Winslow, Don
das unser letztes Aufgebot? Ist das alles, was das
Barrera-Kartell mit all seinem Geld, mit all seinem Einfluss auf die Beine
stellen kann? Einen Haufen minderjähriger Hobbyganoven aus San Diego?
Die sind doch ein einziger Witz, die tragen T-Shirts mit Aufschriften wie Flaco, Dreamer, Poptop oder - so wahr
mir Gott helfe - Scooby Doo. Fabián hat sie direkt
aus dem Barrio geholt, angeblich sind das eiskalte Killer, die sich ihre Lorbeeren schon
verdient haben.
Kann ja sein, denkt Callan. Aber es macht einen gewaltigen Unterschied, ob du
mal kurz auf der Hasch-Party einer feindlichen Gang aufkreuzt oder ob du es
mit einer Crew von Berufskillern aufnimmst.
Die pissen sich doch in die Hosen vor Panik und knallen sich gegenseitig
ab, die schießen auf alles, was auch nur zuckt. Nein, Callan kann es nicht
fassen: Was soll dieser Kinderkreuzzug? Was zum Teufel hat sich Raúl dabei gedacht?
Das gibt ein gewaltiges Schlamassel, er kann nur hoffen, dass a) Méndez dadurch
aufgescheucht wird und zur Strecke gebracht werden kann, b) dass er das
erledigen kann, bevor er sich eine verirrte Kugel einfängt.
Dann fällt ihm ein, dass er selbst erst siebzehn war, damals in Hell's
Kitchen, als er Eddie Friel erledigte. Klar, aber das war was anderes. Du warst
anders. Diese Kids sehen mir nicht aus wie Killer.
Also will er Raúl am liebsten fragen: »Bist du besoffen? Hast du nicht mehr alle Tassen im
Schrank? Aber er entscheidet sich für eine praktische Frage.
»Woher wissen wir überhaupt«, fragt Callan, »dass Méndez in Guadalajara ist?«
Weil ihn Parada darum gebeten hat.
Weil Adán Parada darum gebeten hat, Méndez darum zu bitten.
»Ich möchte Schluss machen mit der Gewalt«, erzählt er seinem alten
Pfarrer.
»Dann hören Sie einfach auf«, erwidert Parada.
»Das ist eben nicht so einfach«, sagt Adán. »Deshalb
brauche ich Ihre Hilfe.«
»Meine Hilfe? Was soll ich denn tun?«
»Zwischen uns und Gúero Frieden stiften.«
Adán weiß, dass er Paradas Schwachpunkt
getroffen hat - dieser Bitte kann kein Geistlicher widerstehen.
Obwohl er nun eine schwierige Wahl treffen muss. Er ist kein Trottel, er
weiß, dass er am Ende den Drogenkartellen dient, wenn es ihm wider jede
Erwartung gelingt, eine Versöhnung herbeizuführen. So gesehen würde er -
entgegen seinem Gelübde - dazu beitragen, das Böse zu verewigen. Andererseits
hat er auch gelobt, das Böse zu besänftigen, und eine Einigung zwischen den
beiden Kartellen könnte Gott weiß wie viele Morde verhindern. Und wenn er
gezwungen ist, zwischen dem Übel des Drogenhandels und dem Übel des Tötens
abzuwägen, bleibt ihm keine andere Wahl, als auf Adáns Bitte
einzugehen. »Sie wollen also mit Gúero reden?«
»Ja«, sagt Adán. »Aber wo? Gúero kommt nicht nach Tijuana, und ich fahre nicht nach Culiacán. «
»Würden Sie nach Guadalajara kommen?«
»Wenn Sie für meine Sicherheit garantieren können.«
»Würden Sie dann für Gúeros Sicherheit garantieren?«
»Ja«, sagt Adán. »Aber nur, solange er für meine Sicherheit garantiert.«
»Das war nicht meine Frage«, sagt Parada ungeduldig. »Meine Frage war, ob Sie mir
versprechen können, dass Sie ihm nicht das Geringste antun.«
»Ich schwöre es. Bei meiner Seele.«
»Ihre Seele, Adán, ist schwärzer als die Hölle.«
»Immer eins nach dem anderen, Padre. «
Parada versteht die
Botschaft. Ein einziger Lichtstrahl, der ins Dunkel dringt, kann vielleicht
irgendwann die ganze Seele erleuchten. Wenn ich nicht daran glauben würde,
denkt er, wäre es aus mit mir. Wie kann ich mich also verweigern, wenn mich dieser
Mann, der so viele Menschen auf dem Gewissen hat, um einen Lichtstrahl bittet?
»Ich werde es versuchen, Adán«, sagt er. Aber leicht wird es nicht, denkt
er beim Auflegen des Hörers. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was ich über
die Fehde zwischen den beiden Kartellen gehört habe, ist es so gut wie
aussichtslos, Gúero zu einem Friedensschluss mit den Barreras zu bewegen. Doch
es könnte auch sein, dass er all des Mordens müde ist.
Es kostet ihn drei volle Tage, überhaupt zu Méndez durchzudringen.
Er telefoniert mit alten Bekannten in Culiacán und streut die Nachricht aus, dass er mit Gúero
reden will. Drei Tage später ruft Gúero bei ihm an.
Parada hält sich nicht
mit Vorreden auf: »Adán Barrera will Frieden mit Ihnen schließen.«
»Ich bin nicht an Frieden interessiert.«
»Das sollten Sie aber.«
»Er hat meine Frau und meine Kinder ermordet.«
»Dann
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