Winslow, Don
erinnert, die ganze Geschichte überhaupt erst
angefangen hat.
Als er von dem schwarzen Notizbuch aufblickt, sieht er, wie ihm der
grinsende fette Spaghetti da unten ein Stück Pizza entgegenstreckt.
»Hey!«, brüllt O-Bop.
»Schmeckt gut!«, brüllt Peaches zurück.
»Die haben unsere Pizza«, sagt O-Bop zu Callan.
»Na und?«
»Ich hab aber Hunger!«, jammert O-Bop.
»Dann geh doch runter und hol sie dir«, sagt Callan.
»Das könnte ich glatt.«
»Nimm ein
Schießeisen mit.«
»Scheiße!«
Callan hört, wie die
Jungs auf der Straße über sie lachen. Doch im Unterschied zu O-Bop macht es ihm
nichts aus. O-Bop erträgt es nicht, ausgelacht zu werden, und fängt sofort
Krach an. Das war schon immer das Problem bei ihm. Callan kann es einfach
wegstecken.
»Stevie?«
»Was?«
»Wie, sagtest
du, hieß der Typ da unten?«
»Welcher?«
»Der Typ, der
uns umlegen soll.«
»Jimmy Peaches.«
»Der steht hier
drin.«
»Was du nicht sagst.« O-Bop dreht sich vom Fenster weg. »Mit wie viel?«
»Hunderttausend.«
Sie wechseln
einen Blick und fangen an zu lachen. »Callan«, sagt O-Bop, »jetzt kriegt die
Sache eine ganz neue Wendung.«
Denn Peaches Piccone schuldet Matty Sheehan hunderttausend Dollar. Und
das ist nur die Grundsumme. Die Zinsen dürften schneller wachsen als der
Gestank beim Müllarbeiterstreik. Das heißt, Piccone steckt ganz schön in der
Scheiße - bis zum Stehkragen. Was eigentlich eine schlechte Nachricht ist, denn
um so mehr Grund hat er, Matt Sheehan einen richtig großen Gefallen zu tun,
doch jetzt haben Callan und O-Bop das Notizbuch.
Und damit haben
sie einen Hebel in der Hand.
Sie müssen nur
lange genug leben, um ihn anzusetzen.
Draußen wird es
gerade dunkel, und das sehr schnell.
»Hast du
irgendeine Idee?«, fragt O-Bop.
»Ja, hab ich.«
Es ist einer dieser aussichtslosen Versuche, aber Scheiße, was haben sie
schon zu verlieren?
O-Bop geht mit der Milchflasche auf die Feuertreppe raus.
Brüllt runter. »Hey ihr Spaghetti-Idioten!«
Die blicken von ihrem Continental hoch.
Während O-Bop den Lappen anzündet, der in der Milchflasche steckt, »guten
Appetit!« brüllt und die Flasche mit lässiger Geste in Richtung Lincoln wirft.
»Was zum Teufel -«
Der Ausruf kommt von Peaches, der das Fenster runterlässt und sieht, wie
diese Irrsinnsfackel direkt auf ihn zugeflogen kommt, also beeilt er sich, aus
dem Wagen zu kommen, und er schafft es gerade noch rechtzeitig, denn O-Bop hat
gut gezielt, die Flasche zerkracht auf dem Wagendach und setzt den Lincoln im
Flammen.
»Der war neu, du Drecksau!«, brüllt Peaches zur Feuertreppe hoch.
Und ist richtig sauer, weil er nicht losballern kann, denn sofort sammeln
sich Zuschauer, jetzt heulen auch schon die Sirenen, es kann sich nur um
Minuten handeln, bis die ganze Straße voll von irischen Bullen und irischen
Feuerwehrleuten ist, die löschen wollen, was dann noch vom Lincoln übrig ist.
Irische Bullen und irische Feuerwehrleute und etwa fünfzehntausend
bekloppte Transen von der Ninth Avenue, die jetzt Peaches umtanzen und schreien und
kreischen und ihren Zirkus machen. Er schickt Little Peaches zur Telefonzelle
an der Ecke, einen neuen Wagen anfordern, und als Little Peaches weg ist, spürt
er plötzlich einen metallischen Gegenstand an seiner linken Niere, und jemand
flüstert: »Mr. Piccone, drehen Sie sich bitte um. Aber ganz langsam.«
Es klingt irgendwie respektvoll, was Peaches sehr zu schätzen weiß.
Er dreht sich um und sieht sich mit einem irischen Milchbart konfrontiert
- nicht mit dem roten Brillo-Pad, der die Flasche geworfen hat, sondern mit
einem großen Dunklen, der sein Schießeisen in einer braunen Tüte versteckt und
ihm etwas unter die Nase hält.
Was zum Teufel ist das?, fragt sich Peaches.
Dann erkennt er es.
Matty Sheehans schwarzes Notizbuch.
»Wir sollten miteinander reden«, sagt der Milchbart.
»Ja, das sollten wir«, erwidert Peaches.
Also stehen sie jetzt im Keller von Paddy Hoyles Schmuddelrestaurant,
drüben in der Twelfth Avenue, und man könnte das, was hier läuft, als
Mexikanisches Patt bezeichnen, nur dass weit und breit keine Mexikaner zu sehen
sind.
Es ist eher eine Art italo-irische Begegnung, und die sieht so aus, dass
Callan und O-Bop buchstäblich mit dem Rücken an der Wand stehen. Callan wie ein
Desperado, in jeder Hand eine Pistole, O-Bop mit seiner Flinte, die er in
Hüfthöhe hält. Und ihnen gegenüber, an der Tür, die zwei Piccone-Brüder. Die
Italiener
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