Winslow, Don
»Freizeitbeschäftigung« trägt sie
»Blowjobs« ein. Bevor sie es wegradiert, zeigt sie es Elizabeth, und beide
lachen.
Und wehe, die Limousine steuert irgendeine Fastfood-Bude an. Nora hat das
Aussehen und die Figur, um in besseren Lokalen Eindruck zu machen - im Las Brisas, im Inn von Laguna, im El Adobe.
Willst du Nora, dann musst du ihr ein gutes Lokal, guten Wein, guten Stoff
bieten.
Jerry the Doof hat immer gutes Kokain dabei.
Er will, dass sie mit ihm nach Cabo fährt.
Und wie er das will! Er ist vierundvierzig, dealt mit Kokain und hat schon
bessere Tage gesehen, sie ist sechzehn und hat einen Body zum Anbeißen. Wer
würde da nicht träumen von einem versauten Wochenende in Mexiko?
Nora hat nichts dagegen.
Sie weiß, dass der Typ nicht unbedingt verliebt in sie ist. Und sie nicht in ihn, das nun gar nicht. Eher denkt sie, dass
das mit dem Spitznamen stimmt, dass er tatsächlich ein Blödmann ist mit seinem
schwarzen Seidenjackett, der schwarzen Basecap über dem spärlichen Haar, den
Nikes ohne Socken. Aber Nora versteht ihn - der Typ hat einen Wahnsinns-Horror
vorm Altwerden.
Mach dir keine Sorgen, denkt sie. Du bist schon alt.
Jerry the Doof
hat nur zwei Dinge, die für ihn sprechen. Und die sind nicht schlecht. Geld und
Coke.
Eigentlich dasselbe, wie Nora weiß. Hast du Geld, dann hast du Coke. Und
hast du Coke, dann hast du Geld. Sie bläst ihm einen.
Das dauert etwas länger wegen dem Coke, aber egal, sie hat nichts
Dringendes zu tun. Und ihm einen runterkauen ist besser als mit ihm reden oder,
schlimmer noch, ihn reden lassen. Sie kann das nicht mehr hören, wie er beim
Softball einmal das spielentscheidende Triple hingelegt hat - und dann das
Gesülze von seiner Exfrau und den Kindern. Scheiße, sie kennt seine Kinder
besser als er selbst, weil sie in ihre Schule gehen.
Als sie mit ihm fertig ist, fragt er: »Und, kommst du mit?«
»Wohin?«
»Cabo.«
»Okay.«
»Wann denkst du?«
»Ist mir egal.« Sie zuckt die Schulter.
Sie ist schon halb aus dem Auto, da reicht ihr Jerry ein Plastiktütchen
voll vom feinsten Kraut.
»Hey«, sagt ihr Dad, als sie nach Hause kommt. Er liegt auf dem Sofa und guckt eine
Wiederholung von Eight is Enough. »Wie war dein Tag?«
»Gut.« sie wirft das Tütchen auf den Couchtisch. »Schönen Gruß von Jerry.«
»Für mich? Cool.«
So cool, dass er tatsächlich aufsteht. Mit einem Mal wird er richtig agil.
Dreht sich einen schönen strammen Joint.
Nora geht in ihr Zimmer und macht die Tür zu.
Und fragt sich, was sie von einem Vater halten soll, der seine Tochter für
einen Joint auf den Strich schickt.
In Cabo hat sie eine
Begegnung, die ihr Leben verändert. Sie trifft Haley.
Nora liegt neben Jerry the Doof am Pool, und drüben auf der anderen Seite
liegt eine im Liegestuhl, die eindeutig zu ihr rüberguckt.
Eine vom Typ supercoole Lady.
Ende zwanzig, dunkelbraunes kurzes Haar, schwarzes Sonnenvisier,
schlanker, durchtrainierter Körper, den der superknappe Bikini eher zur Schau
stellt als verhüllt. Netter Goldschmuck - sparsam, aber teuer. Als Nora den
nächsten Blick riskiert, guckt die Frau schon wieder rüber.
Mit diesem wissenden Lächeln, das beinahe schon anzüglich ist.
Und sie ist immer da.
Blickt Nora von ihrem Liegestuhl auf, ist sie da, läuft Nora am Strand
entlang, ist sie auch da.
Geht sie im Hotel zum Dinner, sitzt die Frau schon am Tisch. Nora weicht
dem Blick aus, sie ist immer die Erste, die wegschaut. Irgendwann hat sie es
satt. Sie wartet, bis Jerry in einen seiner postkoitalen Dämmerzustände
versinkt, geht an den Pool und setzt sich in den Nachbarliegestuhl.
»Sie beobachten mich«, sagt sie zu der Frau.
»Stimmt.«
»Ich bin nicht interessiert.«
Die Frau lacht. »Sie wissen ja nicht mal, woran Sie nicht interessiert
sind.«
»Ich bin nicht
lesbisch«, sagt Nora. »Ich auch nicht«, sagt die Frau. »Sondern?«
»Lassen Sie mich so fragen«, sagt die Frau. »Verdienen Sie Geld?«
»Häh?«
»So als Coke-Bunny«, sagt die Frau. »Verdienen Sie damit Geld?«
»Nein.«
Die Frau schüttelt den Kopf. »Kindchen, mit deinem Gesicht und deinem Body
könntest du Unmengen verdienen.« Das hört Nora gern. »Und wie?«, fragt sie.
Die Frau greift in ihre Tasche und reicht Nora eine Visitenkarte.
Haley Saxon -
und eine Telefonnummer in San Diego. »Handeln Sie mit irgendwas?«
»In gewisser
Weise schon.«
»Häh?«
»Häh?«, äfft Haley sie nach. »Da siehst du, was ich meine. Wenn du Geld
verdienen
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