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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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Parada. »Aber wenn das
hier irgendwelche Beweise sind, warum kommen Sie damit zu mir? Warum gehen Sie
nicht zum Justizminister oder -«
    »Seine Stimme ist auf diesen Tonbändern.«
    Nun, das ist ein Grund, denkt Parada.
    Cerro beugt sich zu
ihm hinüber und flüstert. »Der Justizminister, der Innenminister, der
Vorsitzende der PRI, der Präsident. Wir alle stecken mit drin.«
    Allmächtiger, denkt Parada.
    Was ist auf diesen Bändern?
    Als er Cerro verabschiedet hat, nimmt er sich den Koffer vor.
    Raucht eine Zigarette nach der anderen, hört Bänder ab, stöbert in
Dokumenten, Sitzungsprotokollen, Cerros Notizen. Namen, Daten, Orte. Beweise für fünfzehn
Jahre Korruption. Nein, nicht nur Korruption. Das wäre der traurige Normalfall
- das hier ist schlimmer. Mehr als schlimm - es gibt keine Worte dafür.
    Auf den allereinfachsten Nenner gebracht: Sie haben Mexiko an die narcotraficantes verkauft.
    Er hätte es nicht für möglich gehalten, doch er hört es mit eigenen Ohren,
auf dem Mitschnitt eines Banketts zur Wahlkampffinanzierung für den
gegenwärtigen Präsidenten - 25 Millionen Dollar Spenden. Beweise für die Ermordung der Wahlleiter, für
den Wahlbetrug selbst. Die Stimmen des Präsidentenbruders und des
Justizministers, während sie ihre Verbrechen planen. Und die Aufforderung an
die Narcos, für alles aufzukommen, für die Beseitigung der Gegner zu sorgen, den
amerikanischen Agenten Hidalgo zu foltern und verschwinden zu lassen.
    Und was verbirgt sich hinter Operation Kerberos? Eine Verschwörung mit
dem Ziel, Drogengelder in die Finanzierung der nicaraguanischen Contras fließen zu
lassen?
    Oder Operation Red Cloud? Rechtsradikale Mordkommandos, die von den
kolumbianischen und mexikanischen Drogenkartellen und sogar von der
mexikanischen Regierungspartei PRI finanziert werden?
    Kein Wunder, dass Cerro die Hölle fürchtet. Er hat selbst geholfen, sie
herbeizuführen.
    Und jetzt verstehe ich auch, warum er mir die Dokumente übergeben hat. Der
Präsident, sein Bruder, der Innenminister, Miguel Ángel Barrera, García Abrego, Gúero Méndez, Adán
Barrera, hohe Offiziere aller Sparten,
Parteiführer - es gibt in Mexiko niemanden, der bereit oder fähig wäre,
Konsequenzen zu ziehen.
    Also kommt er damit zu mir. Damit ich es weitergebe.
    Aber an wen?
    Als er eine neue Zigarette anzündet, stellt er zu seiner Überraschung
fest, dass ihm das Rauchen zuwider ist. Der ekelhafte Geschmack im Mund. Er
geht hinauf ins Bad, putzt sich die Zähne, dann duscht er so heiß, dass es weh
tut, und während ihm das Wasser in den Nacken prasselt, überlegt er, ob es klug
ist, diese Sachen an Arthur Keller zu übergeben.
    Er hat die Verbindung zu dem Amerikaner aufrechterhalten, der jetzt leider
in Mexiko unerwünscht ist, und der Mann ist immer noch heiß entschlossen, die
Drogenkartelle zu Fall zu bringen. Aber überleg's dir genau, sagt er sich. Ist
Keller wirklich der richtige Mann angesichts der schockierenden Tatsache, dass
die CIA mit den Barreras gemeinsame Sache macht, um die Contras zu finanzieren?
Hat Keller die Macht, dagegen vorzugehen, oder wird das von der gegenwärtigen
US-Regierung verhindert? Oder von jeder US-Regierung, da sie ja alle auf die NAFTA schwören?
    NAFTA, denkt Parada. Der Abgrund, auf
den wir zumarschieren, im Gleichschritt mit den Amerikanern. Aber es gibt eine
Hoffnung. Die Präsidentschaftswahlen stehen bevor, und der neue Kandidat der
PRI - der zwangläufig gewinnen wird - scheint ein guter Mann zu sein. Luis
Donaldo Colosio kommt aus dem linken Flügel, er hört auf die Stimme der
Vernunft. Parada hat schon mit ihm gesprochen, der Mann ist sympathisch.
    Und wenn das Beweismaterial, das mir Cerro überbracht hat,
geeignet ist, die Dinosaurier der PRI zu entmachten, könnte Colosio die Chance
bekommen, seine ehrlichen Anliegen zu verwirklichen. Soll ich ihm das Material geben?
    Nein, denkt Parada. Colosio darf sich nicht offen gegen seine Partei stellen - das würde ihn
die Nominierung kosten.
    Also wer?, fragt sich Parada, während er sich einseift und mit der Rasur beginnt.
Wer besitzt die Unabhängigkeit, die Macht, die moralische Autorität, um
öffentlich zu enthüllen, dass sich die gesamte Regierung eines Landes von den
Drogenkartellen kaufen ließ? Wer?
    Und plötzlich weiß er es.
    Es gibt nur einen, der dafür in Frage kommt.
    Er wartet bis zum frühen Vormittag, dann ruft er Antonucci an und erklärt
ihm, er habe wichtige Informationen für den Papst.
     
    Opus Dei wurde

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