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Winter

Winter

Titel: Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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ist. Im ersten Moment dachte ich, du hättest das schlechteste Vorsingen in der Geschichte der Schule geliefert.«
    Ich grinste und nickte und bekam Schluckauf.
»Ich glaube, das lief ganz gut«, sagte ich.
»Möchtest du noch einen Kaffee?«
»Nein. Ist von dem Karottenkuchen noch was da?« »Das klingt beruhigend. Es muss dir schon besser gehen.« »Ich hab seit gestern kaum was gegessen. Viel zu nervös.« »Mein Karottenkuchen bringt dich entweder wieder auf die
    Beine oder um.«
    Als sie mit dem Kuchen zurückkam, sagte sie: »Diese letzte Bemerkung tut mir echt Leid. Das war ja völlig daneben. Ich wollte mich schon selbst geißeln, fand aber nichts Rechtes in der Küche.«
    »Welche letzte Bemerkung?« Was hatte sie denn gesagt? »Ach so, das. Ja, ich schätze, das war nicht gerade die beste
    Wortwahl.«
Sie sah mir beim Essen zu, dann sagte sie: »Wirst du weiter
hier wohnen?«
»Ich weiß es nicht. Als ich die Einfahrt heraufkam, dachte ich
nur, ich packe meine Sachen und haue von hier ab. Aber jetzt
bin ich mir nicht mehr sicher. Ich liebe Warriewood doch. Es
ist der einzige Ort, wo ich mich zu Hause fühle. Außerdem hab ich immer schon ganz stark gespürt, dass ich hierher gehöre.
Ich weiß nicht, ob Orte wirklich Erinnerungen haben können.« »Das Ganze ist völlig irre. Ich kann es kaum glauben. Wie alt
warst du?«
»Vier.«
»Erstaunlich. Meinst du wirklich, eine Vierjährige ist zu so
was fähig?«
»Wahrscheinlich.«
Es klopfte an der Eingangstür. Wir hatten kein Auto gehört.
Aber einen Augenblick später kehrte Jessica mit einem
unerwarteten Besuch zurück.
Mrs Stone.
»Deine Tante hat mich geschickt. Sie möchte wissen, wie es
dir geht«, sagte sie.
»Danke. Es geht schon.«
»Möchten Sie eine Tasse Tee?«, fragte Jessica.
Sie zögerte kurz, dann antwortete sie: »Ja, warum nicht?
Danke.«
»Winter, möchtest du nicht doch noch einen Kaffee?« »Nein, danke.«
Als Jess aus dem Zimmer gegangen war, sagte Mrs Stone:
»Ich bin zum ersten Mal wieder hier, ich meine, seit damals.
Eine Woche nach der Beerdigung habe ich die Stelle bei Mrs
Harrison angenommen.«
»Ich muss mich entschuldigen, dass es hier so aussieht. Demnächst soll mit den Renovierungsarbeiten begonnen
werden. Dieses Zimmer bekommt eine helle zitronenfarbene
Decke bis zu den Tapetenleisten und der Rest wird dunkelgelb.
Die Böden lasse ich abschleifen und versiegeln.«
»Das machst du sicher ganz toll.«
Nach einem kurzen Schweigen sagte ich: »Ich habe Jess alles
erzählt. Das tut mir Leid, denn ich kann mir vorstellen, dass
Sie und meine Tante das nicht wollen. Ich meine, die Leute sollen nichts davon erfahren, weil Sie Schwierigkeiten bekommen könnten, nicht wahr? Beeinträchtigung der
Ermittlungen oder so was.«
Als hätte ich ein Ventil geöffnet, fing sie jetzt an zu reden.
Wahrscheinlich zum ersten Mal seit zwölf Jahren.
»Ich denke, es ist besser, weiterhin Stillschweigen zu
bewahren. Obwohl es den Leuten inzwischen nichts mehr
ausmachen dürfte. Es ist ja schon so lange her. Den Polizisten
– er hieß Detective Sergeant Bruxton – kannten wir seit Jahren.
Mag sein, dass er sich gefragt hat, ob da noch etwas im Spiel
war… aber nicht… nicht das, was tatsächlich geschehen ist. Er
ließ ein paar Bemerkungen fallen, als dachte er, sie könnte ihr
Leben selbst beendet haben, ich meine, absichtlich, und dass
wir ein wenig nachgeholfen hatten, damit es wie ein Unfall
aussah. Wenn er einen Verdacht hatte, dann den.«
»Das dachte ich ja auch zuerst«, sagte ich, als Jessica mit
einer Tasse Tee für Mrs Stone und einem Kaffee für sich selbst
ins Zimmer zurückkam. Irgendwo hatte sie noch ein paar
Doughnuts mit Schokoglasur aufgestöbert, die jetzt in kleine
Stücke geschnitten auf einem Teller lagen. Ich musste das
letzte Stück Karottenkuchen bekommen haben. Im Vergleich
zu den Teejausen, die Mrs Stone Großtante Rita oder ihren
Besuchern servierte, musste das eher kümmerlich wirken. Aber ich bin süchtig nach Doughnuts, also schnappte ich mir
ein Stück und Mrs Stone nahm sich auch eines, ohne sich
dessen richtig bewusst zu sein. Dazu schien sie viel zu sehr in
ihre Geschichte vertieft.
Meine Anspielung auf den möglichen Selbstmord hatte sie
offenbar schockiert. »Phyllis und Selbstmord? Gütiger
Himmel, nein. Das wäre das Letzte, was Phyllis getan hätte.
Sie war eine Kämpfernatur. Nichts hätte sie aufgehalten…« Plötzlich machte sie ein peinlich berührtes Gesicht, denn ihr
wurde bewusst, dass etwas Phyllis am

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