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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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schon noch herausfinden, was mit meinem Bruder passiert ist. Ich lasse mich nicht abwimmeln.«
    »Das bringt Axel auch nicht zurück«, sagte Frieda.
    »Ich will es trotzdem wissen. Falls nötig, fahre ich nach Akelberg.«
    »Ich frage mich, ob es in Berlin jemanden gibt, der uns helfen würde«, warf Carla ein.
    »Das müsste dann schon jemand aus der Regierung sein«, sagte Werner.
    »Heinrichs Vater ist bei der Regierung«, sagte Frieda.
    Werner schnippte mit den Fingern. »Ja. Das ist genau unser Mann. Er war mal beim Zentrum, ist jetzt aber Nazi und ein hohes Tier im Außenministerium.«
    »Ob Heinrich uns zu ihm bringt?«, fragte Carla.
    »Bestimmt«, entgegnete Werner. »Wenn Frieda ihn darum bittet. Heinrich würde für Frieda alles tun.«
    Carla glaubte ihm aufs Wort.
    »Ich rufe ihn sofort an«, sagte Frieda.
    Sie ging zum Telefon, das im Flur stand, während Carla und Werner sich nebeneinander an den Tisch setzten. Werner legte den Arm um sie, und sie bettete den Kopf an seine Schulter. Ob das Zeichen von Zuneigung waren? Gegenseitiger Trost im Angesicht der Tragödie? Carla wusste es nicht.
    Frieda kam zurück. »Heinrichs Vater wird uns sofort empfangen, wenn wir jetzt rübergehen.«
    Sie stiegen in Werners Sportwagen und zwängten sich zu dritt auf die Vordersitze. »Wie kannst du den Wagen eigentlich nochbezahlen?«, fragte Frieda, als sie losfuhren. »Selbst Vater bekommt kein Benzin mehr für den privaten Gebrauch.«
    »Ich erzähle meinem Chef, dass ich den Wagen für offizielle Zwecke brauche«, antwortete Werner, der für einen General arbeitete. »Aber ich weiß nicht, wie lange ich noch damit durchkomme.«
    Familie von Kessel lebte im selben Bezirk wie die Francks, sodass die Fahrt nur fünf Minuten dauerte.
    Das Haus war luxuriös, wenn auch kleiner als das der Francks. Heinrich begrüßte sie an der Tür und führte sie ins Wohnzimmer, wo in Leder gebundene Bücher in den Regalen standen. Eine alte deutsche Schnitzerei zeigte einen Adler.
    Frieda gab Heinrich einen Kuss. »Danke, dass du das für uns tust«, sagte sie. »Es war sicher nicht einfach. Ich weiß, dass du dich nicht allzu gut mit deinem Vater verstehst.«
    Heinrichs Mutter brachte ihnen Kaffee und Kuchen. Sie schien eine warmherzige, sehr bescheidene Frau zu sein. Nachdem sie die jungen Leute bedient hatte, entfernte sie sich wie eine Dienerin.
    Dann kam Gottfried ins Zimmer, Heinrichs Vater. Wie sein Sohn hatte er dichtes glattes Haar, nur war seines silbern und nicht schwarz.
    Heinrich stellte seine Freunde vor. »Das sind Werner und Frieda Franck. Du weißt sicher, dass ihr Vater Teile für den Volksempfänger baut.«
    »Ach ja«, sagte Gottfried. »Ich habe Ihren Vater schon im Deutschen Herrenklub gesehen.«
    »Und das ist Carla von Ulrich. Ich glaube, ihren Vater kennst du auch.«
    »Wir waren Kollegen an der deutschen Botschaft in London«, sagte Gottfried vorsichtig. »Das war 1914.« Offensichtlich war es ihm unangenehm, daran erinnert zu werden, einst Kontakt zu einem Sozialdemokraten gehabt zu haben. Er nahm sich ein Stück Kuchen, ließ es ungeschickt auf den Teppich fallen und versuchte vergeblich, die Krümel aufzusammeln. Schließlich gab er auf und setzte sich.
    Wovor hat er Angst, fragte sich Carla.
    Heinrich kam direkt auf den Grund des Besuchs zu sprechen. »Ich nehme an, Akelberg sagt dir etwas, Vater.«
    Carla beobachtete Gottfried aufmerksam. Den Bruchteil einerSekunde huschte irgendeine Regung über sein Gesicht, wurde aber sofort von dem gleichmütigen Ausdruck verdrängt. »Die kleine Stadt in Bayern?«, fragte er.
    »Ja. Dort gibt es ein Krankenhaus«, sagte Heinrich. »Für geistig Behinderte.«
    »Ja, und?«
    »Wir glauben, dass dort irgendetwas Seltsames geschieht, und haben uns gefragt, ob du etwas darüber weißt.«
    »Mit Sicherheit nicht. Was soll denn dort sein?«
    Werner meldete sich zu Wort. »Mein Bruder Axel ist in diesem Krankenhaus gestorben, angeblich an den Masern – genau wie Kurt, der kleine Sohn von Ada Hempel, der Zofe der von Ulrichs. Kurt ist zur gleichen Zeit gestorben wie Axel, an der gleichen Krankheit.«
    »Das ist traurig … aber doch sicher Zufall, nicht wahr?«
    »Kurt hat die Masern längst gehabt«, erklärte Carla. »Er kann sie unmöglich ein zweites Mal bekommen haben.«
    »Ich verstehe«, sagte Gottfried. »Aber die einfachste Erklärung ist ein fehlerhafter Eintrag in den Akten.«
    »Wenn das stimmt«, entgegnete Werner, »würden wir es gern wissen.«
    »Natürlich.

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