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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ist passiert?«
    »Was soll denn passiert sein?«, erwiderte Wolodja verwirrt. »Ich versuche nur, eine dubiose Information zu klären.«
    »Bauen wir endlich an der Uranbombe?«
    Zojas Reaktion verriet Wolodja, dass Frunzes Information vermutlich der Wahrheit entsprach. Zoja hatte ihre Bedeutung soforterkannt. »Bitte beantworte meine Frage«, sagte Wolodja. »Auch wenn wir Freunde sind, ich bin in offizieller Funktion hier.«
    »Weißt du, was ein Isotop ist?«
    »Nein.«
    »Vereinfacht ausgedrückt, können chemische Elemente sich durch die Anzahl der Protonen und Neutronen im Atomkern leicht unterscheiden. Kohlenstoffatome zum Beispiel haben sechs Protonen, können aber eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen aufweisen: sechs, sieben oder acht. Diese unterschiedlichen Ausprägungen nennt man Isotope, im Falle von Kohlenstoff C-12, C-13 und C-14.«
    »Und was hat das mit dieser Superbombe zu tun?«, fragte Wolodja.
    »Uran hat zwei wichtige Isotope: U-235 und U-238. In natürlichen Uranvorkommen sind sie gemischt, aber nur das U-235 ist für eine Bombe interessant.«
    »Dann müssen diese Isotope voneinander getrennt werden?«
    »Ja. Und jetzt komme ich auf deine Eingangsfrage zurück: Trennung von Isotopen durch Diffusion. Theoretisch wäre die Diffusion von Gasen eine Möglichkeit. Wenn ein Gas durch eine Membran diffundiert, treten die leichteren Moleküle schneller hindurch, sodass das herauskommende Gas reicher an dem neutronenärmeren Isotop ist. Das müsste dann in großem Maßstab in einer Anlage geschehen, um ausreichende Mengen der Isotope zu gewinnen.«
    In Frunzes Bericht stand, dass sowohl die Briten als auch die Amerikaner an entsprechenden Anlagen bauten. »Könnte es noch einen anderen Grund geben, warum man so eine Anlage baut?«, fragte Wolodja.
    »Ich wüsste nicht, warum man Isotope sonst trennen sollte.« Sie schüttelte den Kopf. »Überleg doch mal. Jeder, der in Kriegszeiten so einem Projekt Priorität einräumt, ist entweder verrückt, oder er baut eine Waffe.«
    Wolodja sah, wie sich ein Wagen der Barrikade näherte und langsam durch die Zickzackpassage fuhr. Es war ein KIM -10, ein kleines, zweitüriges Auto, speziell entwickelt für Mitglieder der Parteielite. Es schaffte fast neunzig Stundenkilometer, doch dieser Wagen hier war derart überladen, dass er vermutlich kaum fünfzig erreichte.
    Am Steuer saß ein Mann Mitte sechzig. Er trug einen Hut und einen langen Mantel im westlichen Stil. Neben ihm saß eine junge Frau mit Pelzmütze, und auf dem Rücksitz stapelten sich Kartons. Und auf dem Dach des Wagens war tatsächlich ein Klavier festgeschnallt.
    Das Paar zählte erkennbar zur herrschenden Elite. Die Frau war viel jünger als der Mann und offenbar seine Geliebte. Nun versuchten die beiden, die Stadt zu verlassen und dabei so viele Wertsachen mitzunehmen, wie sie nur konnten. Für genau einen solchen Menschen hatte Zoja auch ihn, Wolodja, gehalten. Vielleicht hatte sie deshalb nicht mit ihm ausgehen wollen. Wolodja fragte sich, ob sie ihre Meinung über ihn jetzt wohl ändern würde.
    Er sah, wie eine der Freiwilligen an der Barrikade einen Igel vor den KIM -10 schob. Man musste kein Prophet sein, um vorhersagen zu können, dass es nun Ärger geben würde. Weitere Frauen kamen herbei, um sich das Schauspiel anzusehen.
    Der Wagen rollte vorwärts, bis er mit der Stoßstange gegen den Igel stieß. Vielleicht glaubte der Fahrer ja, das Ding einfach wegschieben zu können. Doch der Igel war so entworfen, dass genau das unmöglich war. Seine Beine bohrten sich in den Untergrund und verkanteten sich. Das Knirschen von Metall war zu hören, als die Stoßstange des Wagens sich verbog.
    Der Fahrer legte den Rückwärtsgang ein und setzte zurück. Dann steckte er den Kopf aus dem Fenster und brüllte mit befehlsgewohnter Stimme: »Schafft das Ding weg! Sofort!«
    Die Freiwillige, eine kräftig gebaute Frau mittleren Alters mit einer Männerkappe auf dem Kopf, verschränkte die Arme vor der Brust und rief mit gleicher Lautstärke zurück: »Beweg dich doch selbst, du Deserteur!«
    Der Fahrer stieg aus. Sein Gesicht war rot vor Wut. Wolodja konnte kaum glauben, als er sah, dass es sich um Oberst Bobrow handelte, den brutalen Offizier, den er in Spanien kennengelernt hatte. Bobrow war berüchtigt dafür gewesen, die eigenen Männer zu erschießen, wenn sie vor dem Feind zurückwichen. »Keine Gnade für Feiglinge«, war sein Leitspruch gewesen. In Belchite hatte Wolodja miterlebt, wie

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