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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ausgewichen, wahrscheinlich weil er es vorzog, sich mit seinen Kameraden zu besaufen oder irgendeine Frau zu beglücken. Aber was auch immer der Grund sein mochte, spielte letztlich keine Rolle. Daisy stand für Boy nicht mehr an erster Stelle, nur darauf kam es an.
    Sie atmete tief durch. Sie brauchte Hilfe. Den Namen oder die Telefonnummer des Arztes in Aberowen kannte sie nicht, falls es überhaupt einen gab.
    Was sollte sie tun?
    Bei seinem letzten Aufbruch hatte Boy gesagt: »Hier gibt es hundert oder noch mehr Heeresoffiziere, an die du dich im Notfall wenden kannst.« Aber dem Marquess von Lowther anvertrauen, dass sie Blutungen hatte …? Nie und nimmer.
    Der Schmerz war schlimmer geworden, und zwischen den Beinen spürte Daisy etwas Warmes, Klebriges. Sie ging wiederins Bad und wusch sich. Dabei entdeckte sie Klümpchen im Blut. Sie hatte keine Binden dabei; sie hatte geglaubt, als Schwangere bräuchte sie so etwas nicht. Nun schnitt sie ein Stück von einem Handtuch ab und stopfte es sich in die Unterhose.
    Dann fiel ihr Lloyd Williams ein.
    Er war freundlich, hilfsbereit und betete sie an. Ja, Lloyd würde ihr bestimmt helfen.
    Daisy ging hinauf in die Halle, konnte Lloyd aber nirgends entdecken. Wo steckte er bloß? Die Schulungsteilnehmer mussten mittlerweile ihr Abendessen beendet haben. Vielleicht war er oben. Ihr Bauch schmerzte mittlerweile so sehr, dass sie bezweifelte, es bis ins Dachgeschoss zu schaffen.
    Vielleicht war Lloyd in der Bibliothek, die von den Schulungsteilnehmern zu Studienzwecken benutzt wurde. Daisy ging hinein. Ein Sergeant saß über einem Atlas. »Wären Sie so freundlich, Lieutenant Lloyd Williams für mich zu suchen?«, sprach Daisy ihn an.
    »Selbstverständlich, Mylady.« Der Unteroffizier klappte den Atlas zu. »Was soll ich ihm ausrichten?«
    »Bitten Sie ihn, kurz zu mir in den Keller zu kommen.«
    »Fühlen Sie sich nicht wohl, Ma’am? Sie sehen ein bisschen blass aus.«
    »Nein, nein, mir geht es gut. Holen Sie nur Williams, so schnell Sie können.«
    »Wird sofort erledigt.«
    Daisy kehrte in ihre Zimmer zurück. Die Anstrengung, einen normalen Eindruck zu machen, hatte sie erschöpft, und sie legte sich aufs Bett. Schon bald spürte sie, dass ihr Kleid durchgeblutet war, aber die Schmerzen waren zu schlimm, als dass es ihr etwas ausgemacht hätte. Sie schaute auf die Armbanduhr. Warum kam Lloyd nicht? Konnte der Sergeant ihn nicht finden? Das Haus war sehr groß. Vielleicht würde sie hier sterben …
    Dann klopfte es an der Tür, und zu ihrer unendlichen Erleichterung hörte Daisy seine Stimme. »Hier ist Lloyd Williams.«
    »Kommen Sie herein«, sagte Daisy.
    Sie hörte, wie er in den Nebenraum kam. »Ich habe eine Weile gebraucht, um Ihr Quartier zu finden«, sagte er. »Wo sind Sie?«
    »Hier hinten.«
    Er kam ins Schlafzimmer. »Gütiger Himmel!«, rief er aus. »Was ist passiert?«
    »Holen Sie Hilfe«, bat Daisy. »Gibt es in dieser Stadt einen Arzt?«
    »Natürlich. Dr. Mortimer. Er praktiziert hier seit einer halben Ewigkeit. Aber die Zeit reicht vielleicht nicht. Lassen Sie mich …« Er zögerte. »Es könnte die Gefahr bestehen, dass Sie verbluten, aber das kann ich erst sagen, wenn ich es mir anschaue.«
    Daisy schloss die Augen. »Machen Sie nur.« Nun würde er sie in ihrem schrecklichen Zustand sehen. Vielleicht stieß sie ihn damit ein für alle Mal ab. Doch ihre Angst war zu groß, um Peinlichkeit zu empfinden.
    Sie spürte, wie er den Saum ihres Kleides hob. »Ach herrje«, sagte er. »Das sieht schlimm aus.« Er zerriss ihre Unterhose. »Wo gibt es hier Wasser?«
    »Im Bad.« Sie zeigte in die Richtung.
    Lloyd verschwand im Badezimmer und ließ Wasser laufen. Kurz darauf spürte Daisy, wie sie mit einem warmen, feuchten Tuch gereinigt wurde.
    »Das ist nur ein Rinnsal«, sagte er. »Ich habe schon Männer verbluten sehen. Bei Ihnen besteht diese Gefahr Gott sei Dank nicht.« Daisy öffnete die Augen und sah, wie er ihr das Kleid wieder herunterzog. »Wo ist das Telefon?«, fragte er.
    »Im Wohnzimmer.«
    Daisy hörte, wie Lloyd eine Nummer wählte und sagte: »Stellen Sie mich so schnell wie möglich zu Dr. Mortimer durch.« Ein paar Sekunden Schweigen; dann sagte er: »Hier ist Lloyd Williams. Ich bin auf Tŷ Gwyn. Könnte ich bitte den Doktor sprechen? Es geht um … oh, hallo, Mrs. Mortimer, wann erwarten Sie Ihren Mann zurück? … Eine Frau mit Unterleibsschmerzen und Blutung … Ja, mir ist klar, dass Frauen das jeden Monat ertragen müssen,

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