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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Bohnenstange von Vater. Sie selbst spielte natürlich mit Charlie.
    Daisy erschrak, als sie ein halbwegs vertrautes Gesicht sah und ihren Halbbruder Greg erkannte, den Sohn von Marga. Sie begegneten einander nicht besonders häufig; Daisy hatte Greg nun seit einem Jahr nicht mehr gesehen. In dieser Zeit schien er zum Mann gereift zu sein. Er war einen halben Kopf größer geworden, und obwohl er erst fünfzehn war, lag auf Kinn und Wangen ein dunkler Bartschatten. Als Kind war Greg immer ungepflegt gewesen, und daran hatte sich nichts geändert: Die Ärmel seines teuren Blazers waren hochgekrempelt, die gestreifte Krawatte hing ihm lose um den Hals, und die Leinenhose war an den Aufschlägen nass und sandig.
    Daisy war es jedes Mal ein bisschen peinlich, wenn sie ihrem Halbbruder begegnete. Greg war die lebende Erinnerung daran, dass er und Marga ihrem gemeinsamen Vater mehr bedeuteten als Daisy und ihre Mutter. Viele verheiratete Männer hatten Affären, das wusste Daisy, aber sie behielten es für sich. Die Geliebte ihres Vaters jedoch kreuzte auf Partys auf, wo jeder sie sehen konnte. Daisy wäre es viel lieber gewesen, Greg und Marga würden in New York leben, wo niemand den anderen kannte, oder in Kalifornien, wo niemand etwas Falsches am Ehebruch fand. Hier aber stellten sie einen ständigen Skandal dar, und Greg war mit ein Grund dafür, weshalb die Leute auf Daisy herabschauten.
    Greg fragte sie höflich, wie es ihr gehe.
    »Ich bin stinksauer«, sagte sie. »Vater hat mich versetzt – schon wieder.«
    »Was hat er denn getan?«
    »Erst fragt er mich, ob ich mit ihm ins Weiße Haus gehe, unddann nimmt er dieses Flittchen Gladys Angelus mit. Jetzt lacht mich jeder hier aus.«
    »Wahrscheinlich rührt Vater die Werbetrommel für Leidenschaft , Gladys’ neuen Film.«
    »Du stehst wohl immer auf seiner Seite, was? Liegt es daran, weil du als Junge ihm lieber bist?«
    Greg blickte sie verärgert an. »Vielleicht liegt es daran, dass ich ihn bewundere, anstatt mich dauernd über ihn zu beklagen.«
    »Ich? Mich beklagen?« Zuerst wollte Daisy es vehement abstreiten, sah dann aber ein, dass Greg recht hatte. »Na schön, vielleicht beklage ich mich hin und wieder, aber er sollte wenigstens seine Versprechen halten.«
    »Er hat viel um die Ohren.«
    »Vielleicht sollte er sich nicht zwei Geliebte und eine Frau halten.«
    Greg zuckte mit den Schultern. »Er hat alle Hände voll zu tun.«
    Beide bemerkten die unbeabsichtigte Doppeldeutigkeit und kicherten.
    »Na ja, dir sollte ich wohl nicht die Schuld geben«, sagte Daisy. »Du hast ja nicht darum gebeten, auf die Welt zu kommen.«
    »Und ich sollte dir vergeben, dass du mir an drei Abenden die Woche meinen Vater wegnimmst, egal wie sehr ich ihn beknie, dass er bleibt.«
    So hatte Daisy es noch nie betrachtet. In ihren Augen war Greg der Eindringling, das illegitime Kind, das ihr den Vater wegnahm. Nun erkannte sie, dass Greg sich genauso verletzt fühlte wie sie.
    Sie musterte Greg abschätzend. Es gab sicher Mädchen, die ihn attraktiv fanden, aber für Eva war er zu jung. Und wahrscheinlich würde er sich über kurz oder lang als genauso selbstsüchtig erweisen wie ihr gemeinsamer Vater.
    »Spielst du Tennis?«, fragte sie.
    Greg schüttelte den Kopf. »Einen wie mich lassen sie nicht in den Racquet Club.« Er zwang sich zu einem unbekümmerten Grinsen, und Daisy wurde klar, dass Greg sich von der Buffaloer Gesellschaft zurückgewiesen fühlte, genau wie sie selbst. »Ich spiele Eishockey«, sagte er.
    »Wie schade. Tja, dann, bis später.« Daisy ging weiter.
    Als sie genügend Namen auf der Liste hatte, kehrte sie zu Charlie zurück, der endlich das Netz aufgespannt hatte. Sie schickte Eva die ersten vier Spieler holen und fragte Charlie: »Hilfst du mir, einen Spielplan aufzustellen?«
    Sie knieten nebeneinander und zeichneten eine Tabelle mit Vorrundenspielen, Halbfinals und dem Finale in den Sand. Während sie die Namen eintrugen, fragte Charlie: »Gehst du eigentlich gern ins Kino?«
    Daisy fragte sich, ob er sie um ein Rendezvous bitten wollte. »Sicher«, sagte sie.
    »Hast du Leidenschaft gesehen?«
    »Nein, Charlie, den nicht«, antwortete sie gereizt. »In diesem Film spielt die Geliebte meines Vaters die Hauptrolle.«
    Charlie war entsetzt. »In der Zeitung steht, sie sind nur gute Freunde.«
    »Was meinst du wohl, weshalb Miss Angelus, die kaum zwanzig ist, so freundschaftlich mit meinem vierzig Jahre alten Vater verkehrt? Glaubst du, sie liebt seine

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