Winslow, Don
Antonucci von Paradas Fahrer zum Flughafen zurückgebracht, und Parada bleibt im Hotel
- um die Friedensverhandlungen zwischen Méndez und Adán zu leiten.
Adán weiß das schon
länger, aber es hat keinen Sinn, Raúl früher als nötig zu informieren.
Aus gutem Grund hat er sich mit seinen Leuten von Raúl separiert und
seinen eigenen Schlupfwinkel eingerichtet. Jetzt geht er in den Keller, wo er
sein Killerkommando untergebracht hat. Diese Sicarios hat er in den
letzten Tagen einfliegen lassen, aus verschiedenen Richtungen, er hat sie
unauffällig vom Flughafen abgeholt und im Keller einquartiert. Die Mahlzeiten
werden in kleinen Stückzahlen bei verschiedenen Restaurants bestellt oder oben
in der Küche zubereitet. Keiner darf das Haus verlassen. Alles läuft äußerst
professionell. Ein Dutzend Uniformen der Provinzpolizei von Jalisco liegen ordentlich
aufgestapelt auf den Tischen. Schusswesten und Sturmgewehre sind einsatzbereit.
»Der Ablauf wie besprochen«, sagt Adán zu Fabián. »Sind deine Leute bereit?«
»Ja.«
»Jetzt darf
nichts schiefgehen.«
»Keine Sorge.«
Adán nickt und
überreicht ihm ein Handy, von dem er weiß, dass es abgehört wird. Fabián tippt eine
Nummer ein, sagt: »Es geht los. Seid dreizehn fünfundvierzig vor Ort« und
schaltet es aus.
Gúero empfängt die Nachricht zehn Minuten später. Den Anruf von Parada hat er schon
erhalten, jetzt auch die Bestätigung, dass ihnen Adáns Leute am
Flughafen auflauern werden.
»Ich denke, wir fahren ein bisschen früher los«, sagt Gúero zu seinen Sicarios.
Die Abfänger abfangen.
Bei Raúl klingelt das
sichere Handy - Adán gibt ihm Bescheid. Raúl geht hinunter in den Schlafraum und weckt die
schlafenden Jungs.
»Alles abgeblasen«, verkündet er. »Morgen geht's zurück nach Hause.«
Die Jungs sind sauer, enttäuscht, der süße Traum von coolen fünfzigtausend
Dollars geht den Bach runter. Warum denn?, wollen sie wissen.
»Keine Ahnung«, sagt Raúl. »Ich glaube, er hat rausgekriegt, dass wir ihm auf
den Fersen sind, und ist zurück nach Culiacán. Regt euch nicht auf, das nächste Mal klappt's
dann.«
Raúl muss sie ein
bisschen aufmuntern. »Wisst ihr was? Wir fahren früher los und machen einen
Abstecher zur Mall.«
Ein kleiner Trost, aber wenigstens etwas. Die Mall im Zentrum von
Guadalajara gehört zu den größten der Welt. Schon fangen sie an, sich zu
erzählen, was sie dort kaufen wollen.
Raúl geht mit Fabián nach oben.
»Du weißt, was du zu tun hast?«
»Klar.«
»Und hast du
den Nerv?«
»Klar hab ich
den.«
Oben geht Raúl zu Callan ins Zimmer.
»Morgen fliegen wir zurück nach Tijuana«, sagt er.
Callan atmet auf. Die
ganze Sache war sowieso verkorkst, von Anfang an.
Raúl gibt ihm die
Flugtickets. »Gúero will uns heute am Flughafen abfangen«, sagt er wie
nebenbei. »Wie meinst du das?«
»Er denkt, wir wollen Frieden mit ihm schließen«, sagt Raúl. »Er denkt,
unsere Mannschaft besteht aus einem Haufen Kids, und er kann uns einfach niedermähen.«
»Da denkt er richtig.«
Raúl schüttelt den
Kopf und grinst triumphierend. »Wir haben dich, und wir eine ganze Killer-Crew
in Uniformen der Provinzpolizei.«
Na gut, denkt Callan. Das beantwortet wenigstens die Frage, was die Barreras mit den Kids
vorhatten. Die dienten nur als Köder.
Und du auch.
»Halt die Augen offen und das Pulver trocken«, ermahnt ihn Raúl.
Das braucht er mir nicht zu sagen, denkt Callan. Die meisten
Toten, die er kennt, sind deshalb tot, weil sie das nicht beherzigt haben. Sie
sind leichtsinnig geworden, oder sie haben den falschen Leuten vertraut.
Callan wird nicht
leichtsinnig.
Und er vertraut keinem.
Parada vertraut allein auf Gott.
Er steht früher auf als sonst, geht hinüber zur Kathedrale und liest die
Messe. Vorm Altar kniend bittet er Gott um Beistand, um die Weisheit, an diesem
besonderen Tag das Rechte zu tun. Und beendet sein Gebet mit »Dein Wille
geschehe«.
Wieder in der Residenz, rasiert er sich noch einmal und wählt seine Kluft
- mit besonderer Sorgfalt. Denn schon sein Auftritt enthält eine Botschaft für
Antonucci. Und Parada möchte die richtige Botschaft aussenden.
Seltsamerweise ist in ihm eine Hoffnung aufgekeimt, die Hoffnung auf eine
Versöhnung mit der Kirche. Warum auch nicht? Wenn Adán und Gúero
Frieden schließen können, dann können es auch Antonucci und Parada. Es ist lange
her, dass er so viel lebendige Hoffnung verspürt hat. Wenn diese Regierung
durch eine
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