Winston 2 - Agent auf leisten Pfoten (German Edition)
nächsten Hausaufgaben zurück.«
»Dachtet ihr«, echot der Mann böse. Was hat der denn bloß? »Soll ich dir mal sagen, warum ich weiß, dass du lügst?«, fragt er Kira dann.
Die reißt die Augen auf. »Aber ich lüge nicht! Wie kommen Sie darauf?«
»Ganz einfach: Weil wir den Brief erst heute früh bekommen haben. Ihr könnt ihn gestern also noch gar nicht gefunden haben.«
»Ups«, sagt Kira. Dann sagt sie nichts mehr und Tom und Pauli werfen sich erstaunte Blicke zu. Klar, die dachten ja auch, dass ich den Zettel gestern mitgeschleppt hätte. Von meinem heutigen Ausflug wissen die Kinder schließlich nichts. Mist! Da habe ich uns aber aus Versehen richtig in die Pfanne gehauen! Wie kommen wir aus der Nummer bloß wieder raus?
»Wenn ihr den Brief also tatsächlich gefunden habt, dann müsst ihr heute noch mal da gewesen sein«, schnaubt Emilias Vater. »Und da frage ich mich natürlich: Warum? Ihr wart gestern da, ihr kommt heute noch einmal, ihr beobachtet unser Haus ganz genau – denn sonst würdet ihr kaum bemerken, ob hier mal ein Blatt Papier rumfliegt oder nicht. Warum?« Er schnappt jetzt regelrecht nach Luft. »Wenn ihr dafür nicht eine sehr gute Erklärung habt, werde ich jetzt sofort die Polizei rufen! Wahrscheinlich steckt ihr doch mit diesem Entführer unter einer Decke!«
Heilige Ölsardine! Ich merke, wie meine Schwanzspitze beginnt zu jucken UND meine Schnurrhaare sich kräuseln – jetzt stecken wir aber richtig in der Klemme! Und derjenige, der den ganzen Schlamassel aufklären könnte, also ich, kann dummerweise nicht mit Menschen sprechen. Ich bin eigentlich sehr, sehr froh, dass ich nach unserem letzten Abenteuer wieder in meinem Katzenkörper gelandet bin, aber in diesem Moment ertappe ich mich bei dem Gedanke, dass es gerade jetzt ziemlich praktisch wäre, wieder Kira zu sein.
Ob wir gleich alle ins Gefängnis kommen? Oder die Kinder ins Gefängnis und ich ins Tierheim? Für einen ganz kurzen Augenblick überlege ich, einfach abzuhauen. Emilia ist schließlich nicht meine Freundin. Genau genommen ist sie auch nicht Kiras Freundin. Andererseits: Ich kann mein Mädchen doch nicht einfach allein in der Patsche sitzen lassen. Das sähe einem Muskeltier überhaupt nicht ähnlich – und einem Winston Churchill erst recht nicht. Ich verwerfe meine feigen Fluchtgedanken also wieder und versuche stattdessen, niedlich zu gucken. Vielleicht ist Emilias Vater ein Tierfreund und das besänftigt ihn ein bisschen.
Ist er wohl eher nicht. Meinen unglaublich süßen Augenaufschlag erwidert Herr Stetten jedenfalls mit einem weiteren bösen Blick und brummt immer noch sehr grummelig: »Also, was ist nun? Bekomme ich eine Antwort oder muss ich die Polizei rufen?«
Kira räuspert sich. Ah, das ist mein Mädchen! Immer mutig und nie um eine Antwort verlegen. Die Frage ist nur: Wie will sie das erklären?
»Tut mir leid, Herr Stetten. Sie haben recht – unsere Geschichte stimmt so nicht ganz. Sie ist aber auch nicht ganz falsch. Wir haben den Zettel wirklich gefunden – aber nicht vor Ihrem Haus. Mein Kater Winston kam mit dem Brief im Maul an. Deswegen kann ich auch nicht genau sagen, wann und woher er ihn hat. Ich hatte nur vermutet, dass er ihn gestern mitgenommen hat. Es war mir aber peinlich zuzugeben, dass mein Kater etwas bei Ihnen hat mitgehen lassen. Deshalb die Geschichte mit dem Bürgersteig.«
Herr Stetten starrt mich an, sagt aber nichts. Allerdings wechselt sein Blick von böse zu sehr böse. Okay: Hallo, Tierheim, wärmt schon mal ein schönes Plätzchen für mich vor. Ich komme gleich!
Kira schluckt, dann redet sie weiter. »Winston ist mir heute Morgen abgehauen.« Bitte? So stimmt das gar nicht! Ich hatte einfach ein anderes Ziel als Kira, aber mit Abhauen hatte das nun wirklich nichts zu tun. »Ich weiß nicht, wo er hingelaufen ist, aber vielleicht war er tatsächlich noch einmal hier. Und dabei muss er den Brief gefunden haben.«
Schnaubt Herr Stetten oder lacht er? Schwer zu sagen, es ist auf alle Fälle ein unschönes Geräusch. »Ach, dein Kater kommt noch einmal hierher, findet den Erpresserbrief und bringt ihn dir. Und das soll ich glauben?« Sein Gesichtsausdruck verrät, dass er weit davon entfernt ist, das zu tun. Manchmal fällt es mir als Kater schwer, im Gesicht eines Menschen zu lesen, aber hier ist es eindeutig: Herr Stetten hält uns für Lügner. Kira lässt trotzdem nicht locker.
»Aber gucken Sie sich doch mal den Brief an: Dann werden Sie sehen, dass
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