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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Kindern in einem großen Haus wohnte. Carla befürchtete, dass Ochs sich als zögerlich erweisen würde; aber sie hatte ihn unterschätzt. Der Pastor hatte bereits Gerüchte gehört, die sein Gewissen belasteten, und erklärte sich sofort einverstanden, gemeinsam mit Walter das Kinderkrankenhaus am Wannsee zu besuchen. Professor Willrich konnte einem interessierten Kirchenvertreter schwerlich einen Besuch verweigern.
    Sie beschlossen, Carla mitzunehmen; schließlich war sie bei dem Gespräch mit Ada dabei gewesen. Vor ihr würde der Chefarzt seine Geschichte nicht umändern können.
    Während der Zugfahrt schlug Ochs vor, ihm das Reden zu überlassen. »Der Chefarzt ist vermutlich ein Nazi«, sagte er. Dieser Tage waren die meisten Leute in hohen Positionen Parteimitglieder. »Er wird einen ehemaligen Reichstagsabgeordneten der Sozialdemokraten als Feind betrachten. Ich werde die Rolle des neutralen Schlichters spielen. Ich glaube, auf diese Weise erfahren wir mehr.«
    Carla war sich da nicht so sicher. Sie hatte das Gefühl, ihr Vater wäre der bessere Fragesteller gewesen. Doch Walter stimmte dem Vorschlag des Pastors zu.
    In Professor Willrichs Büro brannte ein Feuer im Kamin, doch das Fenster stand auf und ließ eine frische Brise vom See herein.
    Willrich schüttelte Pastor Ochs und Walter die Hand. Carla schenkte er nur einen kurzen Blick; dann ignorierte er sie. Er forderte die Besucher auf, sich zu setzen, doch Carla sah die Wut hinter seiner höflichen Maske. Offensichtlich gefiel es ihm nicht, verhört zu werden. Er nahm sich eine Pfeife und spielte nervös damit herum. Heute, da er zwei erwachsenen Männern und nicht zwei jungen Frauen gegenübersaß, war er längst nicht so arrogant.
    Ochs eröffnete das Gespräch. »Herr von Ulrich und andere Mitglieder meiner Gemeinde sorgen sich wegen der mysteriösen Todesfälle einiger behinderter Kinder in ihrem Bekanntenkreis.«
    »Hier gab es keine mysteriösen Todesfälle«, entgegnete Willrich scharf. »Bei uns ist seit zwei Jahren kein Kind mehr gestorben, wenn Sie es genau wissen wollen.«
    Ochs wandte sich Walter zu. »Das hört sich doch sehr beruhigend an, nicht wahr, Walter?«
    »In der Tat.«
    Carla beruhigte das zwar nicht im Geringsten, doch sie hielt vorerst den Mund.
    Ochs fuhr in salbungsvollem Tonfall fort: »Ich bin sicher, werter Professor, dass Sie Ihren Schützlingen die bestmögliche Pflege angedeihen lassen.«
    »Allerdings.« Willrich wirkte ein wenig nervös.
    »Aber Sie schicken doch auch Kinder von hier in andere Krankenhäuser, nicht wahr?«
    »Natürlich. Wenn ein anderes Krankenhaus Therapien für ein Kind anbietet, die wir ihm hier nicht bieten können.«
    »Und wenn ein Kind verlegt wird, informiert man Sie dann nicht über den weiteren Therapieverlauf?«
    »Warum sollte man?«
    »Es sei denn, natürlich, ein Patient kommt wieder zurück.«
    Willrich schwieg.
    »Sind schon Kinder zurückgekommen?«
    »Nein.«
    Ochs zuckte mit den Schultern. »Dann können wir von Ihnen wohl auch nicht erwarten, dass Sie wissen, was mit den Kindern passiert ist.«
    »Ganz recht.«
    Ochs lehnte sich zurück und breitete die Arme aus. »Dann haben Sie ja auch nichts zu verbergen.«
    »Gar nichts.«
    »Einige der verlegten Kinder sind gestorben.«
    Willrich schwieg wieder.
    Ochs hakte vorsichtig nach: »Das stimmt doch, oder?«
    »Diese Frage kann ich Ihnen nicht mit Sicherheit beantworten, Herr Pastor.«
    »Aha!«, rief Ochs. »Denn selbst beim Tod eines der Patienten würde man Sie nicht informieren.«
    »Das haben wir doch schon geklärt.«
    »Verzeihen Sie, wenn ich mich wiederhole, aber ich will nur zweifelsfrei feststellen, dass man von Ihnen nicht erwarten kann, Licht in diese Todesfälle zu bringen. So ist es doch, nicht wahr?«
    »Ganz recht.«
    Ochs wandte sich wieder Walter zu. »Ich würde sagen, wir sind einer Klärung schon deutlich näher gekommen.«
    Walter nickte.
    Carla hätte am liebsten geschrien: Hier ist gar nichts geklärt!
    Doch Ochs fuhr fort: »Wie viele Kinder ungefähr haben Sie … sagen wir, in den letzten zwölf Monaten verlegt?«
    »Zehn«, antwortete Willrich. »Genau zehn.« Er lächelte selbstgefällig. »Wir Wissenschaftler bevorzugen exakte Daten.«
    »Zehn Patienten von …?«
    »Zurzeit haben wir einhundertsieben Kinder hier.«
    »Dann sind zehn nur ein kleiner Teil davon«, bemerkte Ochs.
    In Carla stieg Wut auf. Ochs war offensichtlich auf Willrichs Seite. Warum schluckte ihr Vater das?
    Ochs fragte: »Haben diese

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