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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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abgeneigt wäre, aber das hier ist eine Geschäftsreise,
und wenn es ums Geschäft geht, dann denkt Callan ans Geschäft und nichts sonst.
Es ist schon schwer genug, die Piccone-Brüder bei der Stange zu halten, weil
sie ständig hinter den Weibern her sind.
    Also sagt er: »Ich dachte, das ist eine Geschäftsreise.«
    »Mein Gott, wach endlich auf!«, sagt Peaches. »Auf deinem Grabstein wird
mal stehen: Hier liegt einer, der nie Spaß hatte. Wir machen Geschäfte, und wir
gehen ins Puff. Sogar essen können wir gehen, wenn du die Minute Zeit dafür
erübrigen kannst. Ich höre, die haben hier sehr guten Fisch.«
    Wirklich sehr clever von Peaches, denkt Callan. Wenn der am Fenster steht
und den Ozean sieht, denkt er sofort, da muss es doch irgendwo einen guten
Fisch geben.
    »Du bist ein richtiger Trauerkloß, weißt du das?«
    Klar bin ich ein Trauerkloß, sagt sich Callan. Ich habe - wie viel? - fünf
Leute für die Ciminos aus dem Weg geräumt, und Peaches erzählt mir, ich bin ein
Trauerkloß.
    »Wer hat dir die Nummer von dem Puff gegeben?« fragt Callan. Ihm gefällt
die Sache nicht. Peaches wählt die Nummer, da sagt ihm einer: Klar, kommt
rüber, sie fahren zu irgendeiner Adresse - und werden von einem Kugelhagel
empfangen.
    »Die Nummer hab ich von Sal Scachi«, sagt Peaches. »Zufrieden? Du kennst doch
Sal.«
    »Ich weiß nicht«, sagt Callan. Wenn Calabrese sie wegen der Dealerei
umlegen will, dann ist Scachi der ideale Mann, das zu übernehmen.
    »Jetzt hör aber auf!«, sagt Peaches. »Du machst mich langsam nervös.«
    »Na, hoffentlich.«
    »Na, hoffentlich? Du willst, dass ich nervös werde?«
    »Ich will, dass du am Leben bleibst.«
    »Ich weiß deine Sorge zu schätzen, Callan, wirklich.« Er packt Callan beim
Hinterkopf und gibt ihm einen Schmatz auf die Wange. »So, jetzt kannst du
deinem Beichtvater erzählen, dass du mit einem Spaghetti rumgeschwuchtelt hast.
Ich liebe dich, du irischer Bastard. Und ich sage dir, heute Abend haben wir
Spaß und sonst nichts.«
    Trotzdem steckt Callan seine schallgedämpfte 22er ein. Sie fahren vor dem Weißen Haus vor, und eine Minute später stehen sie
im Foyer und staunen.
    Callan hat sich vorgenommen, nur ein Bier zu trinken, sich auf nichts
einzulassen und den Laden im Auge zu behalten. Wer Peaches ins Jenseits
befördern will, wird warten, bis er sein Pferdchen besteigt, und ihm dann von
hinten die Kugel geben. Daher will Callan zusammen mit O-Bop eine Art
Wachdienst aufziehen. Doch O-Bop denkt gar nicht daran, er will auch seinen
Spaß haben, Callan muss also allein für die nötige Sicherheit sorgen. Und er
schlürft gerade sein Bier, als Haley ein paar schwarze Ringmappen auf dem
gläsernen Couchtisch ausbreitet.
    »Heute Abend haben wir eine ganze Reihe Damen zur Auswahl«, sagt sie und
klappt die erste Mappe auf. In jeder Folientasche steckt das große
Schwarzweiß-Porträt eines Mädchens und auf der Rückseite mehrere Ganzaufnahmen
in verschiedenen Posen. Haley denkt nicht daran, ihre Mädchen aufmarschieren zu
lassen wie bei einer Viehauktion. Nein, diese Mappen beweisen Stil und Würde
und dienen dazu, die Phantasie der Freier anzuregen.
    »Da ich die Damen gut kenne«, sagt sie, »bin ich Ihnen bei der Auswahl
gern behilflich.«
    Nachdem die anderen ihre Wahl getroffen haben, setzt sie sich neben
Callan, bemerkt auch schon, dass er sich in Noras Foto verguckt hat und
flüstert ihm ins Ohr: »Schon ihr Blick macht dich geil.« Callan wird rot bis in
die Haarwurzeln.
    »Möchtest du sie kennenlernen?« fragt sie.
    Ein Nicken bringt er gerade noch zustande.
    Er will sie also kennenlernen.
     
    Und ist auf der Stelle verliebt.
    Nora tritt ein und richtet den schon erwähnten Blick auf ihn. Er spürt,
wie es ihn durchfährt, von oben bis unten und wieder zurück, und ist
rettungslos hinüber. Etwas so Schönes ist ihm noch nie begegnet. Etwas so
Schönes ganz allein für sich zu besitzen, und sei es nur für kurze Zeit, hat
er nicht für möglich gehalten. Und jetzt ist es Wirklichkeit geworden.
    Er muss heftig schlucken.
    Sie für ihren
Teil ist froh, dass sie ihn erwischt hat. Er sieht nicht schlecht aus, auch nicht ordinär. Lächelnd
streckt sie ihm die Hand entgegen. »Ich bin Nora.«
    »Callan.«
    »Hast du auch einen Vornamen, Callan?«, fragt sie.
    »Sean.«
    »Hallo, Sean.«
    Haley strahlt die beiden an wie eine erfolgreiche Kupplerin. Sie wollte
den Schüchternen für Noras ersten Einsatz, daher hat sie die anderen Freier
diskret von ihrem

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