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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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größeren, jüngeren Bundespolizisten.
    »Nimm die Hände hoch. Verteidige dich.«
    Der Polizist reißt verschreckt die Augen auf. Schüttelt den Kopf, hebt die
Hände nicht.
    Ramos zuckt die
Schultern. »Wie du willst.«
    Er täuscht einen rechten Kinnhaken an und rammt ihm drei harte Linke in
die Rippen. Knochen knirschen unter dem Handschuh, der Polizist will in die
Knie gehen, doch Ramos hält ihn mit der linken Hand aufrecht und verpasst ihm drei weitere Hiebe
mit der Rechten. Dann wirft er ihn gegen die Wand, dreht ihn um und bearbeitet
seine Nieren mit beiden Fäusten, packt ihn beim Nacken, presst ihn mit dem
Gesicht gegen die Wand und sagt: »Du hast deinem Land Schande gemacht.
Schlimmer noch: Du hast meinem Land Schande gemacht.« Darauf zieht er ihn am Gürtel von der Wand weg und
stößt ihn mit Wucht quer durchs Zimmer gegen die andere Wand. Mit einem dumpfen
Knall trifft sein Kopf auf Beton. Dies wiederholt Ramos mehrere Male,
bevor er den Mann zu Boden sacken lässt.
    Ramos setzt sich auf
einen dreibeinigen Hocker und zündet sich eine Zigarre an, während die beiden
anderen auf ihren bewusstlosen Freund starren, der mit zuckenden Beinen auf dem
Bauch liegt.
    An den Wänden klebt sein Blut.
    »jetzt«, sagt Ramos, »habt ihr mehr Angst vor mir als vor Barrera, jetzt können wir anfangen.
Wo ist der Amerikaner?« Sie erzählen ihm alles, was sie wissen.
    »Sie haben ihn an Gúero
Méndez und Raúl Barrera
ausgeliefert«, berichtet Ramos an Keller. »Und an einen Doktor Alvarez, woraus ich schließe, dass Ihr Freund wahrscheinlich noch am Leben ist.«
    »Wieso?«
    »Alvarez hat für den DFS gearbeitet, als Verhörspezialist. Hidalgo muss
Informationen haben, an die sie herankommen wollen.«
    »Nein«, sagt Keller. »Die hat er nicht.«
    Sein Magen krampft sich zusammen. Sie foltern Ernie, weil sie wissen
wollen, wer Chupar ist. Und es gibt keinen Chupar.
     
    »Heraus mit der
Sprache«, sagt Tío. Ernie stöhnt. »Ich weiß es nicht.«
    Tío nickt Alvarez
zu. Der Doktor, der Ofenhandschuhe trägt, greift nach der weißglühenden Eisenstange,
um sie -
    »O mein Gott!«, schreit Ernie. Seine Augen weiten sich vor Entsetzen, und
sein Kopf sinkt auf den Tisch, an dem sie ihn festgeschnallt haben. Sein
Herzschlag, der eben noch raste, verlangsamt sich bedrohlich.
    Der Doktor legt die Ofenhandschuhe beiseite und greift nach einer Spritze
Lidocain, die er in Ernies Arm injiziert. Das Mittel wird ihn bei Bewusstsein
halten, so dass er den Schmerz spürt. Und es hält sein Herz am Laufen. Wenig
später hebt Ernie den Kopf und reißt die Augen auf.
    »Wir lassen dich nicht sterben«, sagt Tío. »Und jetzt
sprich. Sag mir, wer Chupar ist.«
    Ich weiß, dass Keller nach mir sucht, denkt Ernie.
    Dass er Himmel und Erde in Bewegung setzt.
    »Ich weiß nicht«, keucht er, »wer Chupar ist.«
    Der Doktor greift wieder nach der Eisenstange.
    Und Ernie brüllt. »O mein
Goooooott!«
     
    Keller zündet die Kerze an, verfolgt, wie die Flamme kräftiger wird, dem
Himmel zustrebt.
    Er kniet vor der Bank mit den Votivkerzen und betet für Ernie. Zur
Jungfrau Maria, zum heiligen Antonius, zu Christus persönlich.
    Ein großer dicker Mann kommt durch den Mittelgang der Kathedrale auf ihn
zu. » Padre Juan.«
    Der Padre hat sich in den neun Jahren kaum verändert. Sein weißes Haar ist ein
bisschen dünner, sein Bauch ein bisschen dicker geworden, aber seine grauen
Augen haben die gleiche Kraft wie früher.
    »Und ich dachte, du bist nicht gläubig«, sagt Parada.
    »Man tut, was man kann.«
    Parada nickt. »Wie
kann ich dir helfen?«
    »Du kennst doch die Barreras.«
    »Ich habe sie getauft«, antwortet Parada. »Bei mir waren sie zur Erstkommunion, zur Firmung.«
Und ich habe Adán und Lucia getraut, denkt er im Stillen. Habe ihr Baby im Arm gehalten.
    »Sprich mit ihnen«, sagt Keller. »Ich weiß nicht, wo sie sind.«
    »Ich dachte ans Radio, ans Fernsehen. Sie respektieren dich. Auf dich
hören sie.«
    »Ich weiß nicht«, sagt Parada. »Aber ich kann's versuchen.«
    »Geht das sofort?«
    »Natürlich«, sagt Parada. »Aber ich kann dir vorher die Beichte abnehmen.«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit.«
    Sie fahren zum Sender, und Parada spricht seine Botschaft »An die Entführer des
amerikanischen Polizisten«. Er fleht sie an, im Namen des Vaters, des Sohnes,
der Jungfrau Maria und aller Heiligen, den Mann unversehrt freizugeben. Ermahnt
sie, ihr Gewissen zu prüfen, und zieht dann, zu Kellers Überraschung,

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