im Kopf in einem Motelzimmer von Pacific Beach.
    Die
amerikanischen Cops wunderten sich sehr, warum man beiden eine Pepsi-Dose in
den Mund gestopft hatte.
    Natürlich
schlug Méndez zurück.
Eric Mendoza und Salvador Marechal votierten
beide für Pepsi - ihre verkohlten Leichen wurden in ihren rauchenden Autowracks
gefunden, auf einem herrenlosen Grundstück in Chula
Vista. Die Barreras zahlten mit gleicher Münze, und für ein paar
Wochen wurde Chula Vista zum
Sammelpunkt für brennende Autos mit verkohlten Leichen.
    Doch die
Barreras gaben damit zu verstehen: Das ist unser Hoheitsgebiet. Gúero versucht,
es von Culiacán aus zu
kontrollieren, aber wir sind hier. Wir sind vor Ort. Wir brauchen nur die Hand
auszustrecken, um einen Treffer zu landen - in Baja oder in San Diego. Und wenn Gúero so stark ist, warum schlägt er uns
nicht auf seinem eigenen Territorium, in Tijuana? Die Antwort ist leicht, meine
Freunde - weil er es nicht kann. Er hockt in seinem Haus in Culiacán, und wenn ihr euch für ihn entscheidet, bitte schön. Er ist dort, und
wir sind hier.
    Gúeros Untätigkeit ist ein Zeichen der Schwäche, denn die Wahrheit ist, ihm
schwimmen die Felle weg. Zwar hat er Sinaloa fest im Griff, aber Sinaloa, das Land,
aus dem sie alle kommen, ist von der Welt abgeschnitten. Ohne Zugriff auf sein
verlorenes Hoheitsgebiet muss Gúero an el Verde zahlen, damit er seine Ware
über Sonora transportieren kann, oder an
Abrego, damit er die Golfregion nutzen kann, und man darf darauf wetten, dass
ihm die beiden alten Blutsauger für jedes Gramm Kokain einen kräftigen Anteil
abzwacken.
    Nein, Gúero
ist so gut wie erledigt, und wenn er die Verwandten von Adán und Raúl abschlachtet,
dann ist das wie das Zappeln des Fisches im Netz.
    Heute ist
Totentag, Adán und Raúl sind noch am Leben, und das muss gefeiert werden.
    Genau das
tun sie in ihrer neuen Disco in Puerto Vallarta.
     
    Gúero Méndez pilgert heute zum Friedhof Jardines del Valle in Culiacán, zu einem anonymen Mausoleum mit Marmorsäulen, Basreliefs und einer mit
Fresken verzierten Kuppel. Zwei kleine Engelchen. In den Särgen liegen seine
Frau und seine Kinder. Ihre Farbfotos hängen verschlossen

Weitere Kostenlose Bücher