Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
ins Becken laufen, um die Chemikalien auf die ideale Temperatur zu bringen. Den Film legte er in einen schwarzen Wechselsack, um ihn von dort in die Entwicklungsdose zu überführen.
Der Vorgang dauerte lange und erforderte Geduld, doch Woody war froh, in der Dunkelheit sitzen und an Joanne denken zu können. Zwar hatte seine Rettungsaktion während der Demonstration nicht dazu geführt, dass sie sich in ihn verliebt hatte, aber immerhin hatte es sie einander nähergebracht. Woody war zuversichtlich, dass ihre Gefühle für ihn tiefer würden. Vielleicht war ihre Ablehnung nicht endgültig. Vielleicht sollte er es einfach weiter versuchen. An anderen Mädchen hatte er jedenfalls kein Interesse.
Als die Uhr klingelte, legte er den Film in ein Unterbrecherbad, um die chemische Reaktion zu beenden, dann in ein Bad aus Fixiersalz, um das Bild dauerhaft zu machen. Am Ende wässerte und trocknete er den Film und betrachtete die Schwarz-Weiß-Negative auf dem Streifen.
Er fand sie ziemlich gut.
Er teilte den Film in Abschnitte und legte den ersten in den Vergrößerer. Dann legte er einen Bogen Fotopapier im Format 8×10 auf die Platte des Geräts, schaltete die Lampe ein und setzte das Papier dem Negativbild aus, während er die Sekunden zählte. Schließlich legte er das Papier in eine offene Schale mit Entwickler.
Nun kam der interessanteste Teil des Vorgangs. Langsam zeigte das Papier graue Flecken, und allmählich erschien das Bild, das Woody fotografiert hatte. Es kam ihm jedes Mal wie ein Wunder vor. Der erste Abzug zeigte einen Neger und einen Weißen, beide in Sonntagsanzug mit Hut. Sie hielten ein Banner, auf dem in Großbuchstaben BRÜDERLICHKEIT stand. Als das Bild klar zu sehen war, legte Woody das Fotopapier in ein Fixierbad; dann wässerte er es und hängte den Abzug zum Trocknen auf.
Er zog alle Aufnahmen ab, die er gemacht hatte, nahm sie nach dem Trocknen mit in den erleuchteten Teil des Hauses und breitete sie auf dem Esstisch aus. Er war zufrieden: Es waren gute, lebendige Bilder, die den Ablauf der Ereignisse zeigten. Als Woody hörte, wie seine Eltern sich oben unterhielten, rief er seine Mutter. Vor ihrer Heirat war sie Journalistin gewesen, und sie schrieb noch immer Bücher und Zeitschriftenartikel.
»Was hältst du davon?«, fragte Woody.
Seine Mutter musterte die Fotos nachdenklich mit ihrem einen Auge. Schließlich sagte sie: »Ich finde sie gut. Du solltest sie einer Zeitung anbieten.«
»Wirklich?«, fragte Woody aufgeregt. »Welcher?«
»Ich würde sagen, dem Buffalo Sentinel . Peter Hoyle ist dort seit einer halben Ewigkeit Chefredakteur. Er kennt deinen Vater gut, also wird er dich wahrscheinlich vorlassen.«
»Wann soll ich ihm die Fotos zeigen?«
»Jetzt gleich. Der Protestmarsch ist eine brandheiße Nachricht. Morgen werden die Zeitungen voll davon sein. Sie brauchen die Bilder heute Abend.«
Sofort war Woody von frischer Tatkraft erfüllt. »Mach ich!« Er nahm die glänzenden Abzüge und schob sie zu einem sauberen Stapel zusammen. Seine Mutter gab ihm einen Aktendeckel aus Pappe aus dem Arbeitszimmer seines Vaters. Woody küsste sie auf die Wange, machte sich auf den Weg und nahm einen Bus in die Innenstadt.
Als er den Haupteingang zum Redaktionsgebäude des Sentinel geschlossen vorfand, war er für einen Moment ratlos, sagte sich dann aber, dass die Reporter ja irgendwie ins Gebäude mussten, wenn eine Montagszeitung erschien. Tatsächlich entdeckte er bald darauf einen Seiteneingang und sagte einem Mann, der innen hinter der Tür saß, er habe wichtige Fotos für Mr. Hoyle. Der Mann schickte ihn nach oben.
Woody fand das Büro des Chefredakteurs. Eine Vorzimmerdame notierte seinen Namen, und eine Minute später schüttelte Peter Hoyle ihm die Hand. Der Chefredakteur war ein großer, eindrucksvoller Mann mit weißem Haar und schwarzem Schnurrbart. Er schien gerade eine Besprechung mit einem jüngeren Kollegen zu beenden. Hoyle redete laut, als müsse er den Lärm einer Druckerpresse übertönen. »Die Fahrerflucht ist eine gute Story, Jack, aber der Anfang taugt nichts.« Er schlug dem jungen Mann gönnerhaft auf die Schulter und schob ihn zur Tür. »Sie brauchen einen neuenAufmacher. Am besten, Sie schieben die Erklärung des Bürgermeisters nach hinten und fangen mit den verkrüppelten Kindern an.« Jack ging, und Hoyle wandte sich Woody zu. »Was hast du für mich, mein Junge?«, fragte er ohne Einleitung.
»Ich war heute auf dem Protestmarsch.«
»Dem Aufruhr,
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