Winslow, Don
M16 zu Boden.
Jetzt schießen auch die zwei Offiziere, direkt durch die Frontscheibe. Raúl sitzt hinten,
ballert an den Ohren seiner zwei Vordermänner vorbei, er schießt und brüllt,
was das Zeug hält, denn wenn das sein Abgang wird, soll es ein stilvoller
werden. Noch viele Jahre lang sollen die narcocorridos seinen heroischen Abgang besingen.
Nur dass es keiner wird.
Gúero hat den knallroten Suburban gesehen, nicht aber den Ford Aerostar
und den VW Jetta, die ihm mit einigem Abstand folgten, und jetzt kommen diese
zwei ebenfalls gestohlenen Fahrzeuge angebraust und blockieren die Federales.
Dem Aerostar entsteigt Fabián
Martínez, und er durchsiebt einen von den
Federales, der unter seinem schwarzen Suburban Deckung sucht, mit der
Kalaschnikow. Dessen Kollege, der begreift, dass sie in der Klemme sitzen,
will seine Haut retten, indem er dem verletzten, um sein Leben flehenden
Polizisten den Gnadenschuss verpasst - ihm zwischen den erhobenen Händen
hindurch mitten ins Gesicht schießt - und dann Fabián erwartungsvoll
anschaut.
Fabián erledigt ihn
mit zwei Kopfschüssen.
Feiglinge kann er nicht gebrauchen.
Callan zerrt Raúl zurück auf den
Sitz und brüllt: »Nichts wie weg!«
Er öffnet die Tür und rollt sich heraus, schießt unter dem Auto durch,
auf alles, was schwarze Hosenbeine hat, während Raúl über ihn
hinwegsteigt, dann schießen sie sich den Weg frei, Richtung Boulevard.
Was für ein Schlamassel, denkt Callan.
Aus allen Himmelsrichtungen kommt Polizeiverstärkung, motorisiert und zu
Fuß. Federales, Provinzpolizei, lokale Polizei, und keiner weiß, wer gegen wen
kämpft, es ist der reinste Affenzirkus.
Keiner weiß, auf wen er schießen soll, und keiner will getroffen werden.
Fabians Leute haben zumindest ein klares Ziel, sie schießen auf die Federales,
die den Ärger verursacht haben. Aber das sind harte Jungs, sie schießen zurück,
die Kugeln schwirren in alle Richtungen, dann steht da noch ein Volltrottel mit
seiner Sony-Kamera, filmt das Ganze und überlebt nur dank der Gnade, die
Idioten und Besoffenen zuteilwird, doch eine Menge Leute müssen sterben.
Drei Federales sind tot, drei verwundet. Zwei Barrera-Leute und ein
Provinzpolizist haben ihren Geist aufgegeben, zwei weitere wälzen sich in
ihrem Blut, dann sind da noch sieben Unbeteiligte, die ebenfalls etwas
abbekommen haben. Und inmitten dieser Szenerie der surreale Anblick eines
Bischofs, der zufällig in der Nähe war und nun den Toten die Sakramente erteilt
und den Verletzten geistlichen Beistand gewährt. Inmitten der Rettungswagen,
Polizeifahrzeuge und Übertragungswagen. Es sind alle da, nur Schneewittchen und
die sieben Zwerge fehlen.
Doch dem Clown ist das Lachen vergangen.
Es ist ihm förmlich aus dem Gesicht geschossen worden, seine rote Nase ist
von Löchern zernarbt, seine Augen haben neue Pupillen bekommen, so dass er
jetzt schielt.
Gúero ist verschwunden - die Schießerei hat er auf dem Boden seines
Suburban abgewartet, um sich dann unbemerkt davonzuschleichen.
Aber eine Menge Leute sehen Raúl. Schulter an Schulter mit Callan tritt er den
Rückzug an, ballert aus seiner Kalaschnikow, während Callan präzise
Doppelschüsse aus seiner 22er abgibt.
Callan sieht, wie Fabián in den Aerostar
springt und ihnen rückwärts fahrend entgegenkommt - mit zerschossenen Reifen.
Die blanken Felgen schlagen Funken auf dem Pflaster, als er neben ihnen hält
und »Einsteigen« brüllt.
Warum nicht, denkt Callan. Er ist noch nicht richtig drin, da gibt Fabián Gas, rast
weiter rückwärts und' kracht gegen einen weiteren Suburban, der die Kreuzung
blockiert. Er ist voll besetzt mit Zivilpolizisten, die Mi6-Sturmgewehre im
Anschlag.
Callan ist
erleichtert, als Raúl die Kalaschnikow fallen lässt und lächelnd die Hände hebt.
Währenddessen treffen Ramos und seine Jungs am Ort des Geschehens ein, um
aufzuräumen, doch zu spät, die Gesuchten sind längst verschwunden. Die ganze
Straße wimmelt wie ein Ameisenhaufen, alles schreit durcheinander, und Ramos hört heraus,
dass die Polizei einen Barrera verhaftet hat.
Sicher Adán.
Nein, Raúl.
Scheißegal, denkt Ramos. Wichtig ist, welche Polizeieinheit ihn verhaftet
hat und wohin sie ihn gebracht haben. Wenn es die Federales waren, haben sie
ihn wahrscheinlich schon erschossen, wenn es die Provinzpolizei war, haben sie
ihn in Sicherheit gebracht, doch wenn es die städtische Polizei war, hat Ramos vielleicht
noch die Chance, einen Barrera-Bruder zu
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