Winslow, Don
bessere abgelöst wird, können vielleicht auch Konservative und
Befreiungstheologen aufeinander zugehen. Wege der Zusammenarbeit suchen, für
eine gerechtere Welt und den Segen Gottes.
Er zündet eine Zigarette an und macht sie gleich wieder aus.
Ich sollte lieber aufhören, denkt er. Und sei's nur, um Nora eine Freude
zu machen. Genau der richtige Tag. Ein Tag des Neubeginns.
Er wählt eine schwarze Soutane und legt ein großes Kreuz an. Gerade genug,
um Antonucci gnädig zu stimmen, aber nicht so zeremoniell, dass Antonucci auf
die Idee kommen könnte, er sei zu den Konservativen umgeschwenkt.
Entgegenkommend, aber nicht servil, denkt er, zufrieden mit seiner Wahl.
Gott, wie gut täte mir jetzt eine Zigarette! Er hat richtig Lampenfieber
wegen seiner heutigen Begegnungen. Antonucci muss über die ungeheuerlichen
Enthüllungen Cerros informiert werden, dann muss er auch noch zwischen Adán und Gúero
vermitteln. Wie schaffe ich es, Frieden zu stiften? Frieden zwischen einem
Mann, dessen Familie ermordet wurde, und einem, der, Gerüchten zufolge, der
Mörder seiner Familie ist?
Vertrau nur auf Gott. Er wird dir die rechten Worte eingeben.
Aber eine Zigarette wäre jetzt doch angebracht.
Nein, kommt nicht in Frage.
Und ein paar Pfunde muss ich auch abwerfen.
In einem Monat fährt er zur Bischofskonferenz nach Santa Fe, dort will er
Nora treffen. Das wird ein Spaß, denkt er, ihr als schlanker Nichtraucher
entgegenzutreten. Na gut, vielleicht nicht schlank, aber ein bisschen
schlanker.
Ein paar Stunden widmet er sich seiner Büroarbeit, dann sagt er dem Fahrer
Bescheid und holt den Aktenkoffer mit Cerros Dokumenten aus dem Safe.
Es wird Zeit, zum Flughafen zu fahren.
In Tijuana
bereitet Padre Rivera eine Taufe vor. Legt die Soutane an, segnet das Weihwasser und füllt
sorgfältig die Papiere aus. Als Letztes trägt er die Taufpaten ein. Adán und Lucía Barrera.
Als die Eltern mit dem Täufling kommen, tut Rivera etwas
Ungewöhnliches.
Er schließt die Kirchentür.
Vorm
Flughafengebäude steht die Kindercrew von Raúl Barrera.
Beladen mit Einkaufstüten, als hätten sie es darauf abgesehen, die ganze
Mall leerzukaufen. Raúl hat ein bisschen Geld verteilt, um sie über die abgeblasene Jagd mit
Abschussprämie hinwegzutrösten. Und sie haben getan, was Kinder eben tun, wenn
sie Geld in der Tasche haben.
Sie haben es ausgegeben.
Callan sieht den Trupp
und schüttelt den Kopf.
Flaco trägt ein Fußballtrikot
von Chivas Rayadas del Guadalajara, das Preisschild baumelt noch am Kragen. Außerdem
hat er zwei Paar Nikes erstanden, einen neuen Nintendo Gameboy und ein halbes
Dutzend Spiele dazu.
Dreamer hat alles in Klamotten angelegt. Drei neue Basecaps, eine über die
andere gestülpt, thronen auf seinem Kopf, gekauft hat er auch eine
Wildlederjacke und einen Anzug - seinen ersten -, den er ordentlich
zusammengefaltet in einer Kleidertasche trägt.
Scooby Doo war die ganze Zeit im Spiele-Center. Dieser Klebstoffschnüffler,
denkt Callan, hatte doch schon vorher einen glasigen Blick, und jetzt ist es noch
schlimmer, weil er zwei geschlagene Stunden lang Tomb Raider, Mortal Kombat und Assassin 3 gespielt hat
und seitdem an einem riesigen Slurpee nuckelt.
Poptop ist besoffen. Während die anderen shoppen waren, hat er sich ein
Bier nach dem anderen reingeschüttet, und als sie ihn endlich fanden, war es zu
spät. Zu dritt mussten sie ihn in den Van schleifen, der sie zum Flughafen
brachte, und unterwegs wurde dreimal gehalten, damit er sich ordentlich
auskotzen konnte.
Und jetzt findet dieser Hosenscheißer sein Flugticket nicht, sie müssen
seinen Rucksack durchwühlen, in der Hoffnung, dass er es irgendwo verkramt hat.
Na toll, denkt Callan. Wenn wir Gúero Méndez weismachen wollten, dass wir eine lahme Truppe sind, haben wir ganze Arbeit
geleistet.
Da haben wir also einen Haufen Kids mit Bergen von Gepäck und
Einkaufsbeuteln. Die hängen hier vor dem Terminal ab, und Raúl versucht,
Ordnung in die Bande zu bringen, während Adán mit seinen Leute anrückt. Das Ganze sieht aus wie
das chaotische Ende einer Klassenfahrt. Die Kids lachen und blöken sich gegenseitig
an, Raúl verhandelt mit dem Bodenpersonal, ob sie gleich hier am Außenschalter
einchecken können oder ob sie ihr ganzes Gepäck in die Halle schleppen müssen.
Dreamer trottet los, um nach Gepäckkarren zu suchen, und brüllt Flaco zu, er soll mitkommen,
und Flaco brüllt Poptop an: »Wo hast du dein Ticket, du Blödmann!«, worauf
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