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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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bergab gingen. Bei der nächsten Rast verkündete Teresa: »Wir sind jetzt in Spanien.«
    Lloyd empfand keine Erleichterung. Er war einfach nur erschöpft.
    Nach und nach wich die Felslandschaft spärlichem Gras und kargem Gestrüpp.
    Plötzlich warf Teresa sich flach auf den Boden. Instinktiv taten die Männer es ihr nach. Lloyd folgte Teresas Blick und sah zwei Soldaten in grünen Uniformen und mit schwarzen Mützen, vermutlich spanische Grenzwachen. In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass der Ärger noch lange nicht vorbei war, auch wenn sie sich bereits in Spanien befanden. Sollte man sie erwischen, wie sie illegal über die Grenze wollten, würde man sie zurückschicken. Oder schlimmer noch, man ließ sie in einem von Francos Lagern verschwinden.
    Doch Lloyds Sorgen erwiesen sich als unbegründet. Die beiden Soldaten erreichten eine unsichtbare Grenze und machten kehrt. Teresa tat so, als hätte sie die ganze Zeit gewusst, dass es so kommen würde. Als die Männer verschwunden waren, stand sie auf und ging weiter, als wäre nichts geschehen.
    Kurz darauf lichtete sich der Nebel, und Lloyd erblickte ein Fischerdorf in einer Bucht. Er war schon einmal hier gewesen – 1936, als er nach Spanien gekommen war. Er erinnerte sich sogar noch, dass es hier einen kleinen Bahnhof gab.
    Sie gingen ins Dorf, ein verschlafenes Nest, in dem es keine Spur einer Behörde gab: keine Polizei, kein Rathaus, keine Soldaten, keine Kontrollstellen. Zweifellos hatte Teresa den Ort deshalb als Ziel ausgewählt.
    Sie gingen zu dem winzigen Bahnhof. Teresa kaufte den Männern Fahrkarten und flirtete dabei mit dem Schalterbeamten, als wären sie alte Freunde.
    Lloyd setzte sich auf eine Bank am Bahnsteig. Ihm taten die Füße weh, und er war hundemüde. Doch mehr als alles andere war er dankbar und glücklich.
    Eine Stunde später stiegen sie in den Zug nach Barcelona.

    Bisher hatte Daisy nicht geahnt, was Arbeit wirklich bedeutete.
    Oder Müdigkeit.
    Oder Tragik.
    Daisy saß in einem Schulklassenzimmer und trank süßen englischen Tee aus einem Becher ohne Untertasse. Sie trug einen Stahlhelm und Gummistiefel. Es war fünf Uhr nachmittags, und noch immer war sie müde von der vergangenen Nacht.
    Daisy gehörte zur Luftschutzabteilung von Aldgate. Theoretisch arbeitete sie acht Stunden, gefolgt von acht Stunden Bereitschaft und acht Stunden Freizeit. In der Realität jedoch arbeitete sie so lange, wie der Luftangriff dauerte, und musste dann die Verletzten zum Krankenhaus fahren.
    Im Oktober 1940 wurde London jede Nacht bombardiert.
    Zusammen mit ihrer Beifahrerin und vier Männern bildete Daisy einen Rettungstrupp, der in einer Schule stationiert war. Jetzt saßen sie wieder einmal an den Pulten und warteten, dass die Flugzeuge kamen, die Sirenen losheulten und die Bomben fielen.
    Der Rettungswagen, den Daisy fuhr, war ein umgebauter amerikanischer Buick. Sie hatten aber auch einen normalen Wagen mit Fahrer, um die Opfer zu transportieren, die sie »sitzfähig« nannten – Verletzte, die nicht im Liegen zum Krankenhaus gebracht werden mussten.
    Daisys Beifahrerin hieß Naomi Avery, eine hübsche blonde Cockney, die Männer mochte und die Kameradschaft innerhalb des Teams genoss. Jetzt frotzelte sie den Luftschutzwart, dem pensionierten Polizeibeamten Nobby Clarke. »Der Chefluftschutzwart ist ein Mann«, sagte sie. »Der Distriktluftschutzwart ist ein Mann. Und du bist auch ein Mann.«
    »Das hoffe ich doch sehr«, erwiderte Nobby, und die anderen lachten leise. »Aber du bist erkennbar keiner.«
    »Ja, eben, ich bin eine Frau und leiste das Gleiche wie ihr Männer«, entgegnete Naomi. »Wie kommt es, dass keine von uns eine Führungsposition hat?«
    Ein kahlköpfiger Mann mit großer Nase, den sie den Schönen George nannte, sagte lachend: »Da haben wir’s. Die Frauenrechtlerinnen sind mal wieder auf dem Vormarsch.«
    Daisy sagte abfällig: »Wenn ich dich so ansehe, Süßer, verschönern wir Frauen ganz entschieden das Stadtbild.«
    Nobby meldete sich zu Wort. »Du irrst dich, Naomi. Es gibt ein paar weibliche Oberwarte beim Luftschutz.«
    »Ich hab nie eine gesehen«, erwiderte Naomi.
    »Das ist so Tradition«, sagte Nobby. »Frauen haben sich immer schon um den Haushalt gekümmert.«
    »Wie Katharina die Große«, entgegnete Daisy spöttisch.
    »Oder Queen Elisabeth«, fügte Naomi hinzu.
    »Amelia Earhart.«
    »Jane Austen.«
    »Marie Curie. Außer ihr hat niemand zweimal den Nobelpreis bekommen.«
    »Wie war das noch mal mit

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