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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Frunze.
    »Perfekt. Steigt in euren Wagen und wartet auf mich. Ich komme in einer Minute nach.«
    Frunze bezahlte die Rechnung und verließ mit Alice das Restaurant. Wolodja folgte ihnen wenig später. Auf dem kurzen Wegüberzeugte er sich, dass sie nicht verfolgt wurden, und stieg in den Plymouth, der vorne drei Sitzplätze bot, wie viele amerikanische Wagen in dieser Zeit. Frunze fuhr aus der Stadt.
    Sie folgten einem Feldweg einen niedrigen Hügel hinauf. Auf der Hügelkuppe hielt Frunze an. Wolodja bedeutete ihnen auszusteigen und führte sie hundert Meter vom Wagen weg – nur für den Fall, dass er verwanzt war.
    Nachdem er den Blick über die staubige Landschaft hatte schweifen lassen, machte Wolodja Schritt fünf. »Wir vermuten, dass die nächste Atombombe irgendwo über der Sowjetunion abgeworfen wird.«
    Frunze nickte. »Das möge Gott verhüten. Aber ich fürchte, du hast recht.«
    »Und wir können nichts dagegen tun«, fuhr Wolodja fort und kam gnadenlos auf den Punkt. »Wir können unser Volk nicht davor schützen. Es gibt keine Verteidigung gegen eine Atombombe … die Bombe, die du gebaut hast, Willi.«
    »Ich weiß«, flüsterte Frunze. Offensichtlich betrachtete er es als seine persönliche Schuld, sollte die Sowjetunion mit Nuklearwaffen angegriffen werden.
    Schritt sechs. »Der einzige Schutz wäre eine eigene Atombombe.«
    Frunze schüttelte den Kopf. »Das ist keine Verteidigung.«
    »Aber eine Abschreckung.«
    »Könnte sein«, gab Frunze zu.
    Alice warf ein: »Wir wollen nicht, dass diese Bomben sich noch weiter verbreiten.«
    »Das will ich auch nicht«, erwiderte Wolodja. »Aber es gibt nur eine Möglichkeit, die Amerikaner davon abzuhalten, Moskau genauso auszulöschen, wie sie Hiroshima und Nagasaki ausgelöscht haben: eine eigene sowjetische Bombe und die Drohung mit einem Vergeltungsschlag.«
    »Er hat recht, Willi«, sagte Alice. »Verflixt, das wissen wir doch alle!«
    Die Frau war knallhart, erkannte Wolodja.
    Für Schritt sieben benutzte er einen eher lockeren Tonfall. »Über wie viele Atombomben verfügen die USA derzeit?«
    Das war der entscheidende Augenblick. Wenn Frunze auf dieseFrage antwortete, hatte er eine Grenze überschritten. Bis jetzt war das Gespräch eher allgemeiner Natur gewesen; nun aber verlangte Wolodja Geheiminformationen.
    Frunze zögerte. Dann schaute er zu Alice.
    Sie nickte kaum merklich.
    »Sie haben nur eine«, sagte Frunze.
    Wolodja verbarg seinen Triumph. Wilhelm Frunze hatte seine Wahlheimat verraten. Damit war die schwierige erste Stufe genommen. Der zweite Verrat würde ihm viel leichter fallen.
    »Aber sie werden bald schon mehr haben«, fügte Frunze hinzu.
    »Es ist ein Wettrennen«, sagte Wolodja. »Wenn wir dieses Wettrennen verlieren, sterben wir. Wir brauchen mindestens eine eigene Bombe, bevor die Amerikaner genug haben, um uns zu vernichten.«
    »Könnt ihr denn eine A-Bombe bauen?«
    Das war der Anstoß zu Schritt acht. »Wir brauchen Hilfe.«
    Wolodja sah, wie Frunzes Gesicht versteinerte. Wahrscheinlich erinnerte er sich daran, weshalb er sich einst geweigert hatte, mit dem NKWD zusammenzuarbeiten.
    »Was, wenn wir sagen, dass wir euch nicht helfen können?«, fragte Alice. »Dass es viel zu gefährlich ist?«
    Wolodja folgte seinem Instinkt. Er hob die Hände, als wollte er sich ergeben. »Dann fahre ich nach Hause und melde mein Versagen«, antwortete er. »Ich kann euch zu nichts zwingen, und ich will euch nicht unter Druck setzen.«
    »Keine Drohungen?«, hakte Alice nach.
    Diese Frage bestätigte Wolodjas Verdacht, dass der NKWD versucht hatte, Frunzes Kooperation zu erzwingen. Das versuchten sie bei jedem. Drohungen und Gewalt waren alles, was sie kannten. »Ich werde nicht einmal versuchen, dich zu überreden«, sagte er zu Frunze. »Ich lege nur die Fakten dar. Alles andere liegt an dir. Wenn du helfen willst, bin ich als dein Verbindungsmann hier. Siehst du die Dinge anders, hat sich die Sache erledigt.« Er schaute zu Alice. »Ihr seid klug. Selbst wenn ich wollte, könnte ich euch nicht hinters Licht führen.«
    Wieder schauten die beiden einander an. Wahrscheinlich staunten sie darüber, wie sehr Wolodja sich von dem letzten Sowjetagenten unterschied, mit dem sie es zu tun gehabt hatten.
    Das Schweigen zog sich beinahe schmerzhaft in die Länge.
    Schließlich ergriff Alice wieder das Wort. »Was für eine Art von Hilfe braucht ihr genau?«
    Das war zwar kein eindeutiges Ja, aber es war auch keine Ablehnung, und das wiederum

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